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Panofsky, Erwin; Michelangelo; Michelangelo [Editor]
Handzeichnungen Michelangelos — Bibliothek der Kunstgeschichte, Band 34: Leipzig: Verlag von E. A. Seemann, 1922

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https://doi.org/10.11588/diglit.50964#0030
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und bis zu seinem Ende hat Michelangelo diejenige
Technik verschmäht, mit welcher der Barock die wirk-
lich „malerische“ Auflösung der festen Form in Licht
und Luft erreichte: die Technik der Lavierung oder
gar der reinen Pinselzeichnung. Auch als Zeichner steht
Michelangelo ebenso außerhalb der „Klassik“ als außer-
halb des Barock— und die wundervolle Verkündigungs-
Zeichnung in Oxford, die zu den allerletzten seiner
Hand gehört, zeigt noch einmal, wie sehr auch der fast
entmaterialisierte Stil seiner Spätzeit der Stil eines
Plastikers ist.

BEMERKUNGEN ZU DEN ABBILDUNGEN
(Die Maßangaben größtenteils nach Frey, das Höhenmaß vorangestellt)
1. Petrus, den Stater darreichend. Federzeichnung über Rötel, 39,5 X
19,7, München, Kupferstiebkabinett; Th. 380, Fr. II, Ber. 1544. Das Blatt, wühl
kurz nach 1490 entstanden, ist nach Masaccios Fresko in S.M. del Carmine kopiert,
wie sich der jugendliche Michelangelo überhaupt viel weniger durch die zeitgenössi-
schen Künstler, als durch die großen Meister der Vergangenheit (Giotto, Masaccio,
Donatello) beeinflussen ließ — es sei denn, daß sie, wie seine Lehrer Ghirlandaio
und Bertoldo, die ältere Tradition unmittelbar weiterführten.
2. Die hl. Anna selbdritt. Federzeichnung, 25,4X17, Oxford, Univ.
Galleries; Th. 406, Fr. —, Ber. 1561, zwischen 1501 und 1504. In dieser Zeich-
nung schließt sich Michelangelo, aber nunmehr in viel freiererWeise als in den
jugendlichen Kopien nach Masaccio, Giotto usw. an Lionardo da Vinci an, dessen
berühmter Karton seit 1501 im Servitenkloster von S. M. Annunziata zu sehen
war (die Emanzipation von diesem Vorbild vollzieht sich in dem späteren Blatt
Th. 461, Fr. 27, Ber. 1579). Auch die Skizzen der Rückseite — besonders ein
langgelockter Jünglingskopf und ein Rückenakt, der etwa mit einer Studie Lionardos
in Windsor, abgebildet u. a. bei v. Seidlitz, Lionardo da Vinci, 1909, I, S. 3II,
zu vergleichen wäre — bezeugen die Beschäftigung mit der Lionardesken Kunst, so
daß kein Grund vorliegt, zwischen Vorder- und Rückseite unserer Zeichnung einen
erheblichen Zeitabstand anzunehmen. Überhaupt besteht zwischen der zeichnerischen
Technik der beiden Künstler eine gewisse Verwandtschaft: auch bei Lionardo findet
sich oft ein fester Kontur mit unlinearer Innenmodellierung vereinigt, nur daß diese
Innenmodellierung nicht durch die für Michelangelo so bezeichnenden Kreuzlagen,
sondern durch dichte Parallelschraffur bewirkt wird.
3. Detailskizze für den Schlacbtkarton. Schwarze Kreide, 18,1X14,
Oxford, Univ. Galleries; Th. 403, Fr. 201 a, Ber. 1559. Entstanden 1504—1505.
Der Auftrag auf eine Darstellung der Schlacht bei Cascina (für den großen Saal

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