vergoldetem Bleinetze einst, wie ein kleines Bruchstück erkennen lässt, kleine Edelsteine kreuzförmig eingesetzt waren.
Eine solche Art der Fensterverkleidung erklärt auch vollauf die Bedachtnahme auf die überreiche Kerzenbeleuchtung des
Raumes; Krystalllaternen, von welchen wenigstens noch ein zierlich ornamentiertes Holzgestell in Form eines abgestumpf-
ten Kegels (Abb. 9) vor dem Hochaltäre hängt, waren ehedem besonders für die Erhellung der Kapellenhälfte hinter dem
Gitter bestimmt. Den blauen Grund der Hochaltarnische, welche mit einem stark vergoldeten Gitter versperrbar ist und
als Aufbewahrungsort der deutschen Reichskleinodien wie der böhmischen Kroninsignien diente, zieren in Gips gepresste
und vergoldete sechsblättrige Rosetten. Den Nischenrand umgaben einköpfige, in Quadrate eingestellte Adler, mit dem
Löwen Böhmens abwechselnd. Die Kapellenhälften scheidet ein Gitter, dessen vergoldete Eisenstäbe sich kreuzen; auf
denselben liegt ein ehemals reich verzierter Balken, mit welchem zwei durch fein gegliederte Bogen und Lilienaufsätze
geschmückte Eisenarme parallel laufen. Von letzteren steigt zur kunstvollen Kreuzblume ein eleganter Spitzbogen empor,
außen mit krabbenartigen Lilien, innen mit geschmackvollen Bogen besetzt,') von welchen einst geschliffene Edelsteine herab-
hiengen (Abb. 14). Ein Chrysopras ist noch an seiner alten Stelle geblieben. Die Pflasterung bestand hinter dem Gitter
aus roth- und grünglasierten Ziegeln, auf welchen vereinzelt Sterne eingepresst waren, vor dem Gitter aus gelben und
grünen Ziegeln. Die Consolen mit ihren kraftvoll geschwellten Formen (Abb. 2) bieten nächst dem Sacramentshäuschen
der Marienkirche das Beste, was die Steinmetzarbeit zur Ausschmückung Karlsteins beigestellt hat.
Schon der Zeitgenosse Karls IV., der Geschichtschreiber Benesch von Weitmil, setzte Burg und Kapelle über
alle gleichartigen Anlagen des Erdkreises.5) Noch nach Jahrhunderten erregte namentlich die eigenartige Ausschmückung
besonders der Kreuzkapelle wiederholt laut geäußerte Bewunderung, die Crugerius in erster Linie den Malereien spendete.i) * 3)
Balbin, der sich beim Eintritte in diesen Raum in einen irdischen Himmel versetzt glaubte, zollte ihnen begeistertes Lob,
indem er versicherte: 4) »Tabulae in eodem Passionis Christi sacello visuntur, magna (ut ii, qui viderunt, narrant) arte et
commendatione pictorum, Divorum vultus referentes. Et sane seculum illud nescio, quid mirabile in tabulis habet, an
colorum, an artis praestantia, quod imitari penicillo hodierni artifices, nisi aegre et pauculi vix possint, nostri colores cum
florent maxime, pares non sunt fugiuntque tempore, illorum hominum hodieque vivunt; auro potissimum in tabulis veterum
praecipua semper est gratia.« Einer der bedeutendsten Bannerträger der Romantik hielt mit warmer Anerkennung gleich-
falls gerade die Tafelbilder der Kreuzkapelle der Zuwendung allgemeiner Aufmerksamkeit wert; sie sind denn auch vor
allem Gegenstand kunstgeschichtlicher Betrachtung bis auf den heutigen Tag geblieben.
Die Ansicht, dass den überaus fesselnden Bildern kein fortlaufender, kein leitender Gedanke zugrunde liege,5) er-
weist sich als unhaltbar, da einige Anhaltspunkte auf Maßnahmen hindeuten, welche eine nach bestimmten Grundsätzen
geregelte Einreihung außer jeden Zweifel stellen. Denn dass die Anordnung der Tafelbilder in den heute noch erhaltenen
Reihen auf einem wohlberechneten Plane beruht, und dass man sich bereits vor ihrer Anbringung an Ort und Stelle we-
nigstens von der Wirkung eines Theiles eine bestimmte Vorstellung verschaffen wollte, erhellt aus einer von Ehemant ge-
machten Entdeckung, betreffs welcher er dem Fürsten Kaunitz Folgendes zu berichten weiß: ’)
»Als die meisten Gemälde der Kreuzkapelle in der Absicht aus der Boisserie herausgehoben wurden, um den
Namen des Künstlers oder das Jahr ihrer Anfertigung irgendwo zu finden, bemerkte ich auf der Altarwand gewisse Linien,
die mit Kohle auf der bloßen Mauer gezogen waren und womit man nicht allein anfänglich, bevor die Bilder gemalt wor-
den, den ganzen Raum einzutheilen und die verhältnismäßige Größe jedes darzustellenden Gegenstandes zu bestimmen
suchte, sondern nach welchen später wirklich auch die Bilder ausgeführt wurden.
