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LEOPOLD GRAF VON KALCKREUTH, FRAU MIT KÜHEN (SKIZZE)

DICHTER UND TOD

O Tod, du fahler Geselle
mit blutleerem Herz und Gebein,
du dürftiges Knochengestelle,
was trittst du auf meine Schwelle,
was stellst du so früh dich ein?

Was willst du mich jetzt schon holen
zu deinem gewaltigen Trofs?
Was schleichst du auf korkenen Sohlen
und kuppelst vorm Hause das Fohlen
an dein schwarznächtiges Rofs?

O Tod, du fahler Geselle,

erbärmliches Knochengerüst,

ich weiche noch nicht von der Stelle —

zurück von meiner Schwelle!

Lafs sehn, wer der Stärkere ist!

„Hübsch artig, mein Freund, und bescheiden!
Ich denke, wir kennen uns schon:
stand manchmal dir liebend zuseiten
in deinen tiefirdischen Leiden,
wenn Glück und Gesundheit dich fiohn.

„Wenn Alles dich hatte verlassen,
so war ich befruchtend bei dir:
Ich lieh dir mein glühendes Hassen,
ich lehrte den Gram dich verprassen,
ich machte den Riesen aus dir.

„Auch heute nur kam ich geritten,
gedenkend der rastlosen Zeit —
auch heute nur will ich dich bitten
beim Grässlichsten was du gelitten:
gedenke, dafs mir du geweiht!

„Und nütze die Zeit, die von hinnen

rollt, ein nie ruhendes Rad:

Lafs ab von dem frevlen Beginnen,

aufs „Leben" dich jetzt zu besinnen:

was den Tod dir versüfst, ist — die That!

Ludwig Scharf

C 136 B
 
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