Damian Hugo von Schönborn und die Literatur
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thar Franz erwarb Dichtungen von Birken, Harsdörffer, Opitz u.a. — Werke, die er aller-
dings wohl nie gelesen hat! — aber das waren Ausnahmen. Die katholische Literatur der
Zeit (weitgehend bayerisch/österreichisch), die heutzutage erst allmählich die Beach-
tung erhält, die sie verdient, wurde erfahrungsgemäß in adligen Kreisen nicht viel gele-
sen. Die Protestanten, auch adligen Standes, haben sicher viel Erbauungsliteratur (etwa
von Dilherr und Spangenberg) gelesen, und auch Predigten waren anscheinend ein be-
liebter Lesestoff, doch gilt Ähnliches für den fränkischen und rheinischen Hochadel nur
sehr bedingt. Kenntnisse von Schriftstellern wie Abraham ä Sancta Clara, Khuen, oder
Laurentius von Schnüffis sind jedenfalls weder bei Damian Hugo noch bei seinen Brü-
dern zu belegen.
Bei den Jesuiten hat Damian Hugo sicher gute bis sehr gute Kenntnisse der Literatur
der Antike erworben, wobei allerdings zu vermerken ist, daß die Werke der Antike nicht
als Literatur, sondern als Rhetorik gelesen wurden. Van Dülmens Angaben über den
Lehrgang der Jesuitenakademien sind sicher auch für diese Spätzeit gültig11. Als Teil der
rhetorischen Ausbildung hat Damian Hugo sicher einige neulateinische Poetiken von
Scaliger und anderen gelesen, wahrscheinlich auch literaturtheoretische oder historische
Werke von Rader, Pontanus u.a. Auch gehörte das Jesuitendrama dazu. Obwohl alle Be-
lege fehlen, hat auch Damian Hugo sicher mitgespielt — besonders adlige Schüler wur-
den fast ausnahmslos herangezogen. Literarisch wertvolle Jesuitendramen sind aller-
dings weder in Würzburg noch in Mainz bekannt. Gute Kenntnisse der lateinischen
Dichtung und möglicherweise der lateinischen Dichtungstheorie dürfen also als gesi-
chert gelten. Deutschsprachige Dichtung wurde nicht beachtet, in evangelischen Gym-
nasien übrigens oft auch nicht, obwohl man dort einige bekannte Ausnahmen kennt, so
etwa das Gymnasium in Zwickau unter Leitung des Dramatikers und Romanschriftstel-
lers Christian Weise.
In Rom und später in den Niederlanden hat Damian Hugo etwas Theologie, vor al-
lem aber Jura studiert. Zum Studienplan gehörten (besonders in Leiden und Löwen) die
schon klassischen Werke von Grotius und Vitrarius, aber auch die Werke Pufendorfs
und die juristischen Schriften von Leibniz. Obgleich Damian Hugo nicht nur Latein,
sondern auch Italienisch, Französisch und wohl auch Holländisch fließend beherrschte,
wäre es sicher verfehlt, Kenntnisse der entsprechenden Literaturen anzunehmen. An-
spielungen in späteren Briefen machen es wahrscheinlich, daß er Ariosto gelesen hat.
Die erhaltenen Briefe aus Paris erwähnen zwar Oper und Theater, ohne aber einen Dich-
ternamen zu nennen. Uber die Privatlektüre in späteren Jahren wissen wir gar nichts. Die
großen Leichenreden betonen, daß Damian Hugo Erbauliches zu lesen pflegte, doch
sind derartige Angaben obligatorisch und suspekt. Im erhaltenen Briefwechsel sind An-
spielungen auf Bücher selten — in den Archivregistern stehen etwa vier. Die genannten
Bücher sind sämtlich Fachbücher: Hornecks Vita Sanctorum, Fülckens Neue Garten-Lust
(1721), Cesare Ripas Iconologia und Werke von Hildebrandt, de Gotte, Boffrand und
Stampart. Über den Bücherbesitz Damian Hugos ist nur bekannt, daß Bücher aus dem
11 Richard mnDülmen, Die Gesellschaft Jesu und der bayerische Späthumanismus, in: Zeit-
schrift f. bayerische Landesgesch. 37/2 (1971) S. 358-415.
