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Künstler-Gesellschaft Zürich [Hrsg.]
Neujahrsblatt der Künstlergesellschaft in Zürich — 36.1876

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Traugott Schiess, Landschaftsmaler
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https://doi.org/10.11588/diglit.43127#0018
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Traugott Schiess wurde im Jahre 1835 in Herisau, Canton Appenzell, geboren und genoss
als Sohn einer sehr geachteten Landpfarrerfamilie neben trefflicher Schulbildung eine Geist wie Herz
gleich edel bildende Erziehung in dem von achter Religiosität getragenen zahlreichen Familienkreise. Nach
vollendeter Schulzeit begab er sich mit geringen Subsistenzmitteln ausgerüstet nach St. Gallen, um dort das
lithographische Zeichnen zu erlernen, und als er sich nach einiger Zeit die gewünschten Resultate er-
rungen, wanderte er nach Basel, wo er bei dem bekannten Landschaftsmaler und Aquarellisten Horner
Unterricht im Zeichnen und in der Aquarellmalerei erhielt. Als Sohn der Berge, aufgewachsen inmitten
einer erhabenen Natur, die mit ihren Eindrücken sein empfängliches Gemüth tief berührt hatte, entschied
sich Schiess, nachdem er mit Bewusstsein die Künstlerlaufbahn ergriffen, wie kaum anders zu erwarten
war, für das landschaftliche Fach. In Basel hielt er sich ein paar Jahre auf, sowohl Unterricht
gebend als empfangend, dem strebsamen Geist des jungen Künstlers konnte aber ein so beschränkter
Kreis des Studiums auf die Dauer nicht mehr genügen und im Jahre 1854 wandte er sich nach der
deutschen Kunst- und Residenzstadt München und trat in das Atelier seines schon länger dort niederge-
lassenen Landsmannes Steffan, um sich künstlerisch noch mehr zu vervollkommnen und vorab die Technik
der Oelmalerei gründlich zu studiren. Von einem ausserordentlichen Fleisse und gewissenhafter Beobach-
tung der Natur unterstützt, entfaltete sich unter der Leitung des genannten Künstlers rasch sein reiches
Talent und in verhältnissmässig kurzer Zeit lohnten erfreuliche Erfolge sein redliches Streben. Ein
späterer Zwischenaufenthalt bei seinem hochverehrten Freunde, dem berühmten Thiermaler R. Koller in
Zürich, sowie der zu jener Zeit veranlasste Besuch auf der Ausstellung der deutschen Künstlergesell-
schaft in Cöln und mit diesem verbunden eine Fahrt nach der belgischen Kunststadt Antwerpen regten
Schiess mächtig an und vollendeten seine Ausbildung mehr und mehr, zu welcher besonders auch eine
alljährliche Studienreise nach den Alpen und an die schönen Seen seines geliebten Vaterlandes wesent-
lich beitrug.
Im Jahre 1862 gründete Schiess sich seinen eigenen Heerd, indem er die älteste Tochter seines
Lehrers und Freundes Steffan als geliebte Gattin heimführte. Sein Ruf als Künstler war inzwischen
ein wohlbegründeter geworden, und die Schöpfungen seines Talentes fanden ihren Weg allmählig bis nach
England und Amerika, vorzüglich aber in deutsche und schweizerische Städte, überall allgemeiner Aner-
 
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