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Neujahrsblatt des Kunstvereins und des Historisch-Antiquarischen Vereins Schaffhausen: Das Kloster Allerheiligen zu Schaffhausen — Schaffhausen: Brodtmann'sche Buchdruckerei, Band 2.1890

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4. Umbauten seit der Reformation
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https://doi.org/10.11588/diglit.53830#0012
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Erst am n. November 1763 kam man zu dem Beschlüsse, auf den obern Rand
der Thurmmauer Spitzgiebel, sogenannte Wimperge (Windberge) anzubringen, die
aber noch nicht bis zu den Thurmecken reichten, wie jetzt1). Nachdem noch auf
die Stange des schlanken, achteckigen Helmes die frühere Kugel, über derselben an
Stelle des bisherigen Kreuzes eine Wetterfahne und zu oberst auch der alte, vom
Rate anfänglich abgeschätzte «Güggel» wieder angebracht waren, konnte die Arbeit
endlich am 17. September 1764 als abgeschlossen betrachtet werden. Am Thurrae
selbst wurden in den folgenden Jahren noch eine Anzahl schadhafter Quader durch
neue ersetzt.
Eine Untersuchung, die im Jahre 1767 wegen der Verschleuderung von Bau-
material und liederlicher Verwaltung bei den Thurmbauten angeordnet wurde, endete
mit dem weisen Beschlüsse des Rates: «Nachdem wegen des Vergangenen nichts
weiteres an den Tag zu bringen sein werde, so wollen M. Gn. Hm. wegen dem
Zukünftigen die nötigen Verfügungen treffen»2).
Die Gefahr, die Schaffhausen im Jahre 1799 bedrohte, ging an der Stadt und
den Klostergebäuden glücklich vorüber. Nur die Orgel der Münsterkapelle wurde
zerstört. Einige Kugeln, die während der heftigen Kämpfe zwischen Franzosen und
Oesterreichern am 13. April 1799 in den Münsterthurm und das Kornhaus einschlugen,
ohne zu schaden, wurden zur Erinnerung an die glückliche Rettung aus schwerer
Gefahr an den betreffenden Stellen eingemauert.
Auch 1802 und 1822 erfolgten, wie die Jahrzahlen auf einzelnen Quadern an-
geben, wieder Ausbesserungen an den Thurmmauern. Im letztem Jahre wurde eine
Steintafel mit einem Relief entfernt. Sie war durch kurze Säulchen mit Trapez-
kapitälen und Rundbogen in drei Felder geteilt. Im mittlern stand ein Mann mit
Kragenmantel und zurückgeschlagenen Aermeln, auf jeder Hand einen Quader em-
porhaltend; in jedem Seitenfelde sass ein gegen die Mitte gewendeter Löwe mit er-
hobener Tatze. Nach Harder sollte diese Bildhauerarbeit an die Stärke eines beim
ersten Thurmbau beschäftigten Arbeiters erinnern, also dem Anfang des XII. Jahr-
hunderts angehören. Leider ist sie spurlos verschwunden und nur noch durch die
unten wiedergegebene Zeichnung von Hans Jakob Beck überliefert worden. Das
Blattwerk, welches die Zwickel zwischen den Rundbogen ausfüllt, scheint nach der
vielleicht nicht ganz zuverlässigen Zeichnung eher der Renaissance als der romanischen
Kunst anzugehören3).
Die bedeutendste Erneuerungsbaute dieses Jahrhunderts fand im Jahre 1853 an
der Kirche, 1854 am Thurme statt. Leider darf einer der bedeutendsten schwei-
zerischen Kunsthistoriker auch diese Restauration «kindisch» nennen4). Wir müssen
aber wenigstens anerkennen, dass die beiden hässlichen Emporen der Seitenschiffe
und die Kanzel in der Mitte des Schiffes jetzt endlich beseitigt wurden. Die neue
') Siehe die Ansicht des Thurmes hinten auf Tafel VI. Die erste Zeichnung zeigt den Helm
von 1764-1854, die zweite vor dem Abbruch von 1759.
2) R.-P. vom 27. Februar 1767.
3) Siehe unten am Schluss dieses Abschnittes Fig. 1. Vergl. Rahn: Statistik S. 188.
4) Rahn: Geschichte der bild. Künste in der Schweiz S. 184.
 
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