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Grothe, Hugo [Bearb.]
Orientalisches Archiv: illustrierte Zeitschrift für Kunst, Kulturgeschichte u. Völkerkunde der Länder des Ostens — 2.1911/​1912

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Brepohl, Friedrich Wilhelm: Eine Freudenfeier im türkischen Heerlager zu Ofen am Ende des 16. Jahrhunderts
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https://doi.org/10.11588/diglit.69723#0096
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Eine Freudenfeier im türkischen Heerlager zu Ofen
am Ende des 16. Jahrhunderts.
Kulturgeschichtliche Studie von F. W. Brepohl-Wiesbaden.
(Mit einer Abbildung im Text.)

des
bil-
!ans
Lewenklaw von Amelbeuern über eine Freuden-
feier gelegentlich des Eintreffens der Gesandt-
schaft des „heiligen römischen Reiches deut-
scher Nation“ im türkischen Heerlager zu Ofen
am 5. September 1584 übermittelt hat. Die Ge-
sandtschaft, unter der Führung des Fürsten
Heinrich von Lichtenstein und des Erzherzogs
Matthias von Österreich stehend, war zum
Zwecke der Bestätigung des Friedens zwischen
dem Reich und dem Sultan der Türkei, im
August des Jahres 1584 von Wien, mit 5 Schiffen
donauabwärts abgereist und traf am 5. Sep-
tember in Ofen ein, wo sie von dem türkischen
Pascha von Ofen, Sinan, einem angeblich aus
Italien stammenden Renegaten, mit großen
Ehren empfangen wurde. Bei diesen Feierlich-
keiten fand eine Veranstaltung statt, die in vielen
Punkten an die Adeptenschaustellungen Indiens
erinnert, welche aber auch für die Beurteilung
der Freudenfeiern der siegreichen Türken nicht
ohne Bedeutung ist.
Lewenklaw beschreibt in seiner älteren latei-
nischen Chronik vom Jahre 1588 dieselbe mit
folgenden Worten:
„Primum magno populi concursu, tres habitu
Turcico praecedebant Zingani, quos Aegyptios
nonnulli, Arabes alij vocat. Horum medius tes-
tudinem, vsitatis maiorem, pulsabat: reliqui duo
duabus fidiculis, admodum stridulis, strepitum
faciebant; voce barbara Sultanorum Osmanidarum
res gestas, Omnibus ad hunc vsque Mutatem
ordine recensitis, accinebant.
Hos sequebantur tres limphatici robusti ho-
mines, caligis tatum induti, cetera, nudi; nisi
quod capitis vertex paruo pileolo rubro & hu-
meri nudi superiniecta deque collo pendente
pelle tigridis, exornabantur. Hi ad concentum
Zinganorum tripudiabant, tenentes singuli vexil-
lum Turcicum rubri coloris, cuius hastile intra


IJJJJin wichtiger Faktor zur Beurteilung
Lebens in den türkischen Heerlagern
det ein Bericht, den der Historiker F

cutem & abdomen ventris, emänante multo
sanguine defixum erat.“1
In der späteren deutschen Ausgabe seiner
Chronik führt Lewenklaw die Beschreibung der
Veranstaltung noch genauer durch, indem er
alle Einzelheiten des Aufzuges schildert, und fügt
eine Zeichnung desselben bei. Es heißt in dieser:
„Erstlich gingen vorher, durch eine große
Mening des Volks, so von allen Orten zusammen
gelaufen, drei Zigeuner, welche von etlichen für
Aegypter, von anderen für Arabier gehalten
werden, auf türkisch bekleidet. Der Mitler
unter diesen dreien schlug auf einer Lauten so
etwas größer, denn gewöhnliche Lauten; die
anderen beyde spielten ein jeder auf seiner klei-
nen Geigen, so einen scharfen unlieblichen Ton
gaben, und mit einer barbarischen Stimm' sangen
sie darein, was von den osmanischen Sultanen
verricht. Und theten in diesem Gesang sie alle
gar ordentlich nacheinander erzehlen und rüh-
men, sampt ihren ritterlichen Taten, bis auf den
gegenwärtigen Sultan Murat, dem dritten. Auff
diese drei Zigeuner folgte drei unsinnige, tolle,
starke Kerles, so nur Vngrisch oder Türkisch
Hosen, oder Gattie trugen sonst nackend am
ganzen Leib ausgenommen, daß man jenen die
Spitz des Kopffs mit einem runden, kleinen,
rothen Häublein bedeckt: vn gleichssfalls die
blosse Schulter mit einer umgehenkten, vn vom
Halss herab langenden Tigerhaut, umgeben vn
geziert. Gedachte Kerles tantzten nach de Sai-
tenspiel der Zigeuner derselben ein vnnd hatte
ein jederlicher ein rohten Türkischen Fahnen,
dessen Spieß oder Stang in der Haut, so mit
einem Messer eröffnet, vnd im Bauch steckte:
und man sähe viel Bluts heraus rinnen. Darauf
folgten zween jungen Buben, welche die Haut
1 Annales svltanorvm Otthmanidarvm a Tvrcis sva
lingva scripti.a Joanne Gandier dicto Spiegel, inter-
prete Turcico Germanico translati. Joannes Levnclavivs . ..
Latine redditos illustrativ & auxit . . . (Franciforti apud
Andreae Wechels heredes, claudium Mernium et Joannem
Aubrinm, MDLXXXIII, S. 166/7).

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