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Schäfer, Alfons [Editor]
Geschichte der Stadt Bretten: von den Anfängen bis zur Zerstörung im Jahre 1689 — Oberrheinische Studien, Band 4: Karlsruhe: Braun [in Komm.], 1977

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A. Bretten im frühen und hohen Mittelalter
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https://doi.org/10.11588/diglit.52722#0056
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heimer marca-, Das Wort Gau3 — im Althochdeutschen gawja — ist zusammen-
gesetzt aus der Vorsilbe ge- und dem noch heute gebräuchlichen Wort Au.
Es bezeichnet — wie beispielsweise Ge-birge im Sinne eines gehäuften Vor-
kommens — das fruchtbare Wiesen- und Ackerland einer Talaue oder einer
Flußlandschaft. Noch heute spricht man von Gäu und Gäulandschafteri und
meint damit offene, besonders fruchtbare Ackerbaugebiete im Gegensatz zu den
spätbesiedelten Waldlandschaften. Dieser Unterschied manifestiert sich augen-
fällig auch bei der Benennung von Orten. Im Kraichgau haben wir das Kontrast-
paar Gß^-angelloch, das noch am Rande des fruchtbaren lößbedeckten Kraich-
gaues gelegen ist, und den jüngeren Ausbauort Wß/t/-angelloch.
Die meisten Gaubezeichnungen im rechtsrheinischen Gebiet sind mit Flußnamen
gebildet: Kraichgau, Pfinzgau, Enzgau, Elsenzgau usw' Da es sich um Landschafts-
räume handelt, sind ihre Grenzen meist nicht scharf umrissen, teilweise über-
lagern sie sich oder sie haben Untereinheiten. Eine solche stellt innerhalb des
Kraichgaues beispielsweise der Salzgau dar. Die Hauptquelle für die Kenntnis
der alten Gaunamen bilden die Überlieferungen der Klöster der fränkischen
Zeit sowie die Urkunden der deutschen Kaiser und Könige. Für unser Gebiet
enthält auch hier der Forscher Kodex das meiste Material. In ihm werden Rink-
lingen und Diedelsheim je einmal als „im Salzgau4 beim Flusse Salzach“ gelegen
bezeichnet, während sie sonst im Forscher Kodex regelmäßig dem Kraichgau zu-
gewiesen werden. Es ist also eindeutig, daß der Name Salzgau von der Salzach
sich herleitet. Ebenso geht hieraus hervor, daß die Saalbach in der Karolinger-
zeit von der Quelle an zumindest bis Diedelsheim den Namen Salzach trug.
Auch Salzhofen - ursprünglich Salzachhofen - erhielt wie der Salzgau von da-
her seinen Namen. Salzgau war also die geographische Bezeichnung für den Eand-
strich um die (obere) Salzach-Saalbach. Allerdings muß betont werden, daß der
Name Salzgau nur vorübergehend als Bezeichnung für eine Kleinlandschaft in-
nerhalb des Kraichgaus in Gebrauch war, er hat sich gegenüber der bekannteren
und sozusagen offiziellen Bezeichnung Kraichgau nicht durchgesetzt und ist sowohl
in der schriftlichen Überlieferung wie auch offenbar im mündlichen Gebrauch
alsbald wieder verschwunden.
Eine andere Bewandtnis hat es damit, daß Bretten bei seiner ersten schriftlichen
Erwähnung am 7. Mai 767 im Forscher Kodex als im Enzgau gelegen auftritt.
Hier liegt eindeutig ein Fehler des betreffenden Forscher Urkundenabschreibers
- des sogenannten Kopisten L - vor. Dieser hat nachgewiesenermaßen sehr
nachlässig und fehlerhaft gearbeitet, was besonders bedauerlich ist, da er über-
wiegend die den Kraichgau betreffenden Urkunden für den Kodex exzerpiert
hat. Bretten liegt nach allen späteren Quellen im Kraichgau, ja es war bereits
in der Karolingerzeit, wie unsere Untersuchung über die marca Bretten und über
die Schenkung an das Bistum Metz erwiesen hat, der zentrale Ort im Kraich-
gau.
2 K. Glöckner, Codex Laureshamensis (1929), Nr. 2263.
3 Vgl. hierzu und zum folgenden F. Gehrig, Der Kraichgau, Landschafts- und Graf-
schaftsbezeichnung im Mittelalter, in: Kraichgau, Folge 1 (1968) S. 67—83 und W. Martin,
Kraichgau in der Karolingerzeit, in: Brettener Jahrbuch 1960; derselbe, Umfang und We-
sen des&Kraichgaus im hohen Mittelalter, in: Brettener Jahrbuch 1964/65; derselbe, Umfang
und Wesen des Kraichgaus im späten Mittelalter, in: Brettener Jahrbuch 1967. Diese eigen-
ständigen Forschungen verdienen wegen ihrer grundsätzlichen Behandlung des Themas Gau
und Grafschaft über den regionalen Rahmen hinaus Beachtung. In einzelnen Punkten
weichen wir von ihnen ab und setzen die Akzente etwas anders.
4 K. Glöckner, Codex Laureshamensis (1929) Nr. 3589, 3591.

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