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Zeitschrift für Pathopsychologie — Leipzig, 1.1912

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Erstes Heft
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https://doi.org/10.11588/diglit.2776#0189
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Versuch zu einer Darstellung u. Kritik der FKEUDschen Neurosenlehre. 185

schrieben werden können, ist es notwendig, bei der Kausalerklärung
diese Vorstellungen als ein Glied in die Relationenkette einzusetzen.
Dabei ist das Problem bei der Wendung in das psychogene Gebiet von
der Frage nach, der »psychischen Kausalität« und ihrem Rangver-
hältnis zum physiologischen Tatsachenbereich wohltuend freigehalten.
4. [»Charcot.« Wiener Medizinische Wochenschrift Nr. 37,1893!.]
— Als am 16. August 1893 Charcot starb, schrieb Freud einen
Nachruf für den Meister, dessen persönlicher Schüler er in den
Jahren 1885/86 gewesen war. Ist auch der Hauptinhalt dieses Auf-
satzes eine pietätvolle Würdigung der Lebensarbeit des großen
Mannes, so ist er teilweise doch auch für die Gedankenentwicklung,
die wir hier verfolgen, von besonderem Interesse, denn er soll auch,
wie Fbeud selbst sagt, »den Punkt hervorheben, an welchem die
eigene Arbeit von der des Meisters abzweigt«2. »Für einen ganz
unbefangenen Beobachter hätte sich (zur Erkennung des Wesens der
Hysterie) folgende Anknüpfung dargeboten : Wenn ich einen Menschen
in einem Zustande finde, der alle Zeichen eines schmerzhaften Affektes
trägt, so liegt mir der Schluß nahe, einen seelischen Vorgang in
diesem Menschen zu vermuten, dessen berechtigte Äußerungen jene
körperlichen Phänomene sind. Der Gesunde wäre dann imstande
mitzuteilen, welcher Eindruck ihn peinigt, der Hysterische würde
antworten, er wisse es nicht, und das Problem wäre sofort gegeben,
woher es komme, daß der hysterische einem Affekt unterliegt, von
dessen Veranlassung er nichts zu wissen behauptet. Hält man nun
an seinem Schlüsse fest, daß ein entsprechender Vor-
gang vorhanden sein müsse3, und schenkt dabei doch der Be-
hauptung des Kranken Glauben, der denselben verleugnet, sammelt
man die vielfachen Anzeichen, aus denen hervorgeht, daß der Kranke
sich so benimmt, als wüßte er doch darum, forscht man in der
Lebensgeschichte des Kranken nach und findet in derselben einen
Anlaß, ein Trauma, welches geeignet ist, gerade solche Affektäuße-
rungen zu erzeugen, so drängt dies alles zu der Lösung, daß der
Kranke sich in einem besonderen Seelenzustande befinde, in dem
das Band des Zusammenhanges nicht mehr alle Eindrücke oder Er-

1 Wiederabgedruckt in den Kl. Sehr. I, S. Iff.

2 Vorwort zu den Kl. Sehr. I.

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