Hartmut Krohm
5. Niclaus Gerhaert von Leyden, Madonna aus
Dangolsheim, Berlin, Skulpturensammlung und
Museum fur Byzantinische Kunst
6. Martin Schongauer, Marientod (L. 16), Kupferstich,
Berlin, Kupferstichkabinett
Auch die Madonna im Louvre ist unter Umstanden durch ihn hinzugefiigt worden. Der Verfasser, der hier verschie-
dene Móglichkeiten unterbreitet, pladiert selbst aberfiir die Friihdatierung und die Autorschaft von Veit Stoss.
An dieser Stelle soll eine noch keineswegs abgeschiossene Forschungssituation vor Augen gefiihrt, vielmehr
die Vielschichtigkeit der Problematik sowie die Dringlichkeit einer Fortsetzung von Analyse und Diskussion betont
werden. Man darf nicht vergessen, dass im Vorausgeschickten ja nicht nur auf die Isenheimer Madonna, sondern
ebenfalls auf den heiligen Abt in Rottweil, ein Bildwerk vermutlich aus den spaten 70er oder fruhen 80er Jahren,
hingewiesen worden ist. Auch von diesem Beispiel aus gesehen, erhebt sich die Frage nach der Stilveranderung
bei Veit Stoss gegeniiber dem Werk Niclaus Gerhaerts von Leyden, als Prozess vielleicht sogar am Oberrhein selbst
zu fassen - gegenuber Gerhaert, dessen Ausdruckmittel, so das Pathos der Gebarde oder die lntensivierung der
Kórper- und Raumillusion durch Kontrastmotive, zwar eine Fortfuhrung finden, indessen gerade in Bezug auf die
Faltensprache eine gróBtmógliche Bereicherung, damit aber in gleichem MaGe eine Transformation erfahren. Ist
die am Krakauer Retabel zu beobachtende Erweiterung des Gerhaertschen Stilspektrums also bereits am Oberrhein
vorbereitet worden? Sollte die Isenheimer Madonna in dieser Hinsicht tatsachlich ein Schliisselwerk darstellen?
Grund genug, um sich mit ihr und dem mit ihr verkniipften Fragenkomplex noch intensiver zu beschaftigen.
Um ihre besondere Position und ihre Neuartigkeit innerhalb einer sich in kiirzester Zeit rapid gestaltenden Wei-
terentwicklung zu unterstreichen, verglich Sóding sie mit der wesentlich kleineren, 102 cm hohen Dangolsheimer
Madonna in Berlin (Abb. 5), selbst Zeugnis innovativer Erfindungskraft, die aus dem StraBburger Kartauserkloster,
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5. Niclaus Gerhaert von Leyden, Madonna aus
Dangolsheim, Berlin, Skulpturensammlung und
Museum fur Byzantinische Kunst
6. Martin Schongauer, Marientod (L. 16), Kupferstich,
Berlin, Kupferstichkabinett
Auch die Madonna im Louvre ist unter Umstanden durch ihn hinzugefiigt worden. Der Verfasser, der hier verschie-
dene Móglichkeiten unterbreitet, pladiert selbst aberfiir die Friihdatierung und die Autorschaft von Veit Stoss.
An dieser Stelle soll eine noch keineswegs abgeschiossene Forschungssituation vor Augen gefiihrt, vielmehr
die Vielschichtigkeit der Problematik sowie die Dringlichkeit einer Fortsetzung von Analyse und Diskussion betont
werden. Man darf nicht vergessen, dass im Vorausgeschickten ja nicht nur auf die Isenheimer Madonna, sondern
ebenfalls auf den heiligen Abt in Rottweil, ein Bildwerk vermutlich aus den spaten 70er oder fruhen 80er Jahren,
hingewiesen worden ist. Auch von diesem Beispiel aus gesehen, erhebt sich die Frage nach der Stilveranderung
bei Veit Stoss gegeniiber dem Werk Niclaus Gerhaerts von Leyden, als Prozess vielleicht sogar am Oberrhein selbst
zu fassen - gegenuber Gerhaert, dessen Ausdruckmittel, so das Pathos der Gebarde oder die lntensivierung der
Kórper- und Raumillusion durch Kontrastmotive, zwar eine Fortfuhrung finden, indessen gerade in Bezug auf die
Faltensprache eine gróBtmógliche Bereicherung, damit aber in gleichem MaGe eine Transformation erfahren. Ist
die am Krakauer Retabel zu beobachtende Erweiterung des Gerhaertschen Stilspektrums also bereits am Oberrhein
vorbereitet worden? Sollte die Isenheimer Madonna in dieser Hinsicht tatsachlich ein Schliisselwerk darstellen?
Grund genug, um sich mit ihr und dem mit ihr verkniipften Fragenkomplex noch intensiver zu beschaftigen.
Um ihre besondere Position und ihre Neuartigkeit innerhalb einer sich in kiirzester Zeit rapid gestaltenden Wei-
terentwicklung zu unterstreichen, verglich Sóding sie mit der wesentlich kleineren, 102 cm hohen Dangolsheimer
Madonna in Berlin (Abb. 5), selbst Zeugnis innovativer Erfindungskraft, die aus dem StraBburger Kartauserkloster,
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