Dann fand ich hinter einigen Gemälden vier Handzeichnungen auf die bloße Wand mit Kohle und Kreide ent-
worfen; nämlich ich entdeckte unter dem h. Matthias die Zeichnung des h. Andreas, unter dem h. Paulus den h. Johannes
den Täufer — unter dem heil. Andreas den heil. Petrus und unter dem heil. Jakob dem Kleinern den hl. Paulus. — Dass
diese Zeichnungen von Dietrich herrühren, schließe ich aus ihrer Ähnlichkeit mit den Gemälden; doch ziehe ich sie diesen
noch vor, weil ich in ihnen mehr eigentlichen Geist und geläuterten Geschmack finde und nichts von jenem Gothischen,
was oft als überflüssiger Zusatz erscheint. — Es ist zu vermuthen, der Künstler habe diese Heiligen bloß deshalb auf die
Wand gezeichnet, um seinem Monarchen einen vorläufigen Begriff von dem Ganzen und von der verhältnismäßigen Größe
der Figuren zur Höhe ihres Standortes beizubringen.«
Der Maler Horcicka pflichtete den Anschauungen Ehemants betreffs der eben erwähnten Umrisszeichnungen gleich-
falls bei, indem er 1832 bemerkte:7) »Wohl beweisen die Umrisse auf der Wand hinter diesen Gemälden seine Kunst-
fertigkeit in der geistigen Darstellung des Frommen.« Die Bestätigung dieses Fachmannes muss vorläufig darüber hinweg-
helfen, dass es bei der gegenwärtigen Einfügung der betreffenden Bilder in das Rahmenwerk weder möglich noch räthlich
erschien, die einzelnen herauszuheben und sich von dem Vorhandensein dieser Handzeichnungen des 14. Jahrhundertes
und ihrem Verhältnisse zu den wirklich ausgeführten Bildern zu überzeugen.
i) Sedläcek, Podbrdsko. S- 122. — 2) Benessii de Weitmil chronicon a. a. O. S. 533. In diffuso orbe terrarum non est castrum neque
capella de tarn precioso opere. — 3) Crugerius, Martialia catholicae Romanae fortitudinis trophaea. (Leitomischi 1669) S. 555. Adeo peregrina pictura,
auro argentoque illitis coloribus et pretiosis immixtis lapidibus cetera omnia longe maxime antestat. — *) Balbin, Historiae beat. virg. in sancto monte
auctuarium. S. 46—47. — ») Grueber, Kunst des Mittelalters in Böhmen III. S. 70. — 6) Die Schildereien der böhmischen Königsburg Karlstein a. a.
O. S. 79—80. — ’) Ebendas. S. 83—84.
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Eine solche Art der Fensterverkleidung erklärt auch vollauf die Bedachtnahme auf die überreiche Kerzenbeleuchtung des
Raumes; Krystalllaternen, von welchen wenigstens noch ein zierlich ornamentiertes Holzgestell in Form eines abgestumpf-
ten Kegels (Abb. 9) vor dem Hochaltäre hängt, waren ehedem besonders für die Erhellung der Kapellenhälfte hinter dem
Gitter bestimmt. Den blauen Grund der Hochaltarnische, welche mit einem stark vergoldeten Gitter versperrbar ist und
als Aufbewahrungsort der deutschen Reichskleinodien wie der böhmischen Kroninsignien diente, zieren in Gips gepresste
und vergoldete sechsblättrige Rosetten. Den Nischenrand umgaben einköpfige, in Quadrate eingestellte Adler, mit dem
Löwen Böhmens abwechselnd. Die Kapellenhälften scheidet ein Gitter, dessen vergoldete Eisenstäbe sich kreuzen; auf
denselben liegt ein ehemals reich verzierter Balken, mit welchem zwei durch fein gegliederte Bogen und Lilienaufsätze
geschmückte Eisenarme parallel laufen. Von letzteren steigt zur kunstvollen Kreuzblume ein eleganter Spitzbogen empor,
außen mit krabbenartigen Lilien, innen mit geschmackvollen Bogen besetzt,') von welchen einst geschliffene Edelsteine herab-
hiengen (Abb. 14). Ein Chrysopras ist noch an seiner alten Stelle geblieben. Die Pflasterung bestand hinter dem Gitter
aus roth- und grünglasierten Ziegeln, auf welchen vereinzelt Sterne eingepresst waren, vor dem Gitter aus gelben und
grünen Ziegeln. Die Consolen mit ihren kraftvoll geschwellten Formen (Abb. 2) bieten nächst dem Sacramentshäuschen
der Marienkirche das Beste, was die Steinmetzarbeit zur Ausschmückung Karlsteins beigestellt hat.
