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Neujahrsblatt des Kunstvereins und des Historisch-Antiquarischen Vereins Schaffhausen: Der Künstler und Naturforscher Lorenz Spengler aus Schaffhausen — Schaffhausen: Verlag des historisch-antiquarischen Vereins und des Kunstvereins, Band 9.1899

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2. Über Elfenbein und Elfenbeinkünste
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3. Der Drechsler und Künstler
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https://doi.org/10.11588/diglit.53835#0018
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Doctor Martinus drechselte selbst, und da er es in der Kunst weiter bringen wollte,,
verschrieb er sich feinere Drehwerkzeuge aus Nürnberg, die er zu Hause ■— bei uns
Barbaren, wie er sagt — nicht bekommen konnte. Dabei dachte er an die Möglichkeit,
mit der Hände Arbeit sein Brot verdienen zu müssen, falls ihm die Welt den Unterhalt
für seinen Dienst am Wort versagen sollte.

3. Der Drechsler und Künstler.
^rotz der vielfachen Berührungen mit Süddeutschland, und obschon wir andere
Schnörkeleien der Zeit fröhlich mitgemacht, scheint die Kunstdrechslerei in der Schweiz
niemals Wurzel gefasst zu haben. Der Mangel fürstlicher Höfe mag wesentlich daran
schuld sein. Und so ist unser Lorenz Spengler so ziemlich der einzige namhafte
Vertreter jener Kleinkunst, zudem ein recht später Nachläufer, der das Ansehen der
Tüfteleien und Spielereien selbst noch schwinden sah, sich auch bei Zeiten davon los-
machte und das sich überlebende Handwerk auf eine höhere Stufe zu heben bestrebt
war.* 1) Die Kunstdrechslerei alten Stiles kam schon in der zweiten Hälfte des 18. Jahr-
hunderts allmälig aus der Mode und hörte zu Anfang unseres Jahrhunderts ganz auf,,
auch in Nürnberg, wo nun Spielsachen statt der Spielereien gedrechselt wurden.
Über die Lehrzeit Spenglers ist in der Lebensgeschichte bereits alles gesagt,
was wir darüber wissen. Seinen Lehrmeister, den Joh. Martin Teuber, haben wir
soeben genauer kennen gelernt, und dabei die Überzeugung gewonnen, dass hier,
abgesehen von Technik und Mechanik, nicht viel Gutes zu holen war. In Bern bot
sich keine Gelegenheit zu weiterm Fortschritte; dagegen eignete sich Spengler in
London neue Vorteile an und lernte er namentlich das « französische Werk » kennen,
also wahrscheinlich eine von Plumier herstammende Maschine, die er weit über die-
jenige seines Lehrmeisters stellte. Zum Broterwerb drechselte er hier, wie wir wissen,.
Dosen und anderes, zu seiner Empfehlung einen Dreifaltigkeitsring. Um solche Kunst-
stücke des Handwerks hat es sich wohl auch hauptsächlich gehandelt, als er sich bei
den fürstlichen Liebhabern in Kopenhagen einführte und auch bald darauf seinen
Unterricht an der Drehbank beginnen konnte. Weiss doch sogar Mourier, wo er die
Arbeiten Spenglers aufzählt, von gar nichts anderem zu berichten, als von den klein-
lichen Paradestücken, unter denen — man möchte fast sagen: ärgerlicherweise — sogar
die Kunstaugen und Kunstohren figurieren. Spengler blieb aber dabei nicht stehen,
und wir werden nicht fehl gehen mit der Annahme, dass er schon in den vierziger
Jahren anderes zu drehen und zu schnitzen begann. Eine im Jahr 1752 vollendete Vase
Dr. Martin Luthers Briefe, Sendschreiben etc., III. Teil, Seite 58 u. 59; in deutscher Übersetzung bei
J. G. Walch, Luthers sämtl. Schriften, Bd. XIX, Seite 2226.
1) In dem provisorischen Namensverzeichnis des Schweiz. Künstler-Lexikons (etwa zehntausend
Namen) sollen, wie Herr C. Brun schreibt, doch Kunstdrechsler figurieren; aber von hervorragender
Bedeutung scheint keiner gewesen zu sein.
 
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