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Eyer
Die Neubelehnung
Im Jahr 1196 belehnt Kaiser Heinrich VI., nach zwanzigjähriger Vakanz, die
Landgrafschaft im unteren Elsaß an Sigbert von Werd und zwar auf die Inter-
vention hin von Friedrich von Bitsch29. Es wurde bereits erwähnt, daß die Grafen
von Werd ausgedehnten Besitz südlich der Breusch hatten und daß sie ebenfalls
nördlich der Breusch durch das Mainzer Erzstift mit Brumath belehnt worden
waren. Damit wurde die Landgrafschaft einem Geschlecht übergeben, dessen terri-
torialer Besitz ihm ein Übergewicht über alle anderen Herrschaften im unteren
Elsaß gab.
Es fällt nun auf, daß wir für diese Grafen als Erben der Hüneburger Grafen-
familie keinerlei Besitz in der Nähe der Hüneburg nachweisen können30, denn
aller Besitz, wie auch die Vogtei über die Abtei Neuweiler, befand sich zu jener
Zeit in den Händen der edelfreien Familie von Hüneburg, deren bekanntester
Vertreter Bischof Konrad II. von Straßburg war.
In der Wiederbelehnung der Landgrafschaft können wir einen politischen Akt
erblicken, durch welchen der Kaiser mehrere Ziele verfolgt haben konnte: — Er
verpflichtete sich auf diese Weise den Erben der lothringischen Herzogswürde und
durfte hoffen, die Scherben, welche von Bertha zerschlagen worden waren, wieder
einigermaßen zu flicken31,
— er band Friedrich von Bitsch enger an sein Haus, lag doch dessen Gebiet in
Randlage zu dem staufischen Besitz Kaiserslautern — Trifels — Weißenburg
(Vogtei über die Abtei) — Hagenau;
— das Geschlecht der Grafen von Werd war reich genug, um nicht auf die be-
reits stark geschmälerten Einkünfte der Landgrafschaft angewiesen zu sein;
— schließlich hatten die Staufer die Verwaltung ihres Haus- wie auch die des
Reichsgutes so fest ausgebaut, daß sie kaum zu befürchten brauchten, daß der
Landgraf seine Würde zu einer erfolgreichen Territorialpolitik ausnützen könnte.
Waren doch die Staufer in jenen Jahren auf der Höhe ihrer Macht.
Damit war nun für die Landgrafschaft im unteren Elsaß eine neue Ara ange-
brochen, welche, trotz einiger Reaktionen, durch die völlige Aushöhlung der
landgräflichen Macht und Würde charakterisiert ist.
Zunächst müssen wir darauf hinweisen, daß die Staufer die Landgrafen nie mit
Verwaltungsaufgaben betrauten, wohl um diesem Amt keine neue Bedeutung zu
geben. 1230/35 wird der Reichsschultheiß Wölfelin von Hagenau von Richer von
Senones „praefectus Alsatiae“ genannt und nach seinem Sturz finden wir Bruder
Berthold von Tannenrode „tune procurator rerum imperialium in Alsatiae“ und
1237 als „curam rerum imperialium“. Sie alle hatten also lediglich stets nur zeit-
lich beschränkte Aufträge, wodurch vermieden wurde, daß sich neben der Macht des
29 Comte Maurice de Pange, „Les Lorrains et la France au Moyen-Age“ Seite 198.
30 Diese Feststellung stützt die Annahme H. Wertes, daß die Hüneburger der Blies-
gaugrafenfamilie entstammen.
31 Bertha hatte durch ihr eigenwilliges Eingreifen in die lothringische Politik ihren
ältesten Sohn und Erben der Herzogswürde, Simon, zurückgesetzt, so daß dieser sich
ganz nach Westen zuwendete und namentlich beim Grafen der Champagne Unterstützung
fand. Nach dem Tode von Bertha 1194/95 versuchte Heinrich VE, Simon durch Be-
günstigungen wieder an sich zu ziehen. Da nun Simon kinderlos war, begünstigte Heinrich
ebenfalls dessen Bruder und Erben Friedrich von Bitsch.
