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Krüger, Jürgen [Hrsg.]; Schwarzmaier, Hansmartin [Hrsg.]; Wennemuth, Udo [Hrsg.]
Das Evangelische Pfarrhaus im deutschsprachigen Südwesten — Oberrheinische Studien, Band 32: Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag, 2014

DOI Artikel:
Ehmer, Hermann: Das evangelische Pfarrhaus in Württemberg im 18. und 19. Jahrhundert
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https://doi.org/10.11588/diglit.52749#0246

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DAS EVANGELISCHE PFARRHAUS IN WÜRTTEMBERG

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Überhaupt war die Aufnahme weiterer evangelischer Territorien 1803-1810 in die
württembergische »Landeskirche« weitgehend geräuschlos vor sich gegangen. Das or-
ganisatorische Gerüst der Kirche des Herzogtums erwies sich als flexibel genug und
passte auch für die evangelische Kirche des Königreichs. Gewiss muss man auch hiervon
der Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen ausgehen. Noch lange besaßen die evangeli-
schen Kirchen der neuwürttembergischen Gebiete ihr eigenes Gepräge, wie sie es aus der
Geschichte überkommen hatten. Ganz besonders waren es die Frömmigkeitsprägungen,
die Altwürttemberg von Neuwürttemberg abhoben9.
Während des 19. Jahrhunderts gab es einige Veränderungen, die durch den Bevölke-
rungszuwachs und die Binnenwanderung infolge des Wachstums der industriellen Zen-
tren verursacht wurden. So ist Stuttgart in diesem Jahrhundert um das lOfache gewach-
sen. Dieses Wachstum fand natürlich nicht auf dem Land statt, sondern in den Städten,
dann aber auch in der oberschwäbischen Diaspora. Doch soll dies hier nicht weiter un-
tersucht werden.
Es soll hier um das Pfarrhaus gehen. Hierbei muss es in der Hauptsache um vier ver-
schiedene Aspekte gehen, nämlich den praktisch-theologischen, wirtschaftlichen, fami-
lialen und den sozialen. Hierbei ist klar, dass diese nicht säuberlich voneinander zu tren-
nen sind, sondern eins ins andere übergeht. Dies soll hier an den Personen im Pfarrhaus
gezeigt werden.
Der Pfarrer
Das Pfarrhaus als »ganzes Haus« wird konstituiert durch den Pfarrer, mit ihm steht und
fällt das betreffende Pfarrhaus; bei seinem plötzlichen Tod nimmt das Pfarrhaus ein
Ende. Als Beispiel sei hier Johann Albrecht Bengel (1687-1752) genannt. Als der Vater
Albrecht Bengel (* 1650), Diakonus oder Helfer, d. h. zweiter Pfarrer in Winnenden 1693
starb, musste die Witwe mit ihren Kindern aus der Dienstwohnung ausziehen. Sie er-
warb ein Häuschen in Winnenden, das aber schon wenige Monate später beim Franzo-
seneinfall ein Raub der Flammen wurde. Nach dem Zeugnis ihres Sohnes hat sie dann
noch neun Jahre in Winnenden gelebt, offenbar wohl in recht gedrückten Umständen.
Der 6jährige Johann Albrecht kam in eine Pflegefamilie, zu M. David Wendelin Spind-
ler, einem Studienfreund des Vaters10. Erst nachdem Johann Albrecht Bengel 1713 als
Lehrer an der neu eingerichteten Klosterschule in Denkendorf seine erste feste Stelle
erhielt, konnte er seine Mutter zu sich nehmen, die dann 1733 ebenda starb.

9 H. Ehmer, Landeskirchliche Identität und regionale Identitäten dargestellt am Beispiel
Württembergs, in: H. Otte, M. Beyer, Ch. Winter, Landeskirchengeschichte. Konzepte
und Konkretionen. Tagung des Arbeitskreises Deutsche Landeskirchengeschichte im Klos-
ter Amelungsborn vom 29. bis 31. März 2006 (Herbergen der Christenheit, Sonderbd. 14
= Studien zur deutschen Landeskirchengeschichte 7), Leipzig 2008, S. 95-104.
10 K. Hartmann, Johann Albrecht Bengel. Der Klosterpräzeptor von Denkendorf, Stuttgart
1937, S. 29-36.
 
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