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Schäfer, Alfons [Editor]
[Forschungen zur oberrheinischen Geschichte im Mittelalter] — Oberrheinische Studien, Band 1: Karlsruhe: G. Braun, 1970

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Bannasch, Hermann: Zur Gründung und älteren Geschichte des Benediktinerklosters Selz im Elsaß
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https://doi.org/10.11588/diglit.52719#0113
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Zur Gründung und älteren Geschichte des Benediktinerklosters Selz im Elsaß 103
baren Nutzung der Könige vorbehalten. Wesentliche Faktoren, die in der neueren
Forschung für die Sicherung der fränkischen Eroberungsgebiete herausgearbeitet
worden sind, treffen damit auch für Selz zu: die Schaffung von Königsgut, beson-
ders an Römerstraßen und Straßenknotenpunkten, die Ansiedlung von Franken
auf diesem Königsgut und die Errichtung von Königshöfen in Orten mit gallo-
römischen oder römischen Namen21. Dementsprechend sind seit dem beginnenden
7. Jahrhundert Königsaufenthalte in Selz bezeugt22.
Die Gründe, die für die Reisen der Herrscher nach Selz maßgeblich waren, sind
sehr verschieden, weisen jedoch alle auf die Bedeutung des Platzes für das König-
tum hin: politische Verhandlungen, auch mit ausländischen Gesandten, kirchliche
Feste, die Jagd. Der Bericht über einen Aufenthalt Kaiser Ludwigs des Frommen
ist dafür besonders aufschlußreich23. Bei der spärlichen Überlieferung zur frühen
Geschichte von Selz und den sonst kargen annalistischen Aussagen wird darin
gleichsam beispielhaft ein mittelalterlicher Kaiserbesuch in Selz geschildert. Wir
wollen uns daher die Nachrichten kurz vergegenwärtigen.
Nachdem Kaiser Ludwig der Fromme Ende Mai/Anfang Juni 826 in Ingelheim
einen Reichstag abgehalten und den nächsten für Mitte Oktober in demselben
Pfalzort angesetzt hatte, begab er sich mit seinem Gefolge (cum suo comitatu) nach
Selz. Hier empfing er Gesandte aus Neapel und ließ sich über die gefährliche poli-
tische Entwicklung in der spanischen Mark unterrichten. Er verbrachte schließlich
noch die Zeit der Herbstjagd in Selz und reiste dann über Frankfurt zu dem ge-
planten Reichstag nach Ingelheim zurück.
Das Jagen in der ausgedehnten Waldlandschaft des später nach Hagenau be-
nannten Forstes sowie in der mit Buschwerk und Auewäldern bewachsenen Fluß-
landschaft des Rheintales dürfte auch für andere Herrscher des frühen Hochmit-
telalters ein wesentlicher Anlaß gewesen sein, die Leitung des Reiches zeitweilig
von Selz aus wahrzunehmen. Unbedenklich kann unterstellt, ja, muß sogar bei
Aufenthalten dieser Dauer24 vorausgesetzt werden, daß der König in Selz für sich
und sein Gefolge entsprechende Wirtschafts- und Verwaltungseinrichtungen vor-
gefunden hat.
Wenn König Karl der Große in seinem ersten Regierungsjahr (768) und später
sein Urenkel, König Ludwig III., im Jahre 878 das Osterfest, eines der wichtig-
sten kirchlichen Feste, in Selz gefeiert haben25, so muß dort schon damals eine
Kirche gestanden haben. Sie wird dann erstmals im Jahre 968 anläßlich der Aus-
graphen von Ravenna genannte Rheinübergang fPfortz ist jüngst von A. Schäfer, Die
Abtei Weißenburg und das karolingische Königtum, in: ZGO 114 (1966) S. 11, 29 f.
Anm. 112, S. 34—36, ebd. Karte S. 31, als Fiskus erschlossen worden.
21 Vgl. F. Langenbeck, Probleme der elsässischen Geschichte in fränkischer Zeit, in:
Alemannisches Jahrbuch (1957) S. 3, 5 und 49—51.
22 Reg.Alsatiae 1 (wie Anm. 5) Nr. 23, 206, 222, 468 und 600.
23 Annales regni Francorum, hg. G. H. Pertz — F. Kurze, MG Script, rerum Germ, in
usum schol. (1895) S. 169—171 zu 826; E. Diimmler, Geschichte des ostfränkischen Reiches
(Jahrbücher der Deutschen Geschichte, 2. Aufl. 1887) S. 43 f.
24 Auch für König Ludwig III. ist ein Aufenthalt in Selz von etwa einem Vierteljahr
zu belegen (Reg.Alsatiae 1, wie Anm. 5, Nr. 600 zu 878: a diebus quadragesimae usque
ad mensem Maium).
25 Für Karl d. Gr. wird zum Jahr 768 ausdrücklich überliefert: in castello, quod dicitur
Sels, pascha celebravit (Reg.Alsatiae 1, wie Anm. 5, Nr. 206), für Ludwig III. läßt sich
der Osteraufenthalt im Jahre 878 erschließen (vgl. Anm. 24).
 
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