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Grothe, Hugo [Bearb.]
Orientalisches Archiv: illustrierte Zeitschrift für Kunst, Kulturgeschichte u. Völkerkunde der Länder des Ostens — 1.1910/​1911

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Münsterberg, Oskar: Die Darstellung von Europäern in der japanischen Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.69602#0305
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Die Darstellung von Europäern in der japanischen Kunst.

bute seiner Macht, vor allem ohne die in Asien zum Zeichen
der Herrschaft stets notwendige Menschenumgebung, ganz
allein, wie ein einsamer Philosoph, auf einem europäischen
Stuhle, wie sich etwa Philipp II. von Spanien hätte malen
lassen können. Eine Erklärung für diese eigenartige Dar-
stellung konnte ich nicht finden.
Da auf der linken Seite der Aufmarsch der Prozession
beginnt und rechts das Schiff mit vollen Segeln abfährt,
so dürfte zu diesem Wandschirm ursprünglich ein anderer
gehört haben, auf den, wie bei Nr. 2, 4, 6, 8, die Ankunft
des Schiffes und die Ausladung der Geschenke gemalt war.
2. Sechsteiliger Wandschirm, ca. 1,67 m hoch und ca.
3,75 m lang. Original im Besitz des Musee Guimet in Paris.
Es sind drei gesonderte Handlungen dargestellt. Die
drei linken Flügel zeigen die Ankunft des Schiffes mit be-
mannten Ausguckkörben auf den drei Masten. Das Meer
ist schwarz gemalt. Auf Booten werden Menschen und
Geschenke gelandet. Die drei rechten Flügel sind durch
Wolken in wagerechte Streifen geteilt. Oben zieht sich
eine Architektur hin. Der Führer der Gesandtschaft sitzt
mit zwei Europäern in einem Pavillon, während in einem
verdeckten Gang Priester mit geschorenen Köpfen und
Kappen einhergehen. Ganz oben ist ein kleines Fenster,
aus dem zwei Figuren, wahrscheinlich Japaner, herabsehen.
Unter dieser Architektur, durch Wolkenstreifen getrennt,
ist der Aufzug des Gesandten mit Schirmträger, Begleitern
und farbigen barfüßigen und barhäuptigen Dienern. Es
werden Geschenke herbeigebracht, unter denen Stühle,
Kessel und Kisten erkennbar sind, die wenig europäisch
aussehen und wohl chinesisch sein dürften. Die Prozession
wird von zwei Jesuiten empfangen. Auf den im Relief
aufgetragenen Goldwolken ist in fortgesetzter Wiederholung
das Chrysanthemumwappen des Kaisers und das kaiser-
liche Blüten- und Blätterwappen der Polownia angebracht,
das ausschließlich Hideyoshi als besonderes Gunstzeichen
zur Benutzung verliehen war. Daher steht die Zeit der
Entstehung vor 1596 fest. — Die Gesichter der Jesuiten-
figuren sind später, zur Zeit der Christenverfolgungen,
weggekratzt, da selbst die Darstellung auf Bildern strafbar
sein konnte.
3. SechsteiligerWandschirm, ca. 1,62 m hoch und ca.
3,80 m lang, im Viktoria- und Albert-Museum zu London.
Ausgestellt im Raum 75 des Kupferstichkabinetts, Nr. 803
— 1892.
Ein Viermaster im Hafen, mit einem kleinen Boot an
der Landungsbrücke, ist portugiesisch, weil unter einem
Baume am Lande fünf Jesuiten in einer Reihe stehen, und
weil Ballen mit Kaufmannsgütern oder Geschenken ans
Ufer gebracht werden. Die Spanier kamen nicht — wie
wir oben sahen — als Kaufleute und wurden wegen ihrer
Freundschaft mit den anderen Orden nicht von den Jesuiten
erwartet. Die Malerei ist auf goldenem Grunde ausgeführt
und mit gewebter Seide ca. 4 cm breit eingefaßt.
4. Ein Paar sechsteilige Wandschirme, ca. 1,5 m hoch
und 3,7 m lang. Im Besitz von N. Yashiro in Kyoto.
(Photographie im Musee Guimet G. 3—6.)
Die Darstellung des einen Schirmes entspricht im
Großen und Ganzen genau der von Nr. 1 (Tafel XLII und
XLIII, Abb. 7), nur sind viele kleine Abweichungen in der

