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Ehmer, Hermann [Hrsg.]
Burgen im Spiegel der historischen Überlieferung — Oberrheinische Studien, Band 13: Sigmaringen: Thorbecke, 1998

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Ehmer, Hermann: Schadensinventare fränkischer Burgen aus der l. Hälfte des 15. Jahrhunderts (Schweinberg 1437, Bartenstein 1443)
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https://doi.org/10.11588/diglit.52731#0109
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Schadensinventare fränkischer Burgen
aus der 1. Hälfte des 15. Jahrhunderts
(Schweinberg 1437, Bartenstein 1443)
VON HERMANN EHMER
I
Eine der Veranlassungen zur Erfassung des Inventars einer Burg’ war der Schadensfall,
d. h. deren Einnahme, Beschädigung oder gar Zerstörung im Rahmen einer Fehdehand-
lung, und die dadurch hervorgerufenen Schäden und Verluste an den in der Burg befind-
lichen Mobilien. Die Erstellung eines Inventars diente in diesem Zusammenhang der
Verfolgung von Schadensersatzansprüchen1 2. Veranlassung und Zweckbestimmung eines
Schadensinventars unterscheiden dieses somit von solchen Inventaren, die aus Anlaß
eines Besitz- oder Amtswechsels oder in Nachlaßangelegenheiten aufgenommen wur-
den. Bei einem Schadensinventar ist nämlich nicht mit einer vollständigen Erfassung des
Mobiliars zu rechnen, sondern lediglich mit einer Aufzählung derjeniger Stücke, die
zugrunde gegangen oder abhanden gekommen waren. Ein Schadensinventar kann also -
streng genommen - keine Stücke enthalten, die der Burgherr möglicherweise noch aus
der Burg retten konnte oder m Erwartung einer feindlichen Handlung schon vorher in
Sicherheit gebracht hatte.
Ein Schadensinventar wird also weniger die Funktion einer Burg als Wohn- und Re-
präsentationsort oder als Verwaltungsmittelpunkt widerspiegeln, sondern - je nachdem
der Burgherr Gelegenheit hatte, die Burg in Verteidigungszustand zu setzen - deren
Wehrfunktion dokumentieren. Em solches Inventar wird somit - den jeweiligen Um-
ständen entsprechend - vornehmlich Waffen, Ausrüstungsgegenstände und Proviant
aufzählen, weniger also wertvollere Einrichtungsgegenstände oder gar Kleinodien und
Urkunden, die man zuerst in Sicherheit brachte. Somit dokumentieren Schadensinventa-
re weniger die Alltagskultur einer Burg, als vielmehr den Ernstfall einer kriegerischen
Auseinandersetzung und die Vorkehrungen, die man hierfür traf oder treffen konnte.
Die Erstellung eines Schadensinventars war jedoch nur dann sinnvoll, wenn der Ge-
schädigte die Möglichkeit sah, eine Schadensersatz- oder Rückgabeforderung3 mit Aus-
1 Zum Grundsätzlichen vgl. in diesem Band den Aufsatz von C. Herrmann, Burginventare in
Süddeutschland und Tirol vom 14. bis zum 17. Jahrhundert.
2 So die nach dem Bauernkrieg erstellten Schadensinventare; vgl. R. Endres, Adelige Lebensfor-
men in Franken zur Zeit des Bauernkrieges (NeujbllGesFränkG 35), Würzburg 1974.
3 Ein Schadensinventar mußte daher nicht immer, wie Herrmann (wie Anm.l) meint, Angaben
zum Geldwert der in Verlust geratenen Gegenstände enthalten. Dies belegen die hier besprochenen
Inventare.
 
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