Schönheit und Glück waren lange auf Erden, ehe ein
Glaube an irgendwelche Gottheiten bestand und wenn morgen
kein Mensch mehr an eine Göttlichkeit glauben würde,
Glück und Schönheit würden deshalb doch bestehen bleiben.
Wir haben mit einer gewissen Unüberlegtheit das Ent-
stehen der Tempel und der Kathedralen allzu ausschliefslich
dem Einflufs der Religionen zugeschrieben. Man wird hie-
von abkommen müssen im Hinblick auf die geschichtlichen
Thatsachen, die den Beweis erbringen, dafs sowohl Tempel
als Kathedrale keineswegs nur aus Kulturbedürfnissen heraus
entstanden, sowie im Hinblick auf die philosophische Er-
kenntnis, die den Beweis giebt, dafs auch die verschiedenen
Glaubensentwicklungen selbst aus dem Bedürfnis nach Glück
und Schönheit hervorgegangen sind.
Ich sehe in den Kathedralen ebensowenig den christlichen
Gedanken, wie in den griechischen Tempelresten die hellenische
Glaubenswelt oder etwa den sozialistischen Gedanken in den
Bauwerken, die ihm gewidmet sind; oberflächliche Be-
obachter finden hier überall Glaubenszwecke, ich lese aus
allem immer nur: Gedankenarbeit und Geistesrichtung.
Im modernen Leben kommt beides am sichtbarsten zum
Ausdruck nur in den Arbeiterheimstätten. An sich aber wird
der Sozialismus noch weniger Einflufs auf unsere Baukunst
ausüben, als der christliche Glaube einst auf die wunderbare
gotische Kunst.
Das Neuerwachen der Kunst zur Zeit entspricht einem
Aufschwung des Geistes und des Herzens. Es ist ein Auf-
schwung zur Verwirklichung der erworbenen Erkenntnisse
und zur Bethätigung der erst jetzt uns zu freier Verfügung
gewordenen Materien.
Beides mufste notwendigerweise eine Neugestaltung aller
Ausdrucksmittel der Kunst zur Folge haben. Das kann
natürlich nicht so weit gehen, dafs man dabei völlig mit
den alten Ueberlieferungen bricht. Ich sehe keinen Grund
für eine so gänzliche Umordnung der Dinge.
Saft und Kraft der Schönheit quillt wieder auf, da wir
plötzlich entdeckt haben, dafs sie keineswegs verdorrt
war, sondern dafs ihre Lebenskraft ewig unzerstörbar ist
und immer aufs neue Blüten zu treiben vermag. Es war
naiv, auf irgendetwas von aufsen her zu warten und zu glauben,
es bedürfe einer neuen Religion, um die Kunst neu zu er-
wecken. Und wie hat man uns gequält und ermüdet, etwas
zu erwarten, dafs doch nicht kam und nicht kommen konnte.
Und in der That, das einstige Kunstideal ist überwunden.
Es ist in unseren Museen einbalsamiert und erfüllt alle, die
nach wahrem Leben trunken sind, mit Schmerz, da ihnen so
viele unbestreitbar erste und grofse Meisterwerke kein volles
Genügen zu schaffen mehr im stände sind.
Sie gehen in die Museen, wie wenn sie auf einen Friedhof
gingen. Sie wissen voraus, dafs sie weder gröfser noch ge-
stärkter zurückkommen -werden; aber sie pilgern durch alle
Museen der Welt, weil sie auch für die abgestorbenen Blüten
der Schönheit noch Verehrung empfinden.
Eines hilft zur Erkenntnis des andern. Man lernt von
dem dort Aufbewahrten ein Verständnis für das unter unsern
Augen Werdende, gleichviel auf welchem Gebiete der mensch-
lichen Fähigkeit es auch sei.
Die Schönheit hat über jede Thätigkeit Macht. Ueber
die niedrigste wie über die höchste. Die Schönheit zieht
alle Bethätigungen, alle früher unbekannten Produktionen in
ihren Kreis. Sie durchdringt sie, bildet sich mit ihnen um,
sie verkörpert oder vergeistigt sich in ihnen, je nachdem es sich
um ein Werk unserer Hände oder unseres Kopfes handelt.
Jene lebens- und schönheitsdurstigen Seelen hoffen auf
Grund dieser alles durchdringenden Macht der Schönheit auf
eine der ihrigen gleiche Entwicklung der ganzen Menschheit,
sobald diese nur erst zum Bewufstsein ihrer selbst gekommen
sein wird, und hoffen auf eine unerschöpfliche Ernte aus all
den Bruchstücken der Schönheit, die jede wissenschaftliche
Entdeckung, jede neue Anwendung auf das praktische Leben
in sich trägt.
Sie beobachten sie überall mit Genugthuung oder mit
Sorge, je nachdem sie aufknospen und sich weiterbilden
oder untergehen, und erfreuen sich so an dem ewigen
Keimen und Spriefsen der Schönheit, das durch unsere
Bedürfnisse, durch unsern Wunsch nach einem mög-
lichst vollkommenen ungestörten Leben und Denken
immer aufs neue geweckt wird.