Einzelausführung vorhanden, z. B. werden die Schirme
etwas anders gehalten, der Spanier auf dem Elefanten hält
den Kopf im Profil. Die Stellungen, Kostüme und Ge-
sichter zeigen mehrfache Abweichungen. Besonders merk-
würdig sind europäisierte Architekturen.
Es dürfte sich um eine Wiederholung oder Nachbildung
von Nr. 1 handeln, allerdings in weniger guter Ausführung.
Von dem zweiten Wandschirm sind nur Abbildungen
der beiden rechten Flügel im Musee Guimet vorhanden.
Auf ihnen sehen wir oben einen christlichen Tempel mit
knienden Jesuiten vor dem Altar und darunter Mönche in
der Straße, begleitet von Japanern, die die Spanier be-
grüßen. Sehr sorgfältig sind die Auslagen in den Läden
an der Straße durchgeführt, die einzelnen Lackkästen,
Körbe usw. sind deutlich erkennbar. Wir können auf den
fehlenden vier linken Flügeln die Ankunft des Schiffes und
die Ausladung vermuten.
5. Sechsteiliger Wandschirm, ca. 1,70 m hoch und
3,30 m lang, im Besitz von Sato in Yamagata (Photo-
graphie im Musee Guimet B 1—3).
Dargestellt ist eine Prozession von Portugiesen in der
Straße, die von Jesuiten empfangen wird. Im Hintergründe
ist das Jesuiten-Kollegium.
6. Sechsteiliger Wandschirm, ca. 1,62 m hoch und ca.
3,80 m lang, im Toshodaiji-Kloster zu Nara (Photographie
im Musee Guimet C 1—3).
Links ist die Ankunft des Schiffes und die Ausladung
dargestellt. Damhirsche, Ziegen und andere Tiere werden
geführt, während Leoparden (?) und Vögel in Käfigen
niedergesetzt sind. Rechts ist das Jesuiten-Kolleg mit
Tempel. Auf der Straße befinden sich sechs Japaner und
Missionare. In der Luft ist eine kreisrunde Scheibe ge-
malt, die wahrscheinlich eine europäische Seekarte an-
deuten soll.
Eine Inschrift bezeichnet den Priester Kensho, ge-
storben 1677, als Stifter, aber sicher ist — nach Annahme
des Tokyo-Museums — die Malerei älter.
7. Ein Paar sechsteilige Wandschirme, ca. 1,65 m hoch
und ca. 3,85 m lang, im Besitz von M. Saiki in Yamagata.
Nach Angabe des Tokyo-Museums früher im Besitz
des Hotoji-Tempels in Yamagata, der unter dem Schutze
der dieses Gebiet beherrschenden Familie Mogami im
16. Jahrhundert in der Blüte stand. Angeblich soll der
letzte Nachkomme des Hauses, Mogami Yoshitoshi, der
1631 im Alter von 26 Jahren starb, der Maler aber wahr-
scheinlich der Stifter sein. Sicher ist das Bild etwas älter.
(Photographie im Musee Guimet D 1—3, 4—6.)
Über drei Flügel des Wandschirmes ist ein großes
europäisches Schiff gemalt. Ein Boot bringt Geschenke
an Land, wo Europäer die chinesischen Töpfe und Kasten
sorgfältig aufstellen. Auf dem zweiten Wandschirme wird
der Aufzug der Europäer von sechs Jesuiten in langen
schwarzen Mänteln und weißer Halskrause empfangen.
Auf den rechten Flügeln sitzen Japaner, auf der Straße
gehen japanische Träger mit Lasten und unter Bäumen
steht eine Gruppe japanischer Zuschauer.
Diese Malerei zeigt einen besonderen Stil. Während
sonst die ganze Fläche mit Figuren angefüllt ist, stehen
hier die Menschen einzeln oder in Gruppen im freien

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