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Künstler-Gesellschaft Zürich [Hrsg.]
Neujahrsblatt der Künstlergesellschaft in Zürich — 38.1878

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J. J. Ulrich, Kunstmaler und Professor
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https://doi.org/10.11588/diglit.43129#0007
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Kunstmaler und Professor.

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Wenn die Vorsehung es dem Künstler vergönnt, ihn abzurufen, mitten aus seinem Schaffen und
Wirken heraus, ehe die Gebrechen des hohen Alters ihn fühlen lassen., dass der Gottesfunke in eine
zerbrechliche Hülle gelegt wurde, so ist sein Lebensgang leicht zurückzuverfolgen bis zur Wiege, denn
es geben nicht nur seine Werke, sondern auch Alters- und Kunstgenossen Aufschluss über ein solches
Leben. Soll aber ein treues Bild geboten werden von einer Laufbahn, die vor mehr als einem halben
Jahrhundert betreten worden, und finden wir, so weit wir suchen, nicht Einen mehr, der die gleichen
Wege gewandelt, so kann nur die Erinnerung derer zu Rathe gezogen werden, die aus treuer Anhäng-
lichkeit die Hauptmomente eines ihnen theuren Lebens in’s Herz geschlossen haben.
In der kurzen Skizze, die wir in Nachfolgendem zu geben versuchen wollen, ermangeln wir
leider jeder systematischen Aufzeichnung des Künstlers selbst und müssen wir seinen Studiengang an
der Hand des reichen Schatzes seiner hinterlassenen Skizzen und Bilder zu verfolgen suchen, sowie einer
Anzahl Briefe an ihn und von ihm, die in seiner Familie aufbewahrt werden.

Kaum war das verhängnissvolle Jahr 1798, dessen Stürme auch die Schweiz tief erschüttern
sollten, hereingebrochen, als in dem freundlich gelegenen Dorfe Andelfingen an der Thur dem Land-
schreiber Jakob Ulrich aus Zürich am 28. Februar sein zweiter Sohn geboren wurde, der in der Taufe
den Namen Johann Jakob erhielt.
Ueberall machten sich die neuen Ideen mächtig geltend und dem Stadtburger wurde das Leben
mitten unter der aufgewiegelten Bauersame sauer, ja selbst gefahrvoll gemacht. Mehr und mehr wuchs
gleichzeitig für die Schweiz die Gefahr, auch zum Kriegsschauplatz fremder Heere zu werden, besetzten
doch die Franzosen im Laufe des Jahres das ganze schweizerische Gebiet. Und als dann, nach Neujahr
1799, Erzherzog Karl sich der Schweizergrenze nahte, um die in Süddeutschland vordringenden fran-
zösischen Truppen über die deutsche Grenze zurückzuwerfen, kam es, dass in Ulrichs Eltern die
Besorgniss erwachte, Haus und Hof, ja selbst das Leben könnte gefährdet werden, und der Gedanke lag
nicht ferne, das so nahe der Grenze gelegene Dorf plötzlich verlassen zu müssen. Wohin aber dann
mit dem kaum einjährigen Kindlein? — In Weisslingen war Frau Ulrichs Vater Pfarrherr. Das einsame,
von Bergen umgebene Dörfchen, die sorgliche Pflege der Grossmutter, schienen genug Garantie zu
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