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Zürcher Kunstgesellschaft [Hrsg.]
Neujahrsblatt / Zürcher Kunstgesellschaft — 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.43217#0074
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3m Bilde selbss iss die Komposision erweitert durch die voranschrei-
tenden Leidtragenden, so das$ der Cofe das Zentrum der Komposision
wird und eine gewisie Zweiteilung entlieht; ebenso iss auch durch das
neu hinzukommende Licht von vorne die einheitliche Lichswirkung des
hinsern Fensters ausgehoben. Crof^dem bekommt das Bild Ballung durch
die ssarke Farbigkeit der Penaten, aus die sich unwillkürlich die Blicke
richten, während die Hlenschen in ihren schwarzen Gewändern nur als
Folie zu ihnen dienen. Huch wird das Bild durch das Binzukommen der
rchmerzbewegsen Angehörigen seelisch ungemein vertiest, da sie einen
starken Kontrass zu den in überirdischer Ruhe und Feierlichkeit abziehenden
Geissersrauen bilden. ITlis Absicht sind auch die ITlenschen nach vorne
perspeksivisch etwas zu klein angegeben, um die übermenschliche Grös^e
der Penaten um so mehr zu betonen und das Geisserhasse herauszuheben.
3n der Farbe iss das Bild von ssärkster Wirkung. Die Gewänder
der Penaten prangen in ungebrochenen Farben, in denen Rot vorherrscht
und zu denen das rein ausgesragene Gold der Ornamente als höchsse
Steigerung triss. Etwas von Glasgemäldewirkung geht von ihnen aus.
Dabei sind die reichen Verzierungen an den Kleidern, die schön ge-
sormten Becher und der zierliche Kopsschmuck der Penaten allein schon
kleine ITleisserwerke in Ersindung kunssgewerblicher Formen. —
3n den <( Eremiten» (Casel XV) klingt eine alte Stimmung wieder
aus, die Welsi schon als Ansänger im «Glöcklein des Eremiten» ange-
schlagen haste. Wieder iss es die srühe IRorgendämmerung, die über dem
einsamen Felssale liegt. 3n sahlem Zwielicht ssarren die {seilen Wände
des Gebirges gen Bimmel, während vorne noch alles in nächtlichem
Schweigen liegt. 3n seierlicher Ergrissenheit erwartet der eine der Ere-
misen aus hohem Felsblock sixend das Ausgehen der Sonne, während der
zweite, weltabgekehrt, bei Fackellicht in alte Schristen versunken, ssudiers.
Ilur der driste, der robusse ITlann, der so gar nichts vom Asketen an sich
hat, iss eingeschlasen bei seiner Lektüre und nun gaukelt ihm der Schwarze
mit den Bockshörnern allerhand gesährliche Bilder vor, die aus der seu-
rigen Kugel auszucken. ITlis welcher Liebe iss gerade diese barocke Ceusels-
gestalt durchgebildes, wie sühlt man mit ihr, dasj ihr das Rlaul wässers
nach dem großen Brocken, der hier zu erschnappen wäre 1 Wie sind diese
verschiedenen Stimmungen im Bilde zu einem Ganzen glücklich vereinigt,
das gerade durch ihre Gegensäste erst recht zu reichem innern Leben er-
hoben wird.
 
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