Wie eine helle, warme Mondnacht uns fesselt, dass man sich nicht losreissen kann von dem
Aufenthalt im Freien, so geht es uns mit rechten Kunstwerken. Sie üben eine Anziehungskraft aus und
geben zugleich dem Gemüthe eine wohlthätige Ruhe, wir möchten in ihre Reize uns vertiefen und
nachfühlen des Künstlers Lust, aus der das Werk hervorging. A her nicht immer führt uns ein gelungenes
Kunstgebilde auch zu einem harmonisch gestimmten Urheber desselben. Gar oft ist es besser, den Künstler
nicht zu kennen, als in sein Leben Einblicke zu erhalten. Bei Jac. Suter, dem Aquarellmaler, ist das
nicht zu fürchten. Seine Bilder, meist sonnig und klar gehalten, kommen auch aus einem heiteren,
harmlosen und doch starken Gemüthe; sie zeugen von seiner Arbeitskraft, wie sein Gesicht und sein
ganzer Körperbau den Eindruck der gedrungenen Willensstärke machen. Was der Landschaftsmalerei
nicht zukömmt, Witz und Laune darzustellen, das spricht aus seinen treuen Augen und dem scharf
verschlossenen Munde. Sein Portrait und seine Bilder reizen uns, den ganzen Mann kennen zu lernen.
Es ist ein echtes Künstlerleben, das wir entwerfen möchten, voll Reiz für Jeden, der gerne dem
stillen Werden, der Entwicklung eines Künstlers nachgeht. Die Quellen, denen die Schilderung entnommen,
sind Suters eigene Briefe aus seiner Lehrzeit und mündliche Mittheilungen aus seinen Meister jähren.
Der die Lebensbeschreibung versucht, ist kein Künstler. Nur ein einziges Mal hat er Suter längere Zeit
gesehen, während eines soliden Regens in Engelberg. Da zog ihn dieser durch seinen Ernst und Humor
und seine gediegenen Anschauungen über Kunst so ungemein an, dass er nun des verstorbenen Bild
gerne für alle seine Freunde in schlichten Zügen entwerfen möchte.
Jacob Suter, geboren den 13. Januar 1805, war der Sohn wenig begüterter Eltern. Sein Vater
besass ein Häuschen in Höttingen bei Zürich und ernährte seine drei Kinder mit seiner Hände Arbeit.
Seine Mutter scheint durch besondere Herzensgüte das Gemiith des Zweitältesten Sohnes, unseres Künstlers,
erwärmt zu haben. Sie blieb bis in sein Alter die Sonne seiner Jugenderinnerungen. Er hat ihren
frühen Todestag zeitlebens mit stillem Andenken und Dankbarkeit gefeiert. Seine ersten Schuljahre
brachte er in Höttingen zu, vertauschte dann aber den geringen Lehrer mit einem tüchtigem in Fluntern.
Da. muss er bald sich ungewöhnlich entwickelt haben, denn während der Krankheit von Präceptor Usteri
an der Badergasse, wurde der kleine elfjährige Jacob Suter requirirt, um für einige Zeit das Schulregiment
zu übernehmen. Diese ungewohnte Kraft mochte die Aufmerksamkeit von Freunden auf sich lenken
und sie bestimmen, den Knaben nicht dem Handwerk seines Vaters zu überlassen, sondern ihn zu etwas
Höherem zu bilden. Ob schon frühe künstlerische Versuche eine Richtung anzeigten, nach welcher
Suter Begabung zeigte, wissen wir nicht. Aber das ist gewiss, dass man darauf denken musste, ihn
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