der geschilderten Zustände noch frappanter wird. Man
braucht nicht Interesse zu nehmen an dem Künstler Was-
mann selbst und seinen Schicksalen. Allein das Stückchen
Kulturgeschichte, das dem Leser in dieser Lebensbeschreibung
zu neuem Leben erwacht, lohnt reichlich die Lektüre des
Buches, das man wie einen Roman mit Spannung bis zu
Ende liest.
Wasmann wurde 1805 in Hamburg geboren. Seine
Kinderjahre fallen mit der Hamburger Franzosenzeit zu-
sammen, deren Erinnerungen in bunten Bildern aufsteigen.
Nach kurzem Studium in Dresden bringt er ein Jahr in
Hamburg und zwei in München zu, um dann eines drohenden
Brustleidens halber die rauhe Luft der bayrischen Hochebene
zuerst mit dem milden Südtyrol, das ihn damals schon durch
die Art des Landes und der Leute gefangen nahm, und bald
darauf mit Rom zu vertauschen, lieber vier Jahre verbrachte
er in Italien und kehrte als Konvertit nach Deutschland zu-
rück, geht nach kurzem Aufenthalt in München wieder nach
Süd-Tyrol und findet dort nicht allein Milderung und Heilung
seines Brustleidens, sondern eine, wenn auch sehr bescheidene,
so doch ausreichende Existenz als Porträtmaler und -Zeichner.
Trotzdem vertauscht er noch einmal seinen Wohnsitz auf
einige Jahre mit Hamburg, kehrt aber im Jahre 1846 mit
der jungen Gattin, die er sich dort geholt, wieder nach
Meran zurück, um für immer dort zu bleiben, wo er bis zu
seinem Tode in den denkbar einfachsten Verhältnissen, als
Heiligenmaler und Zeichenlehrer thätig, wohnte. Nur von
einem ganz kurzen Besuch in Hamburg (1849) hören wir
noch in dem Tagebuche, das mit diesem schliefst. In einem
kurzen Epilog, Personal- und Ortsnotiz enthaltend, klingt es
aus. „Hier enden die Aufzeichnungen Wasmanns; er starb
am 10. Mai 1886 in Meran."
Dies ist in den allerkürzesten Zügen das curriculum vitae
des Künstlers, der nicht etwa, wie man zuerst anzunehmen
geneigt ist, allein durch Krankheit und Not verhindert wurde,
das grofse Ziel zu erreichen, das die vorliegenden Arbeiten
verheifsen. Der Grund, weshalb er künstlerisch nicht über
seine Jugendarbeiten hinauskam und weshalb seinen Namen
nicht der Ruhm begleitete, den er mehr wie manche,
die ihn ernteten, verdiente, wird einem bei der Lektüre
des Buches vollkommen klar. Der ganze Wasmann ist
geradezu typisch für die Generation vom Jahre i8zo in
Deutschland, in der die romantische Bewegung ausklang.
Aesthetisch und ebenso ethisch hochentwickelt, fehlen seiner
allzuzart besaiteten Natur doch die Ellenbogen, um sich
Geltung zu verschaffen. Die Anlagen seines Ehrgeizes sind
schwach entwickelt. Die religiöse Bewegung, die künstle-
risch jenen Jahren in Deutschland geradezu das Gepräge giebt,
fafst ihn und macht aus dem „Goethianer", wie er sich in
späteren Jahren nicht ohne gewissen reuigen Beigeschmack
nennt, einen Romantiker und schliefslich nach seinerKon version
einen strenggläubigen Katholiken. Doch bedeutete dies bei
ihm nicht, wie bei vielen andern, ein Mittel, um sich aus
der nüchternen Alltagswelt künstlich in die Phantastik des
Mittelalters zurück zu versetzen, sondern ihm wird die Ab-
wendung von allem Irdischen, Sinnlichen allmählich buch-
stäblicher Ernst. Interessant ist das zu beobachten, wie
dieses lebensfeindliche Prinzip in ihm mit seiner im Grunde
gesunden und sinnenfreudigen Natur kämpft und schliefslich
die Oberhand gewinnt.
