Zur Phänomenologie u. Morphologie d. path. Wahrnehmungstäuschungen. 23
Hören ein bestimmtes Etwas gegeben, das Niederschießen einer
Kirche. Daß ihm gerade dies gegeben ist, eben das Schießen nach
einem bestimmten Gegenstand, einer Kirche, das mag gern bestimmt
sein durch die zufallige Wahrnehmung derselben. Würde er draußen
auf dem Felde etwas anderes gesehen haben, z. B. einen Luftballon,
so wäre ihm im Hören wahrscheinlich das Schießen nach diesem
Gegenstand gegeben. Aber das ist ja ganz unwesentlich, ob er sieht,
wie ein Haus oder ein Ballon niedergeschossen wird. Wir müssen
also sagen, unser Halluzinant macht eine Wahrnehmung, er vernimmt
im Hören ein Niederschießen, und das, was er darin vernimmt, geht
ihm zu durch eine andere Sinnesfunktion. Wir dürfen kurz sagen,
unser Halluzinant sieht, was er hört. Damit ist die Reflex-
halluzination zurückgeführt auf einen Zusammenhang der Funktionen,
wie er für die natürliche Wahrnehmung gilt.
Dasselbe, was sich hier bei den Reflexhalluzinationen zeigt, tritt
eudlich wiederum in Erscheinung bei jenen Phänomenen, die man als
Gedankenlautwerden und Doppeldenken bezeichnet hat.
3. Gedankenlautwerden.
Meynert und ihm folgend Störring haben mit Recht hervor-
gehoben, daß ein wahnhaftes und halluzinatorisches Gedankenlaut-
werden unterschieden werden müsse. Von einem echten halluzi-
natorischen Lautwerden der Gedanken darf man in einem solchen
Fall sprechen, wo jemand eine Stimme hört, die ihm das, was er
denkt, zuruft. Ein Beispiel dafür entnehmen wir der Arbeit von
Cramer1. Cramer beschreibt einen Geistlichen, der Stimmen hört,
die ihm laut in die Ohren rufen, dies und jenes erzählen, »als ob sie
vergangene Erlebnisse besprächen, aber nur dann, wenn man daran
denkt. Sie sprechen die fortschreitende Gedanken- und Herzens-
geschichte jedes Tages richtig aus, mit der Wirklichkeit und Ver-
gangenheit auf das wahrhaftigste übereinstimmend«.
Der Geistliche hört also eine Stimme, die ihm die vergangenen
Erlebnisse erzählt, an die er gerade denkt. Dabei ist der Tatbestand,
wie aus seinen Aufzeichnungen hervorgeht, nicht so, als wenn er es
1 Cramer, Die Halluzinationen im Muskelsinn bei Geisteskranken und ihre
klinische Bedeutung. 1889.
Hören ein bestimmtes Etwas gegeben, das Niederschießen einer
Kirche. Daß ihm gerade dies gegeben ist, eben das Schießen nach
einem bestimmten Gegenstand, einer Kirche, das mag gern bestimmt
sein durch die zufallige Wahrnehmung derselben. Würde er draußen
auf dem Felde etwas anderes gesehen haben, z. B. einen Luftballon,
so wäre ihm im Hören wahrscheinlich das Schießen nach diesem
Gegenstand gegeben. Aber das ist ja ganz unwesentlich, ob er sieht,
wie ein Haus oder ein Ballon niedergeschossen wird. Wir müssen
also sagen, unser Halluzinant macht eine Wahrnehmung, er vernimmt
im Hören ein Niederschießen, und das, was er darin vernimmt, geht
ihm zu durch eine andere Sinnesfunktion. Wir dürfen kurz sagen,
unser Halluzinant sieht, was er hört. Damit ist die Reflex-
halluzination zurückgeführt auf einen Zusammenhang der Funktionen,
wie er für die natürliche Wahrnehmung gilt.
Dasselbe, was sich hier bei den Reflexhalluzinationen zeigt, tritt
eudlich wiederum in Erscheinung bei jenen Phänomenen, die man als
Gedankenlautwerden und Doppeldenken bezeichnet hat.
3. Gedankenlautwerden.
Meynert und ihm folgend Störring haben mit Recht hervor-
gehoben, daß ein wahnhaftes und halluzinatorisches Gedankenlaut-
werden unterschieden werden müsse. Von einem echten halluzi-
natorischen Lautwerden der Gedanken darf man in einem solchen
Fall sprechen, wo jemand eine Stimme hört, die ihm das, was er
denkt, zuruft. Ein Beispiel dafür entnehmen wir der Arbeit von
Cramer1. Cramer beschreibt einen Geistlichen, der Stimmen hört,
die ihm laut in die Ohren rufen, dies und jenes erzählen, »als ob sie
vergangene Erlebnisse besprächen, aber nur dann, wenn man daran
denkt. Sie sprechen die fortschreitende Gedanken- und Herzens-
geschichte jedes Tages richtig aus, mit der Wirklichkeit und Ver-
gangenheit auf das wahrhaftigste übereinstimmend«.
Der Geistliche hört also eine Stimme, die ihm die vergangenen
Erlebnisse erzählt, an die er gerade denkt. Dabei ist der Tatbestand,
wie aus seinen Aufzeichnungen hervorgeht, nicht so, als wenn er es
1 Cramer, Die Halluzinationen im Muskelsinn bei Geisteskranken und ihre
klinische Bedeutung. 1889.