Glaube an irgendwelche Gottheiten bestand und wenn morgen
kein Mensch mehr an eine Göttlichkeit glauben würde,
Glück und Schönheit würden deshalb doch bestehen bleiben.
Wir haben mit einer gewissen Unüberlegtheit das Ent-
stehen der Tempel und der Kathedralen allzu ausschliefslich
dem Einflufs der Religionen zugeschrieben. Man wird hie-
von abkommen müssen im Hinblick auf die geschichtlichen
Thatsachen, die den Beweis erbringen, dafs sowohl Tempel
als Kathedrale keineswegs nur aus Kulturbedürfnissen heraus
entstanden, sowie im Hinblick auf die philosophische Er-
kenntnis, die den Beweis giebt, dafs auch die verschiedenen
Glaubensentwicklungen selbst aus dem Bedürfnis nach Glück
und Schönheit hervorgegangen sind.
Ich sehe in den Kathedralen ebensowenig den christlichen
Gedanken, wie in den griechischen Tempelresten die hellenische
Glaubenswelt oder etwa den sozialistischen Gedanken in den
Bauwerken, die ihm gewidmet sind; oberflächliche Be-
obachter finden hier überall Glaubenszwecke, ich lese aus
allem immer nur: Gedankenarbeit und Geistesrichtung.
Im modernen Leben kommt beides am sichtbarsten zum
Ausdruck nur in den Arbeiterheimstätten. An sich aber wird
der Sozialismus noch weniger Einflufs auf unsere Baukunst
ausüben, als der christliche Glaube einst auf die wunderbare
gotische Kunst.
Das Neuerwachen der Kunst zur Zeit entspricht einem
Aufschwung des Geistes und des Herzens. Es ist ein Auf-
schwung zur Verwirklichung der erworbenen Erkenntnisse
und zur Bethätigung der erst jetzt uns zu freier Verfügung
gewordenen Materien.
Beides mufste notwendigerweise eine Neugestaltung aller
Ausdrucksmittel der Kunst zur Folge haben. Das kann
natürlich nicht so weit gehen, dafs man dabei völlig mit
den alten Ueberlieferungen bricht. Ich sehe keinen Grund
für eine so gänzliche Umordnung der Dinge.
Saft und Kraft der Schönheit quillt wieder auf, da wir
plötzlich entdeckt haben, dafs sie keineswegs verdorrt
war, sondern dafs ihre Lebenskraft ewig unzerstörbar ist
und immer aufs neue Blüten zu treiben vermag. Es war
naiv, auf irgendetwas von aufsen her zu warten und zu glauben,
es bedürfe einer neuen Religion, um die Kunst neu zu er-
wecken. Und wie hat man uns gequält und ermüdet, etwas
zu erwarten, dafs doch nicht kam und nicht kommen konnte.
Und in der That, das einstige Kunstideal ist überwunden.
Es ist in unseren Museen einbalsamiert und erfüllt alle, die
nach wahrem Leben trunken sind, mit Schmerz, da ihnen so
viele unbestreitbar erste und grofse Meisterwerke kein volles
Genügen zu schaffen mehr im stände sind.
Sie gehen in die Museen, wie wenn sie auf einen Friedhof
gingen. Sie wissen voraus, dafs sie weder gröfser noch ge-
stärkter zurückkommen -werden; aber sie pilgern durch alle
Museen der Welt, weil sie auch für die abgestorbenen Blüten
der Schönheit noch Verehrung empfinden.
Eines hilft zur Erkenntnis des andern. Man lernt von
dem dort Aufbewahrten ein Verständnis für das unter unsern
Augen Werdende, gleichviel auf welchem Gebiete der mensch-
lichen Fähigkeit es auch sei.
Die Schönheit hat über jede Thätigkeit Macht. Ueber
die niedrigste wie über die höchste. Die Schönheit zieht
alle Bethätigungen, alle früher unbekannten Produktionen in
ihren Kreis. Sie durchdringt sie, bildet sich mit ihnen um,
sie verkörpert oder vergeistigt sich in ihnen, je nachdem es sich
um ein Werk unserer Hände oder unseres Kopfes handelt.
Jene lebens- und schönheitsdurstigen Seelen hoffen auf
Grund dieser alles durchdringenden Macht der Schönheit auf
eine der ihrigen gleiche Entwicklung der ganzen Menschheit,
sobald diese nur erst zum Bewufstsein ihrer selbst gekommen
sein wird, und hoffen auf eine unerschöpfliche Ernte aus all
den Bruchstücken der Schönheit, die jede wissenschaftliche
Entdeckung, jede neue Anwendung auf das praktische Leben
in sich trägt.
Sie beobachten sie überall mit Genugthuung oder mit
Sorge, je nachdem sie aufknospen und sich weiterbilden
oder untergehen, und erfreuen sich so an dem ewigen
Keimen und Spriefsen der Schönheit, das durch unsere
Bedürfnisse, durch unsern Wunsch nach einem mög-
lichst vollkommenen ungestörten Leben und Denken
immer aufs neue geweckt wird.