Eyer
Die Neubelehnung
Im Jahr 1196 belehnt Kaiser Heinrich VI., nach zwanzigjähriger Vakanz, die
Landgrafschaft im unteren Elsaß an Sigbert von Werd und zwar auf die Inter-
vention hin von Friedrich von Bitsch29. Es wurde bereits erwähnt, daß die Grafen
von Werd ausgedehnten Besitz südlich der Breusch hatten und daß sie ebenfalls
nördlich der Breusch durch das Mainzer Erzstift mit Brumath belehnt worden
waren. Damit wurde die Landgrafschaft einem Geschlecht übergeben, dessen terri-
torialer Besitz ihm ein Übergewicht über alle anderen Herrschaften im unteren
Elsaß gab.
Es fällt nun auf, daß wir für diese Grafen als Erben der Hüneburger Grafen-
familie keinerlei Besitz in der Nähe der Hüneburg nachweisen können30, denn
aller Besitz, wie auch die Vogtei über die Abtei Neuweiler, befand sich zu jener
Zeit in den Händen der edelfreien Familie von Hüneburg, deren bekanntester
Vertreter Bischof Konrad II. von Straßburg war.
In der Wiederbelehnung der Landgrafschaft können wir einen politischen Akt
erblicken, durch welchen der Kaiser mehrere Ziele verfolgt haben konnte: — Er
verpflichtete sich auf diese Weise den Erben der lothringischen Herzogswürde und
durfte hoffen, die Scherben, welche von Bertha zerschlagen worden waren, wieder
einigermaßen zu flicken31,
— er band Friedrich von Bitsch enger an sein Haus, lag doch dessen Gebiet in
Randlage zu dem staufischen Besitz Kaiserslautern — Trifels — Weißenburg
(Vogtei über die Abtei) — Hagenau;
— das Geschlecht der Grafen von Werd war reich genug, um nicht auf die be-
reits stark geschmälerten Einkünfte der Landgrafschaft angewiesen zu sein;
— schließlich hatten die Staufer die Verwaltung ihres Haus- wie auch die des
Reichsgutes so fest ausgebaut, daß sie kaum zu befürchten brauchten, daß der
Landgraf seine Würde zu einer erfolgreichen Territorialpolitik ausnützen könnte.
Waren doch die Staufer in jenen Jahren auf der Höhe ihrer Macht.
Damit war nun für die Landgrafschaft im unteren Elsaß eine neue Ara ange-
brochen, welche, trotz einiger Reaktionen, durch die völlige Aushöhlung der
landgräflichen Macht und Würde charakterisiert ist.
Zunächst müssen wir darauf hinweisen, daß die Staufer die Landgrafen nie mit
Verwaltungsaufgaben betrauten, wohl um diesem Amt keine neue Bedeutung zu
geben. 1230/35 wird der Reichsschultheiß Wölfelin von Hagenau von Richer von
Senones „praefectus Alsatiae“ genannt und nach seinem Sturz finden wir Bruder
Berthold von Tannenrode „tune procurator rerum imperialium in Alsatiae“ und
1237 als „curam rerum imperialium“. Sie alle hatten also lediglich stets nur zeit-
lich beschränkte Aufträge, wodurch vermieden wurde, daß sich neben der Macht des
29 Comte Maurice de Pange, „Les Lorrains et la France au Moyen-Age“ Seite 198.
30 Diese Feststellung stützt die Annahme H. Wertes, daß die Hüneburger der Blies-
gaugrafenfamilie entstammen.
31 Bertha hatte durch ihr eigenwilliges Eingreifen in die lothringische Politik ihren
ältesten Sohn und Erben der Herzogswürde, Simon, zurückgesetzt, so daß dieser sich
ganz nach Westen zuwendete und namentlich beim Grafen der Champagne Unterstützung
fand. Nach dem Tode von Bertha 1194/95 versuchte Heinrich VE, Simon durch Be-
günstigungen wieder an sich zu ziehen. Da nun Simon kinderlos war, begünstigte Heinrich
ebenfalls dessen Bruder und Erben Friedrich von Bitsch.