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Künstler-Gesellschaft Zürich [Hrsg.]
Neujahrsblatt der Künstlergesellschaft in Zürich — 38.1878

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https://doi.org/10.11588/diglit.43129#0033
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„sondern von freundlichem Bauinesgriin beschattet werden möge. Schon im Herzen des Knaben hatten
„diese Wünsche Wurzel geschlagen und als Beweis davon mögen einige alte Versehen dienen, die meine
„Schwester Madeleine wohl auf bewahrt haben wird.“*)
Die Sehnsucht nach einem bescheidenen Auskommen in einfachen Verhältnissen verliessen den

Künstler nie, so sehr ihn auch die grosse Welt als ihr Schoosskind behandelte. Weder Ruhm noch
pekuniäre Vortheile vermochten ihn an sie zu fesseln. Einstweilen geht all’ sein Streben dahin, jetzt,
da die Ernte für ihn beginnt, sich frei zu machen von jeder Verpflichtung gegen seine Gönner, und ehe

er diess Ziel erreicht hatte, schenkte er seinen Wünschen und Neigungen kein Gehör. Als gegen Ende
des Jahres die politischen Wirren in der Schweiz wie in Frankreich immer ernster wurden, da wurde
auch Ulrichs Stimmung gedrückter, denn sein erregbares Gemüth liess ihn mit Leidenschaft die Politik

verfolgen. Und als vollends Anfangs 1832 die Cholera ihr Zerstörungswerk mit noch nie geahnter Macht
ausgeübt hatte, so dass Paris verödet stand, theils weil ganze Strassen ausgestorben, theils weil sie von
ihren Bewohnern verlassen worden, da erfasste ihn ein unsägliches Herzeleid. Hatte er mit männlichem
Muthe dem Tode in’s Auge geschaut, als die Gefahr am grössten war, ja seinen Freund Brascassat
(den berühmten Thiermaler) gerettet, indem er ihn aus seinem ganz ausgestorbenen Quartier in seine
Wohnung nahm, so überkam ihn jetzt, da sie vorüber, ein Ekel, der ihm Alles im schwärzesten Lichte
erscheinen liess. „Ohne meinen guten Robert“ (Aurele), sagt er — „weiss ich nicht, was aus mir
„geworden wäre.“
Letzterer munterte ihn auf, eine projektirte Reise nach England zu unternehmen, und mit dem
Gedanken daran kehrt auch der Muth allmälig zurück.
Gleich nach Unterdrückung des Aufstandes vom 6. Juni, der die Abreise etwas verzögerte,
verlässt Ulrich Paris, um sich in Havre nach Southampton einzuschiffen, denn nur eine Stunde von jenem

Hafen ist der Landsitz der Freunde gelegen, die ihn erwarten. =7—
Diese Reise verfehlte nicht, den günstigsten Einfluss auf Ulrich auszuü =-n
ihn frisch und froh die prächtigen Eichenwälder von Hampshire durchwandern =~
allen Richtungen durchstreifen. Ueberwältigend war der Eindruck, den Londo E w
doch was die moderne englische Malerei anbetrifft, befriedigte ihn diese weni -
weit überlegenen Technik der französischen Schule. Ueber den hohen Grad <
welchen die Engländer die Aquarellmalerei gebracht, ist er hingegen ganz ersi E_
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angeregt, diese auch wieder aufzunehmen. Geistig und körperlich gestärkt, E—
Landschaftsfache einen grossen Schritt vorwärts gethan zu haben, beginnt er ii =-
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arbeit, die für ihn reich an Abwechslung ist. Kein Genre war ihm fremd ge -
graphiren und Radiren hatte er sich mit Erfolg versucht und dass ihm das Poi E
die Aehnlichkeit des eigenen, das er seinen Eltern als Neujahrsgeschenk gemal =
Es wechseln in den Jahren 1833 und 1834 Studienreisen in Oberita E r~
höchst produktiven Perioden, in seinem schönen Atelier, rue de Navarin, zügel E.
Erst im Jahr 1835 unternahm Ulrich abermals eine Reise nach Englail e—
sich ausschliesslich der Marine-Malerei zu widmen. Von allen Seiten muni =■
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*) Es sind diese Verse bereits auf Seite 3 abgedruckt.
 
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