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Oxé, August
Frühgallische Reliefgefäße vom Rhein — Materialien zur römisch-germanischen Keramik, Band 6: Frankfurt/​M., 1934

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https://doi.org/10.11588/diglit.42776#0018
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4 —

sichere Merkmale der frühesten Exemplare sich in den Abbildungen nicht wiedergeben lassen, wie
z. B. der matte braunrote Farbüberzug sehr vieler Gefäße, der mehr ziegelrote Farbton der beiden
ganz frühen Stücke III 13 und XIII 55, die stark an die ‘belgische’ Ware erinnern, und der
etwas mürbe Ton und bröckliche Farbüberzug von III 12. V 16. 17. 20. 21 a. b.
Von den Randbildungen fällt besonders die von VIII 34 auf, weil hier der Rand durch
eine feine Hohlkehle, wie bei dem Halterner Service II, in zwei Hälften geteilt wird, von denen
die obere geriefelt, die untere glatt ist, ein Zeichen, daß damals die Randbildung noch nicht
normiert war; auch das Relief dieses Gefäßes zeigt einen frühen, unfertigen Stil. Einen glatten
Zonenteiler (ohne Riefelung) haben die frühen Stücke VI 22 ff. VII 30. 32. XIII 55. Auf letzterem
Gefäß und XII 54 a. b (of Acilti) fehlen sogar noch alle drei Perlstäbe, die sonst parallel zum
Zonenteiler angebracht sind. Wenn jedoch auf jüngeren Schüsseln zuweilen der obere Perlstab
fehlt, so kommt das daher, daß er, obwohl aus der Formschüssel abgedruckt, beim Ansetzen des
Randes auf der Drehscheibe über- und weggeschliffen wurde: vgl. Knorr Taf. 8 A. 22 C. 50
F. G. 76 C. 83 D. 85 C. 88 F. 89 G. M.
Eine Lateneform ähnlich der Reliefschüssel Drag. 29 mag, wie gesagt, schon früher in Gal-
lien im Gebrauch gewesen sein; die maßgebenden Vorbilder waren jedoch italische Sigillatagefäße
sowohl für die Formgebung wie für den Stil des Reliefs. Das zeigen die beiden Neußer Ateius-
Schüsseln Arret. XIII 57. 58, die ßar^ßA^S-Bruchstücke Arret. XV 65. FIV 259 und die Schüsseln
Arret. XIII 59 und 60, die frühgallischen Stücken zum Verwechseln ähnlich sehen. In der Auf-
teilung des ganzen Bildfeldes in zwei Zonen und in deren Reliefverzierung stehen die gallischen
Schüsseln sehr nahe auch den barocken, zweizonigen Kelchen des Ctl. Ateius Xanthus, wie z. B.
Arret. X 32. 34. XII (51) 52. XV 69. XIX 89. XXXVII 138. XXXVIII 139.

3. Das Relief.
Das Ringen des einheimischen gallischen Geschmackes mit den griechisch-römischen Kunst-
formen und der allmähliche Ausgleich zwischen beiden Anschauungen und Richtungen tritt noch
deutlicher in den Reliefdarstellungen der ältesten Gefäße als in den besprochenen drei Gefäß-
formen zu Tage. Die allerfrühesten gallischen Reliefgefäße in Sigillatatechnik zeigen einen ganz
merkwürdigen primitiven, noch unausgeglichenen Stil. Markante Beispiele sind die drei
Neußer Schüsseln V 20 und 21 a. b und Knorr Taf. 90 E sowie die beiden Baseler Schüsseln XII 48 a. b
und 54 a. b. Zu ihnen gesellt sich noch ein drittes Paar, die Nymweger Schüsseln, die J. Breuer,
Oudheidk. Mededeelingen 12, 1931 Taf. In. 13, veröffentlicht hat. Diese sechs Schüsseln mit
einem Relief halbbarbarischer Art unterscheiden sich von ihren Nachfolgern auch durch gewisse
Unvollkommenheiten in Ton, Brand und Firnis und gehören gleichsam zu den Inkunabeln der
frühgallischen Reliefkeramik.
Wir beschränken uns im folgenden darauf, von den übrigen Verzierungsmotiven der früh-
gallischen Reliefgefäße die wichtigsten hervorzuheben.
A. Die Darstellung der Ödipussage.
Das Relief des Mainzer Kelches IX 39 a—d ist der ebenso seltene und kühne, wie unvoll-
kommene und verschrobene Versuch eines frühgallischen Töpfers, in Nachahmung eines berühmten
arretinischen Reliefbildes zwei mehrfigurige Szenen darzustcllen. ln Wirklichkeit stehen hier
Dinge aus drei verschiedenen Kulturkreisen unvermittelt und spröde nebeneinander, das getreue
Abbild der damaligen provinzialen Mischkultur: die griechische Ödipussage, eine arretinische
Reliefgruppe aus dem Festzuge des Herakles und der Omphale, und ganz im gallischen Stil ge-
haltene Zeichnungen von Mensch, Tier und Baum. Als Vorbild diente dem gallischen Töpfer
oder Former bei der Herstellung der Formschüssel ein arretinischer Perentiius-Kelch, auf dem
die beiden Gespanne mit Herakles und Omphale den Mittelpunkt der Szene bildeten; in seiner
 
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