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thar Franz erwarb Dichtungen von Birken, Harsdörffer, Opitz u.a. — Werke, die er aller-
dings wohl nie gelesen hat! — aber das waren Ausnahmen. Die katholische Literatur der
Zeit (weitgehend bayerisch/österreichisch), die heutzutage erst allmählich die Beach-
tung erhält, die sie verdient, wurde erfahrungsgemäß in adligen Kreisen nicht viel gele-
sen. Die Protestanten, auch adligen Standes, haben sicher viel Erbauungsliteratur (etwa
von Dilherr und Spangenberg) gelesen, und auch Predigten waren anscheinend ein be-
liebter Lesestoff, doch gilt Ähnliches für den fränkischen und rheinischen Hochadel nur
sehr bedingt. Kenntnisse von Schriftstellern wie Abraham ä Sancta Clara, Khuen, oder
Laurentius von Schnüffis sind jedenfalls weder bei Damian Hugo noch bei seinen Brü-
dern zu belegen.
Bei den Jesuiten hat Damian Hugo sicher gute bis sehr gute Kenntnisse der Literatur
der Antike erworben, wobei allerdings zu vermerken ist, daß die Werke der Antike nicht
als Literatur, sondern als Rhetorik gelesen wurden. Van Dülmens Angaben über den
Lehrgang der Jesuitenakademien sind sicher auch für diese Spätzeit gültig11. Als Teil der
rhetorischen Ausbildung hat Damian Hugo sicher einige neulateinische Poetiken von
Scaliger und anderen gelesen, wahrscheinlich auch literaturtheoretische oder historische
Werke von Rader, Pontanus u.a. Auch gehörte das Jesuitendrama dazu. Obwohl alle Be-
lege fehlen, hat auch Damian Hugo sicher mitgespielt — besonders adlige Schüler wur-
den fast ausnahmslos herangezogen. Literarisch wertvolle Jesuitendramen sind aller-
dings weder in Würzburg noch in Mainz bekannt. Gute Kenntnisse der lateinischen
Dichtung und möglicherweise der lateinischen Dichtungstheorie dürfen also als gesi-
chert gelten. Deutschsprachige Dichtung wurde nicht beachtet, in evangelischen Gym-
nasien übrigens oft auch nicht, obwohl man dort einige bekannte Ausnahmen kennt, so
etwa das Gymnasium in Zwickau unter Leitung des Dramatikers und Romanschriftstel-
lers Christian Weise.
In Rom und später in den Niederlanden hat Damian Hugo etwas Theologie, vor al-
lem aber Jura studiert. Zum Studienplan gehörten (besonders in Leiden und Löwen) die
schon klassischen Werke von Grotius und Vitrarius, aber auch die Werke Pufendorfs
und die juristischen Schriften von Leibniz. Obgleich Damian Hugo nicht nur Latein,
sondern auch Italienisch, Französisch und wohl auch Holländisch fließend beherrschte,
wäre es sicher verfehlt, Kenntnisse der entsprechenden Literaturen anzunehmen. An-
spielungen in späteren Briefen machen es wahrscheinlich, daß er Ariosto gelesen hat.
Die erhaltenen Briefe aus Paris erwähnen zwar Oper und Theater, ohne aber einen Dich-
ternamen zu nennen. Uber die Privatlektüre in späteren Jahren wissen wir gar nichts. Die
großen Leichenreden betonen, daß Damian Hugo Erbauliches zu lesen pflegte, doch
sind derartige Angaben obligatorisch und suspekt. Im erhaltenen Briefwechsel sind An-
spielungen auf Bücher selten — in den Archivregistern stehen etwa vier. Die genannten
Bücher sind sämtlich Fachbücher: Hornecks Vita Sanctorum, Fülckens Neue Garten-Lust
(1721), Cesare Ripas Iconologia und Werke von Hildebrandt, de Gotte, Boffrand und
Stampart. Über den Bücherbesitz Damian Hugos ist nur bekannt, daß Bücher aus dem
11 Richard mnDülmen, Die Gesellschaft Jesu und der bayerische Späthumanismus, in: Zeit-
schrift f. bayerische Landesgesch. 37/2 (1971) S. 358-415.