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Krüger, Jürgen [Hrsg.]; Schwarzmaier, Hansmartin [Hrsg.]; Wennemuth, Udo [Hrsg.]
Das Evangelische Pfarrhaus im deutschsprachigen Südwesten — Oberrheinische Studien, Band 32: Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag, 2014

DOI Artikel:
Ehmer, Hermann: Das evangelische Pfarrhaus in Württemberg im 18. und 19. Jahrhundert
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https://doi.org/10.11588/diglit.52749#0244

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Das evangelische Pfarrhaus in Württemberg
im 18. und 19. Jahrhundert

VON HERMANN EHMER

Der Begriff des evangelischen Pfarrhauses als des »ganzen Hauses«, der also nicht nur
das Gebäude, sondern auch seine Bewohner mit ihren familiären, wirtschaftlichen und
gesellschaftlichen Beziehungen meint, ist erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts
aus der Kulturgeschichte in die praktische Theologie gelangt1. Die Grundlegung des so
verstandenen Pfarrhauses hat man - wie selbstverständlich - in der Heirat und dem
Hausstand Martin Luthers gesucht und gefunden. Dieser Begriff des Pfarrhauses wurde
also ohne weiteres in die Geschichte zurückprojiziert. Dieser Vorgang berechtigt zwei-
fellos dazu, die Geschichte des Pfarrhauses vor dem Aufkommen des Begriffs vom »gan-
zen Haus« zu untersuchen. Hierbei ist es zweifellos sinnvoll, ja sogar notwendig, das
Thema nach Ort und Zeit einzuschränken und somit den landesgeschichtlichen Zugang
zu wählen. Dies vereinfacht die Aufgabe jedoch nicht, weil sie zu näherem Zusehen
nötigt.
Was nämlich Württemberg betrifft, so zeigt es sich, dass der territoriale Rahmen
unserer Untersuchung im Laufe des vorgegebenen Zeitraums seine Gestalt wechselt: aus
dem Herzogtum Württemberg entsteht das Königreich durch die 1802-1810 erfolgten
Territorialveränderungen. Das heißt, dass zu dem evangelischen Herzogtum Württem-
berg noch eine Anzahl evangelischer Territorien, namentlich fast ein Dutzend Reichs-
städte, hinzu gekommen ist. In kirchlicher Hinsicht bedeutet das im Ergebnis, dass aus
dem lutherischen Herzogtum mit 630.000 Einwohnern das paritätische Königreich mit
1, 2 Millionen geworden ist, von denen 2/3 evangelisch, 1/3 katholisch waren.
Die Eingliederung des territorialen Zuwachses - auch hinsichtlich der kirchlichen
Organisation - vollzog sich in verschiedenen Schritten, die hier jedoch nicht darzustel-
len sind. Jedenfalls nahm die Organisationsperiode einen entsprechenden Zeitraum in
Anspruch, war aber 1823 abgeschlossen. Durch die Vereinnahmung des altwürttember-
gischen Kirchenguts durch den Staat 1806 und entsprechende Maßnahmen in den neu-
württembergischen Territorien war die evangelische Kirche nun ganz an den Staat ge-
bunden, so dass man sie jetzt mit Recht als Staatskirche bezeichnen kann. Die staatliche
Organisation der Oberämter wurde nach Möglichkeit deckungsgleich mit den Dekana-
ten gestaltet. Dies konnte natürlich nur für die jeweilige Mehrheitskonfession gelten.

Vgl. H. Ehmer, Das evangelische Pfarrhaus - eine Begriffsgeschichte, in diesem Band.
 
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