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Der Ochsenwirt zu Schafbach hatte ein Preis-
kegeln ausgeschrieben. „Erster Preis: eine goldene
Uhr, zweiter Preis: ein Regulateur, dritter Preis: ein
Revolver."

Er hatte damit die ganze Gegend in Aufruhr
gebracht. So hohe Preise, das war ja unerhört!
Allerdings war auch der Einsatz ziemlich hoch.
Aber das war ja natürlich. —

Der Ochsenwirt lachte sich ins Fäustchen. Er
hatte es gut gemacht diesmal. Die ganze Woche
war sein Lokal jeden Abend gestopft voll. Jeder
wollte die Preise sehen. Es war ja nicht zu glauben,
so hohe Preise! Und erst am Sonntag! Da wars
ein Geschäft! Von Latzenbach kamen sie, von
Werden, von Bellenbach, von Sundsbach, ja von
Hatzbach, ganz drüben hinterm Gebirge, und von
Weilau und Buchenau, ganz drunten im Thal, fünf,
sechs Stunden Wegs.

Er hatte es dem Sternwirt zum Aerger gethan.
Darüber konnte der nicht. Es war für die Pflngst-
musik, die der ihm abgespannt hatte.

„Dem hewwe mer emol — ha, ha, ha! —

E Schoppe noch, Hannes? — un Sie auch noch
an, Herr Nochber? — Na — un sein Se de Sunn-
dag aach debei? — Die schön guldenig Uhr! —
Do gucke Se nor emol! — — —

Prost! bekumms Ihne!" —■

Es war erst Mittwoch heut, aber der Ochsen-
wirt animierte schon tüchtig. Er war ein Ge-
schäftsmann. „Wann mer Wert is, mufs mer
Wert sein!" war sein Wort. Und darin lag ihm
alle Klugheit und Geschicklichkeit, alle List und
Verschmitztheit als Recht und Sinn des Lebens.

Eins war dumm, dafs ihm jetzt grad — es war
am Donnerstag Nachmittag — seine „Alte" ins
Kindbett kommen mufste. — Wer, Deiwel, sollte
die Arbeit all schaffen am Sonntag! Da hiefs es
Beine machen, — unter Umständen auch Fäuste.
Vor allen Dingen aber: Hand zu und Augen auf! —

Aber der Peter Knoll war ein Geschäftsmann.
„Wann mer Wert is, mufs mer Wert sein!"

Er liefs ausschellen und ins „Kreisblättchen"
setzen, dafs das Kegeln auf den Sonntag drauf ver-
schoben sei — „auf Wunsch vieler Kegler aus
Schaf bach und Umgegend" — und dafs die Preise
im grofsen Saal „zum Ochsen" ausgestellt blieben.

Das gab Aerger. Das vermehrte aber auch die
Hitze. Jeder war jetzt ungeduldig. Der Ochsen-
wirt wufste das, er verstand sein Geschäft. Er
kannte aber auch seine Leute. Jeder hatte ja in
Gedanken schon die goldne Uhr in der Tasche —
oder den Regulateur an der Wand — oder wenig-
stens knallte er schon mit dem Revolver.

Der Ochsenwirt hatte so noch einmal am Sonn-
tag ein vollbesetztes Lokal und das Haus „voll
Disput", wobei er tapfer ausschenken konnte. Er
hatte „seinen Schnitt" bereits gemacht. „Ja, das
Geschäft mufs man verstehen!" Er hatte beinahe
die Preise schon wieder verdient. Denn wieder
waren sie gekommen, von Latzenbach und Werden,
von Beilenbach und Sundsbach, ja von Hatzbach,
von Weilau und Buchenau sogar. Es war ja „was
Unerhörtes", kaum zu glauben. So hohe Preise! —

Man hatte „das Kreisblättchen" dreimal durch-
studiert und jedem Schellen genau zugehört, obs
nicht wieder eine Verschiebung gegeben habe.

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