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Neujahrsblatt des Kunstvereins und des Historisch-Antiquarischen Vereins Schaffhausen: Das Kloster Allerheiligen zu Schaffhausen — Schaffhausen: Brodtmann'sche Buchdruckerei, Band 2.1890

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4. Umbauten seit der Reformation
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https://doi.org/10.11588/diglit.53830#0013
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Kanzel fand ihren Platz am Pfeiler des nördlichen Seitenschiffes. Dagegen ist un-
verständlich, warum der bis dahin sichtbare Wechsel von roten und hellgrauen
Quadern an den Rundbögen der Archivolten und den darüber liegenden Quader-
schichten, welcher dem Innern der Kirche einen eigenartigen malerischen Schmuck
verlieh, durch einen plumpen Anstrich verdeckt wurde. Ebenso unverständig war es,
dass das einfache schmiegenförmige Gurtgesimse über den Archivolten herunter-
geschlagen und dafür etwa 50 cm. höher ein nicht zur Architektur passender Gyps-
gurt angebracht wurde. Auch die sehr nüchterne dekorative Bemalung der Chor-
wände und des Langhauses trägt nicht zur Verschönerung des Innern bei. Eher ist
es zu rechtfertigen, dass am Aeussern unter dem Dache des Hauptschiffes ein Rund-
bogenfries, allerdings nur aus Holz, erstellt wurde, obwohl dieser Schmuck, wie über-
haupt jede Detailgliederung, bisher dem Aeussern der Kirche gefehlt hatte. Neu ist
auch das Nordportal, das den besser gemeinten als gelungenen Versuch der Nach-
ahmung eines romanischen Portals zeigt, sowie die Vorhalle in ihrer heutigen, nicht
zum Ganzen passenden Gestalt.
Auch der Thurm wurde 1854 ausgebessert und restaurirt durch Einfügung neuer
Quader, durch Anbringung eines kräftigen Rundbogenfrieses aus gebrannter Erde unter
dem Helm und durch die Veränderung der vier Giebel, die nun bis zu den Ecken
hinausgeführt wurden. Der Helm blieb unverändert, erhielt nur eine neue Kugel,
Wetterfahne und Hahn und einen roten Anstrich, der später einem schiefergrauen
weichen musste.
In jüngster Zeit endlich, 1886, wurde die schon 1702 in Frage gekommene
Bedeckung des Helmes mit Kupfer ausgeführt, die neue grössere Wetterffihne ange-
bracht und die früher schlanke, glatte Helmstange mit drei Wülsten gegliedert. Die
damals aufgeworfene Frage über den künstlerischen Wert dieser jüngsten Aenderung
nochmals aufzustellen, kann nicht der Zweck dieser Blätter sein. Sie möchten nur
dazu beitragen, den Sinn und die Freude an den Werken längst verschwundener
Geschlechter zu heben. Diese Werke dürfen als ehrwürdige Zeugen charaktervoller
Zeiten nicht einein wechselnden und wankelmütigen Geschmacke überantwortet
werden. Der höchste Ruhm gebührt wohl der Stadt, die bei freudigem Vorwärts-
streben mit Stolz und Liebe zurückblicken kann auf die Thaten und Werke der
Vorfahren.


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