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Rückblick.

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schwächlich entwickeln wird, geschichtliches Verständnis noch schwäch-
licher, daß in der philosophischen Weltbetrachtung, die sich bald vom
sakralen Untergrund loslöst, eher dem Schaffen vielleicht glänzender,
kühner, ahnungsreicher Gedankengebilde und subtilem Spiel mit
Abstraktionen die Herrschaft zufallen wird, als geduldigem Eindringen
in die Erfahrungswelt.
In der zuletzt berührten Gedankensphäre verbleibend müssen
wir uns hier schließlich noch vergegenwärtigen, ob und wie in den
Brähmanas jene in so weiten Bereichen der indischen Spekulation
dominierende Idee zur Geltung gekommen ist: die der Einheit alles
Seins. Es ist bekannt, daß schon vor der Brähmanaperiode unter
den Poeten des Rigveda Ahnungen des All-Einsseins aufgetaucht
find, daß dann nach den Brähmanas die Upanishaden machtvoll die
Idee des einen Wesens herausgearbeitet haben, das allein als das
„Wahre des Wahren" vollstes Sein, ewigen Wert in sich schließt.
Welche Stellung in dieser Entwicklung nehmen die Brähmanas
selbst ein?
Im Großen und Ganzen ist offenbar zu antworten, daß das
Hinfluten des Denkens zum Einheitsziel sich hier in einem Stadium
der Ebbe befindet. Voran steht der Gedankenkreis des Opfers; das
zielt auf die Interessen eines einzelnen, der Außenwelt bestimmt
gegenüberstehenden Subjekts hin, dem es um Gesundheit, Nach-
kommen, Kuhherden, Sieg zu tun ist. Jenseits des Todes zeigen
sich dann die Ideale himmlischer Freuden und der Abwehr des
„Wiedertodes". Man hat sich eben noch nicht weit aus der Nähe
der Wünsche entfernt, von denen die alten Opferhymnen voll sind,
wo der Opferer mit feinen urwüchsigen Bedürfnissen allzu fest da-
steht, als daß der Drang nach einer seine Eigennatur im All aus-
löschenden Einheit des Seins rege werden könnte. Zwar wenn sich
die Frage auf den Ursprung der Dinge richtet, treten auch in den
Brähmanas Vorstellungen der Einheit hervor. Es ist ja selbstver-
ständlich, daß die Welt aus einer Wurzel erwachsen sein muß. Da
erscheinen denn der Phantasie allumfassende Urwesenheiten wie das
„Seiende", das „Nichtseiende". Im Weltleben selbst aber spielt
diese Einheit keine Rolle. Hier bleibt das Universum für jetzt noch
der bunte und wirre Tummelplatz zahlloser Einzelwesen, deren Be-
wegungen sich meist keinem gemeinsamen Rhythmus einordnen, keinem
allverbindlichen Ziel zustreben. Und wenn phantastische Betrachtung
hier und da in flüchtigem Spiel das eine oder andre Wesen für
 
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