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Oechelhäuser, Adolf von
Das Heidelberger Schloss: bau- und kunstgeschichtlicher Führer — Heidelberg, 1923

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https://doi.org/10.11588/diglit.18588#0172
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— 164 —

Daß einem Meister wie Colin zugemutet wurde, laut Kontrakt, „vermög
Visierung" d. h. nach Skizzen des Hofmalers Hans Besser zu arbeiten, hat nichts
befremdliches, entspricht vielmehr durchaus der damaligen Sitte und ist auch
dem Seb. Götz beim Friedrichsbau vorgeschrieben worden (vgl. den Aufsatz
des Verfassers über letztgen. Meister in den Mitteilungen zur Geschichte des
Heidelberger Schlosses II, 177 f.).

Die gelehrten antiquarischen Neigungen des Bauherrn spiegeln sich am
deutlichsten fn jenen Medaillons mit Bildnissen berühmter Römer wieder, welche
in den Giebelrahmen der Erdgeschoßfenster zwischen reizenden musizierenden
Putten angebracht sind. Dargestellt sind laut den; Unterschriften (nach Metz-
ger) : Witellies Imperator — Antonius Pius Con. — Tiberius Claudius Nero —
.... Nero Caesar .... C. Marius — M. Antonius — Rom, N. Pamphilius
und M. Brutus. Haupt hat darauf hingewiesen, daß diese Medaillons wahr-
scheinlich dem Werke des'J. Huttichius, Imperatorum Romanorum libellus.
Argentinae MDXXV, samt ihren Unterschriften entnommen worden sind, und
wird somit wohl die merkwürdige Auswahl, schwerlich aber die Reihe der
komischen Schreibfehler auf Konto des Bauherrn zu setzen sein. Übrigens
ist bekannt, daß Ottheinrich eifrig dem Sammeln antiker Münzen ergeben war.
die ebenfalls zum Teil als Vorbilder benützt sein können. Ähnliche Kaiser-
Medaillons sehen wir u. A. auch am Sockel der Fä<;ade der Certosa bei
Pavia angebracht, am ausgiebigsten auf deutschem Boden beim sogen.
Kaiserhaus in Hildesheim, woselbst drei Reihen solcher KaiserbiJdnisse
unter den Fenstern die ganze Front sich entlang ziehen.

Es erübrigt noch die Betrachtung des Skulpturenschmuckes
am Portal. Das Figürliche erscheint hier, sowohl bei den vier
größeren als bei den zwei kleineren Portalskulpturen,, mit
größerer Sorgfalt behandelt. Bei der Anfertigung dieser am
nächsten zugänglichen und am meisten in die Augen fallenden
Arbeiten wird Meister Colin wohl mehr persönlichen Anteil ge-
nommen haben, als an der Statuenreihe oben am Bau; vielleicht
auch, daß man hiermit den Anfang gemacht hat und erst später
infolge der notwendigen Beschleunigung zu einer flüchtigeren
Behandlungsweise übergegangen ist. Trotz der Verstümmelung
(der eine Kopf, zuäußerst links, ist stark überarbeitet) sind
diese Figuren, die sich ganz besonders durch schönen Falten-
wurf auszeichnen, heute noch von vorzüglicher Wirkung. Nicht
minder gelungen sind die beiden seitlichen Kartouchendreiecke,
welche die rohe", ungezügelte Naturkraft im Gegensätze zu den
mit göttlicher Kraft ausgerüsteten Helden der anstoßenden
Figurenreihe darstellen. Auf dem rechtsseitigen Relief erscheint
der Mensch als Sieger im Kampfe mit dem vom kräftigen Arm
umschlungenen Löwen, das Gegenstück zeigt letzteren, wie er
hoch aufgerichtet den zu Boden gesunkenen Gegner Ai zer-
fleischen im Begriffe steht. Die Ausführung zeugt von großer
 
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