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In dem unglücklichen Kriege, den der Hochmeister in Preussen mit Polen
führte, wurde auch Reval von ihm als livländischer Landesstand um Unterstützung
angegangen und hinterher in den unrühmlichen Friedensschluss (1422) hineingezogen,
das Stadtsiegel wollte der Revaler Rath indessen trotz Anverlangens wegen angeb-
lichen Zeitmangels dem Hochmeister zur Bekräftigung des Friedensinstruments nicht
zusenden.16) Die furchtbare Pest, welche in die Zeit dieses Krieges (i42o) fiel und
Livland heimsuchte, hatte auch in Reval durch ihr Auftreten Panik hervorgerufen
und ein massenhaftes Flüchten verursacht.17)
Zu Margarethas Nachfolger Erich, den Erben der drei scandinavischen Reiche,
trat Reval schon i4i8 in Beziehungen. Der König bat nämlich Reval, im Verein
mit drei anderen Hansastädten und zwei Fürsten seine Streitsache mit den Grafen von
Holstein schiedsgerichtlich zu entscheiden. Die Stadt sandte in Folge dessen den
Rathsherrn Richard Lange als Schiedsrichter nach Schleswig, wo sich die Betheiligten
mit Ausnahme des Königs versammelten. Dieser erschien jedoch nicht, so dass man
unverrichteter Dinge auseinander ging.18) Dasselbe Jahr brachte Reval in ein ge-
spanntes Verhältniss zum König. Da wieder einmal ein Flandelsverbot gegen Russ-
land erlassen war, durfte Niemand Waaren ausführen, bevor er beschworen, dass
dieselben nicht nach Russland bestimmt seien. Finländer aus Wiborg, zu jener Zeit
König Erichs Unterthanen, die in Handelsverkehr mit Russland standen, fühlten sich
in Reval durch diese Verordnung beschwert und wandten sich deshalb klagend an
ihre Obrigkeit. Der Vogt von Wiborg, Ritter Christiern Niklisson Wasa nahm sich
ihrer eifrig an und brachte die Sache vor den König. Er klagte auch über Reval
beim Hansabund, wurde aber abgewiesen. Er und sogar der König selbst beschwerten
sich auch beim Ordensmeister. Endlich legte der Revaler Rath (i4i9) die Sache bei
und erntete dafür Lob und Dank vom König und vom Ordensmeister.19) Späterhin
hatte derselbe Vogt Streitigkeiten mit der Stadt wegen eines von ihm protegirten
Freibeuters Claus Doeck, welcher der Stadt Fehde angesagt hatte und vom Rath
hingerichtet worden war, sowie wegen arrestirter Schiffsgüter, doch wurden auch diese
Angelegenheiten durch Vermittlung des Meisters ausgeglichen.20)
Den Kaufleuten des Westens, den Holländern, Flamländern und Engländern
war der Handel in der Ostsee untersagt. Brachte das Verbot der Hansa Reibungen
mit den Engländern, so gab es auch den Holländern Veranlassung, sich von dem
durch die kalmarische Union erstarkten Dänemark gegen die Macht der Hansa ge-
brauchen zu lassen. Schädigungen des Handels, Kaperei u. s. w. steigerten die Er-
bitterung, bis die wendischen Städte unter Lübecks Vortritt dem König Erich (1426)
den Krieg erklärten. Die preussischen Städte blieben neutral und auch die livländi-
schen beobachteten eine gewisse Neutralität, indem sie einerseits die wendischen
Städte im Stillen nur mit Geld unterstützten und andererseits der Forderung eines
Hansarecesses, den Handelsverkehr mit Scandinavien aufzugeben, nicht Folge leisteten.21)
Diese Art egoistischer Neutralität gewährte aber den livländischen Städten und nament
lieh Reval keinen Schutz, da ihre Schiffe von dänischen und städtischen Ausliegern
und Freibeutern geraubt wurden und Schadensersatz fast nie eintrat.22) Die zwischen
Lübeck und Reval verkehrenden Handelsflotten waren daher zu jener Zeit von
Söldnerschaaren begleitet, die äusser Lohn und Unterhalt die Hälfte des Werths23)
der unterwegs gekaperten feindlichen Schiffe erhielten. Erst der Friedensschluss mit
Dänemark brachte (i436) der Hansa die Bestätigung ihrer alten Privilegien.24) Auch
an den weiteren Streitigkeiten und Kämpfen, welche um die Krone Dänemarks und
Schwedens folgten, ebenso an denjenigen des Ordensmeisters mit dem Erzbischof und
 
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