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Krüger, Jürgen [Hrsg.]; Schwarzmaier, Hansmartin [Hrsg.]; Wennemuth, Udo [Hrsg.]
Das Evangelische Pfarrhaus im deutschsprachigen Südwesten — Oberrheinische Studien, Band 32: Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag, 2014

DOI Artikel:
Ehmer, Hermann: Das evangelische Pfarrhaus in Württemberg im 18. und 19. Jahrhundert
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https://doi.org/10.11588/diglit.52749#0274

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DAS EVANGELISCHE PFARRHAUS IN WÜRTTEMBERG

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bei einer stets möglichen Teuerung der Nahrungsmittel zu Schwierigkeiten führen, so
dass es zweifellos vorteilhafter war, wenn der Bedarf an Grundnahrungsmitteln durch
die Naturalbesoldung gedeckt wurde, weil man damit von der Preisentwicklung unab-
hängig war. Insofern verbesserte sich Flattich auf seiner nächsten Stelle Metterzimmern,
wohin er 1747 versetzt wurde, die gleichwohl, wie jene auf dem Hohenasperg, immer
noch eine Anfängerstelle war. Der Wert der Metterzimmerner Pfarrbesoldung war auf
201 Gulden 15 Kreuzer veranschlagt. Sie bestand im wesentlichen aus 64 Gulden in
Geld, 4 Scheffel Roggen, 30 Scheffel Dinkel, 8 Scheffel Hafer und 6 Eimer Wein sowie
5/12 des kleinen Zehnten113. Das heißt, dass die Naturaleinkünfte zweifellos den häusli-
chen Bedarf an Grundnahrungsmitteln deckten, was sich besonders in den schlechten
Erntejahren, die es während Flattichs Metterzimmerner Zeit gehäuft gab, bewährt ha-
ben dürfte.
Die Besoldung der Münchinger Pfarrstelle, die Flattich von 1760 bis zu seinem Tod
1797 versah, wurde nach dem Neuen Kompetenzbuch von 1738 auf jährlich 230 Gulden
12 Kreuzer veranschlagt und bestand vor allem aus 58 Gulden in Geld, 10 Scheffel Rog-
gen, 30 Scheffel Dinkel, 12 Scheffel Hafer und 4 Eimer Wein114. Fragt man danach, in-
wiefern sich Flattich durch die Versetzung nach Münchingen verbessert hatte, wie man
in der Flattich-Literatur stets zu rühmen wußte115, so findet man, dass die Metterzim-
merner Besoldung, die jährlich auf 201 Gulden 15 Kreuzer veranschlagt wurde, sich auf
den ersten Blick nur wenig von der Münchinger unterschied. Der wesentliche Unter-
schied zu der Metterzimmerner Besoldung war wohl der, dass der Pfarrer dort nur einen
Teil des kleinen Zehnten zu beziehen hatte, der auf 7 Gulden veranschlagt wurde, wäh-
rend sich der Anschlag in Münchingen auf 26 Gulden 42 Kreuzer belief.
Der kleine Zehnte war ein Zehntel des Ertrags von Obst, Kartoffeln, Linsen, Wi-
cken, Hanf, Flachs, Kraut und Rüben, die auf bestimmten Grundstücken wuchsen. Mit
den sprichwörtlichen »Kraut und Rüben«, wollten sich die Geistliche Verwaltungen, die
die Pfründeinkünfte ansonsten einzogen, nicht befassen. Gleichwohl war nicht darauf
zu verzichten, denn etwa in Echterdingen machte der Kleine Zehnte rund % des Wertes
der gesamten Besoldung nach dem amtlichen Anschlag aus. Ein bedeutender Nachteil
des kleinen Zehnten war, dass der Berechtigte den Ertrag während der Ernte bei den
einzelnen Abgabepflichtigen selbst einsammeln musste. Diese Aufgabe verursachte viel
Arbeit und womöglich auch Ärger mit den Zehntpflichtigen und war deshalb für einen
Pfarrer nicht einfach. Es war zweifellos eine Probe für seine Klugheit, seine berechtigte
Forderung gegenüber den Abgabepflichtigen, die ja zugleich seine Gemeindeglieder wa-
ren, in der richtigen Weise durchzusetzen. Der Kleine Zehnte wurde sodann meist durch
die Pfarrfrau eingezogen, denn der Einzug durch den Pfarrer selbst wäre problematisch
gewesen.
Diese Naturaleinkünfte boten aber, etwa durch die Weiterverarbeitung von Hanf
und Flachs, ein weites Feld für die Eigenwirtschaft des Pfarrhauses und die Möglichkeit,
das Einkommen spürbar zu verbessern. Hier bot sich das Material für das Pfarrhaus als

113 Ehmer, Flattich (wie Anm. 18), S. 50.
114 Ehmer, Flattich (wie Anm. 18), S. 60.
115 K.F. Ledderhose, Leben und Schriften des M. Johann Friedr. Flattich, 4Heidelberg 1859,
S. 17.
 
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