Schon der Zeitgenosse Karls IV., der Geschichtschreiber Benesch von Weitmil, setzte Burg und Kapelle über
alle gleichartigen Anlagen des Erdkreises.5) Noch nach Jahrhunderten erregte namentlich die eigenartige Ausschmückung
besonders der Kreuzkapelle wiederholt laut geäußerte Bewunderung, die Crugerius in erster Linie den Malereien spendete.i) * 3)
Balbin, der sich beim Eintritte in diesen Raum in einen irdischen Himmel versetzt glaubte, zollte ihnen begeistertes Lob,
indem er versicherte: 4) »Tabulae in eodem Passionis Christi sacello visuntur, magna (ut ii, qui viderunt, narrant) arte et
commendatione pictorum, Divorum vultus referentes. Et sane seculum illud nescio, quid mirabile in tabulis habet, an
colorum, an artis praestantia, quod imitari penicillo hodierni artifices, nisi aegre et pauculi vix possint, nostri colores cum
florent maxime, pares non sunt fugiuntque tempore, illorum hominum hodieque vivunt; auro potissimum in tabulis veterum
praecipua semper est gratia.« Einer der bedeutendsten Bannerträger der Romantik hielt mit warmer Anerkennung gleich-
falls gerade die Tafelbilder der Kreuzkapelle der Zuwendung allgemeiner Aufmerksamkeit wert; sie sind denn auch vor
allem Gegenstand kunstgeschichtlicher Betrachtung bis auf den heutigen Tag geblieben.
Die Ansicht, dass den überaus fesselnden Bildern kein fortlaufender, kein leitender Gedanke zugrunde liege,5) er-
weist sich als unhaltbar, da einige Anhaltspunkte auf Maßnahmen hindeuten, welche eine nach bestimmten Grundsätzen
geregelte Einreihung außer jeden Zweifel stellen. Denn dass die Anordnung der Tafelbilder in den heute noch erhaltenen
Reihen auf einem wohlberechneten Plane beruht, und dass man sich bereits vor ihrer Anbringung an Ort und Stelle we-
nigstens von der Wirkung eines Theiles eine bestimmte Vorstellung verschaffen wollte, erhellt aus einer von Ehemant ge-
machten Entdeckung, betreffs welcher er dem Fürsten Kaunitz Folgendes zu berichten weiß: ’)
»Als die meisten Gemälde der Kreuzkapelle in der Absicht aus der Boisserie herausgehoben wurden, um den
Namen des Künstlers oder das Jahr ihrer Anfertigung irgendwo zu finden, bemerkte ich auf der Altarwand gewisse Linien,
die mit Kohle auf der bloßen Mauer gezogen waren und womit man nicht allein anfänglich, bevor die Bilder gemalt wor-
den, den ganzen Raum einzutheilen und die verhältnismäßige Größe jedes darzustellenden Gegenstandes zu bestimmen
suchte, sondern nach welchen später wirklich auch die Bilder ausgeführt wurden.
Dann fand ich hinter einigen Gemälden vier Handzeichnungen auf die bloße Wand mit Kohle und Kreide ent-
worfen; nämlich ich entdeckte unter dem h. Matthias die Zeichnung des h. Andreas, unter dem h. Paulus den h. Johannes
den Täufer — unter dem heil. Andreas den heil. Petrus und unter dem heil. Jakob dem Kleinern den hl. Paulus. — Dass
diese Zeichnungen von Dietrich herrühren, schließe ich aus ihrer Ähnlichkeit mit den Gemälden; doch ziehe ich sie diesen
noch vor, weil ich in ihnen mehr eigentlichen Geist und geläuterten Geschmack finde und nichts von jenem Gothischen,
was oft als überflüssiger Zusatz erscheint. — Es ist zu vermuthen, der Künstler habe diese Heiligen bloß deshalb auf die
Wand gezeichnet, um seinem Monarchen einen vorläufigen Begriff von dem Ganzen und von der verhältnismäßigen Größe
der Figuren zur Höhe ihres Standortes beizubringen.«
Der Maler Horcicka pflichtete den Anschauungen Ehemants betreffs der eben erwähnten Umrisszeichnungen gleich-
falls bei, indem er 1832 bemerkte:7) »Wohl beweisen die Umrisse auf der Wand hinter diesen Gemälden seine Kunst-
fertigkeit in der geistigen Darstellung des Frommen.« Die Bestätigung dieses Fachmannes muss vorläufig darüber hinweg-
helfen, dass es bei der gegenwärtigen Einfügung der betreffenden Bilder in das Rahmenwerk weder möglich noch räthlich
erschien, die einzelnen herauszuheben und sich von dem Vorhandensein dieser Handzeichnungen des 14. Jahrhundertes
und ihrem Verhältnisse zu den wirklich ausgeführten Bildern zu überzeugen.
i) Sedläcek, Podbrdsko. S- 122. — 2) Benessii de Weitmil chronicon a. a. O. S. 533. In diffuso orbe terrarum non est castrum neque
capella de tarn precioso opere. — 3) Crugerius, Martialia catholicae Romanae fortitudinis trophaea. (Leitomischi 1669) S. 555. Adeo peregrina pictura,
auro argentoque illitis coloribus et pretiosis immixtis lapidibus cetera omnia longe maxime antestat. — *) Balbin, Historiae beat. virg. in sancto monte
auctuarium. S. 46—47. — ») Grueber, Kunst des Mittelalters in Böhmen III. S. 70. — 6) Die Schildereien der böhmischen Königsburg Karlstein a. a.
O. S. 79—80. — ’) Ebendas. S. 83—84.
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