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FR. WASMANN, PORTKATZEICHNUNG
FR, WASMANN, PORTRÄTZEICHNUNG
G 254 3
braucht nicht Interesse zu nehmen an dem Künstler Was-
mann selbst und seinen Schicksalen. Allein das Stückchen
Kulturgeschichte, das dem Leser in dieser Lebensbeschreibung
zu neuem Leben erwacht, lohnt reichlich die Lektüre des
Buches, das man wie einen Roman mit Spannung bis zu
Ende liest.
Wasmann wurde 1805 in Hamburg geboren. Seine
Kinderjahre fallen mit der Hamburger Franzosenzeit zu-
sammen, deren Erinnerungen in bunten Bildern aufsteigen.
Nach kurzem Studium in Dresden bringt er ein Jahr in
Hamburg und zwei in München zu, um dann eines drohenden
Brustleidens halber die rauhe Luft der bayrischen Hochebene
zuerst mit dem milden Südtyrol, das ihn damals schon durch
die Art des Landes und der Leute gefangen nahm, und bald
darauf mit Rom zu vertauschen, lieber vier Jahre verbrachte
er in Italien und kehrte als Konvertit nach Deutschland zu-
rück, geht nach kurzem Aufenthalt in München wieder nach
Süd-Tyrol und findet dort nicht allein Milderung und Heilung
seines Brustleidens, sondern eine, wenn auch sehr bescheidene,
so doch ausreichende Existenz als Porträtmaler und -Zeichner.
Trotzdem vertauscht er noch einmal seinen Wohnsitz auf
einige Jahre mit Hamburg, kehrt aber im Jahre 1846 mit
der jungen Gattin, die er sich dort geholt, wieder nach
Meran zurück, um für immer dort zu bleiben, wo er bis zu
seinem Tode in den denkbar einfachsten Verhältnissen, als
Heiligenmaler und Zeichenlehrer thätig, wohnte. Nur von
einem ganz kurzen Besuch in Hamburg (1849) hören wir
noch in dem Tagebuche, das mit diesem schliefst. In einem
kurzen Epilog, Personal- und Ortsnotiz enthaltend, klingt es
aus. „Hier enden die Aufzeichnungen Wasmanns; er starb
am 10. Mai 1886 in Meran."
Dies ist in den allerkürzesten Zügen das curriculum vitae
des Künstlers, der nicht etwa, wie man zuerst anzunehmen
geneigt ist, allein durch Krankheit und Not verhindert wurde,
das grofse Ziel zu erreichen, das die vorliegenden Arbeiten
verheifsen. Der Grund, weshalb er künstlerisch nicht über
seine Jugendarbeiten hinauskam und weshalb seinen Namen
nicht der Ruhm begleitete, den er mehr wie manche,
die ihn ernteten, verdiente, wird einem bei der Lektüre
des Buches vollkommen klar. Der ganze Wasmann ist
geradezu typisch für die Generation vom Jahre i8zo in
Deutschland, in der die romantische Bewegung ausklang.
Aesthetisch und ebenso ethisch hochentwickelt, fehlen seiner
allzuzart besaiteten Natur doch die Ellenbogen, um sich
Geltung zu verschaffen. Die Anlagen seines Ehrgeizes sind
schwach entwickelt. Die religiöse Bewegung, die künstle-
risch jenen Jahren in Deutschland geradezu das Gepräge giebt,
fafst ihn und macht aus dem „Goethianer", wie er sich in
späteren Jahren nicht ohne gewissen reuigen Beigeschmack
nennt, einen Romantiker und schliefslich nach seinerKon version
einen strenggläubigen Katholiken. Doch bedeutete dies bei
ihm nicht, wie bei vielen andern, ein Mittel, um sich aus
der nüchternen Alltagswelt künstlich in die Phantastik des
Mittelalters zurück zu versetzen, sondern ihm wird die Ab-
wendung von allem Irdischen, Sinnlichen allmählich buch-
stäblicher Ernst. Interessant ist das zu beobachten, wie
dieses lebensfeindliche Prinzip in ihm mit seiner im Grunde
gesunden und sinnenfreudigen Natur kämpft und schliefslich
die Oberhand gewinnt.
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