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Oxé, August
Frühgallische Reliefgefäße vom Rhein — Materialien zur römisch-germanischen Keramik, Band 6: Frankfurt/​M., 1934

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https://doi.org/10.11588/diglit.42776#0026
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12

Nicht nur denselben Eierstab, sondern auch dasselbe Blatt finden wir auf dem Hof-
heimer zylindrischen Napf, den Ritterling, Hofheim 2 Taf. XXVI 3 abbildet; auch dieses Gefäß
erweist sich damit als ein Bruder des Neußer Kelches. Es wird ein jüngerer Bruder sein. Da
nach Ritterling Hofheim 39/40 n. Chr. zum ersten Male besetzt wurde, wird der Hofheimer Napf,
der zweifellos zu den ältesten dort gefundenen Sigillaten gehört, kaum vor 35 n. Chr. hergestellt
sein; für die Neußer und die Bregenzer Kelche wird man damit auf die Zeit um 25—35 n. Chr.
verwiesen. Knorr S. 26 vermutet, daß sie um 20—30 n. Chr. hergestellt sind.
Der eigenartige Metopen-Fries aus Perlstäben, der ähnlich gestaltet auch auf den
Kelchen III 5. XV 61 64 den unteren Abschluß des Reliefs bildet, begegnet noch auf den
Bruchstücken eines ganz ähnlichen Kelches, die in Weisenau bei Mainz gefunden sind, abgebildet
bei Fremersdorf, Röm. Bildlampen 11. Die Form der beiden mitgefundenen Sigillatateller (mit
Viertelrundstab zwischen Rand und Boden) gibt jedoch, da sie längere Zeit im Gebrauch war,
keinen genaueren Anhalt für die Datierung.
Die Modellierung des Blattes ist von mehr gallischem als arretinischem Gepräge: hohe
Ränder und Rippen, dazwischen vertiefte Felder, nachgebildet einem Blatt auf dem Bargathes-
Napf Loeb XV 349. Dieses Blatt begegnet in viel gröberer, fast barbarischer Modellierung bereits
zur Zeit des primitiven Stiles (um 2011. Chr.) auf dem Neußer Schüsselfragment III 13; die harte
Modellierung des Blattes geht dort Hand in Hand mit der ungeschickten, harten Zeichnung der
flachen Rankenwelle und der Stiele. Ein Vergleich dieses Reliefs mit dem der Neußer und Bre-
genzer Kelche zeigt den großen Fortschritt vom primitiven zum ausgeglichenen Stil, der, jeder
Ueberladung feind, in seiner ersten Zeit durch eine anmutige Schlichtheit und Klarheit sich aus-
zeichnet. Das letzte Stadium in der Entwicklung der ‘flachen Wellenranke’ vertritt der Neußer
Napf IV 15; auf ihm erscheint dasselbe Blatt:, aber doppelt so lang und breit und umgeben von
drei verschiedenen langgestielten Früchten, der Uebergang zur mächtig gewölbten ‘hohen Ranke’.
Ferner begegnet dasselbe Blatt in der Größe wie auf den Neußer und Bregenzer Kelchen, wie
schon Knorr nachweist, auf einer Neußer und einer Mainzer Reliefschüssel (Knorr, Textb. 21
und Taf. 32 links unten). Die Mainzer Schüssel, die auch dasselbe Knotenmotiv zu haben scheint,
ist bereits ganz im Stil der hohen Rankenwelle verziert; sie trägt den Stempel FIRMO FEC. Und
endlich steht ein fast ganz gleiches Blatt zweimal am untern Bande des Mainzer Oedipuskelches
IX 39 c. d.
Für die Lösung der Frage, wann und wo der Neußer Kelch und seinesgleichen hergestellt
worden sind, kommen auch alle Reliefgefäße, die mit andern, aber ähnlich modellierten Blättern
verziert sind, in Betracht. Auf den Neußer und Bregenzer Kelchen III 5 und XIV 58 ist es noch
ein dreizipfliges Traubenblatt, auf dem Mainzer Oedipuskelch IX 39 noch zwei merkwürdig verbogene
Gegenstücke. Töpfer, die derartig modelliertes Blattwerk verwenden, sind nach Knorrs Textbild 8
(S. 17) Baibus, Firmo, Maccams und Senicio, alles Töpfer, die nach Knorr (S. 6 u. 7) um 25
oder 30 n. Chr. ihren Betrieb eröffneten.
Zum Schluß ist noch einer Eigentümlichkeit des Reliefs des Neußer Kelches zu gedenken,
die gleichfalls für die Bestimmung seiner Zeit und Herkunft in Betracht kommt: der ‘Teilungs-
punkte’, die in der Formschüssel angelegt wurden, um das eigentliche Bildfeld gleichmäßig auf-
zuteilen, und die als Streuornamente stehen blieben. Sie haben die Form von einfachen Punkten
oder Rosetten. Solche Teilungspunkte finden sich auf den Neußer und Bregenzer Kelchen III 5. 6.
VII 31 u. 32. XII 48. XIII 55. XIV 58—60. XVII 70. Knorr Taf. 6 A. n A. i4 A. 15 G (vgl. 6 A).
21 C. 4o E. 4g A. 60 A. 71 B. 75 A. 78 A. 79 B. 88 D. 91 A. F.
Tafel I 2. Neuß. Kelch, stark ergänzt. Farbüberzug matt braunrot. H. 13,5 cm, Dm. 19 cm.
F. 0. Selssche Ziegelei. Museum Neuß. — Koenen, Bonn. Jahrb. 101, 1897 Taf. I. Behn, Röm.
Keram. Nr. 1055. Knorr Taf. 4i G.
Der Rand ist unten von einer Hohlkehle begrenzt. Über dem Eierstab ein feiner Perl-
stab, derselbe, der für die drei gekreuzten Stäbe im Bildfelde und für den unteren Abschluß des
Bildfeldes benutzt ist; kenntlich daran, daß er an einer Stelle immer dieselbe Beschädigung auf-
 
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