Zur Phänomenologie abnormer Glücksgefühle. 597
Wort: apperzipiert. In diesem Sinn ist der Glücksrausch ein Vor-
gang bei abnormem, zum mindesten verändertem Bewußtsein. Be-
zeichnet man dagegen als klares (volles) Bewußtsein die Teilnahme
des ganzen psychischen Ich — nicht so sehr im Sinne des Umfangs
als der Kraft — an dem Erleben, ohne dessen rationale Wertung,
so handelt es sich um einen Zustand klarsten Bewußtseins.
Wir müssen schließlich noch die Qualität der Körperempfin-
dungen, die den Glücksrausch begleiten, in den Kreis unserer Be-
trachtung ziehen.
Inwieweit die Körperempfindungen in einer phänomenologischen
Analyse von Gefühlen von Belang sind wurde neuerdings von Geiger '
grundlegend dargestellt: 1. Sie kommen für die phänomenologische
Problematik nicht in Betracht als »funktionierende« (z. B. insofern
sie die gegenständliche Grundlage für ein Gefühl aufbauen), sondern
nur in »Objektstellung«, Körperempfindungen, die nichts sein wollen
als sie selbst. — 2. Diese gehen in das Gesamterlebnis des Gefühls
mit ein, wobei sie einmal seine sinnliche Frische und Fülle steigern,
zweitens durch den Umweg über das leibliche Ich den Charakter
des Gefühls als eines Ichzustandes betonen.
Das erste trifft für den Glücksrausch sicher nicht zu. Die Körper-
empfindungen lenken zwar zweifellos die Beachtung auf sich; sowohl
Suso hebt hervor, wie weh »dem Leib geschah«, wie auch sonst vielfach
das körperlich Unlustvolle an dem Phänomen erwähnt wird. Wir führen
eine Schilderung des holländischen Wiedertäufers Hemme Hayen an*:
»Ich ging nach Hause, ganz emporgehoben von Freuden, und
innerlich über die Maßen erfüllt und durchglüht, daß ich meinte
ich müßte vergehen von der Herrlichkeit. Denn der Leib war zu
schwach, diesen Glanz zu ertragen. Da bat ich und sagte: »Herr,
nicht mehr, oder ich muß zerbersten!« Und so ging ich in Süßig-
keit weiter nach Hause. Es war damals auf das höchste ge-
kommen und hätte auch meiner leiblichen Schwäche nach nicht
höher sein dürfen.«
Die Körperempfindungen wirken hier scheinbar überhaupt nicht
irgendwie fundierend in dem Gefühl, sie sind ihm entgegen, feind-
1 Beiträge zur Phänomenologie des ästh. Genusses, Jahrb. f. Philosophie und
phän. Forschung. I, 2, S. 674 ff.
2 Buber, S. 202.
Wort: apperzipiert. In diesem Sinn ist der Glücksrausch ein Vor-
gang bei abnormem, zum mindesten verändertem Bewußtsein. Be-
zeichnet man dagegen als klares (volles) Bewußtsein die Teilnahme
des ganzen psychischen Ich — nicht so sehr im Sinne des Umfangs
als der Kraft — an dem Erleben, ohne dessen rationale Wertung,
so handelt es sich um einen Zustand klarsten Bewußtseins.
Wir müssen schließlich noch die Qualität der Körperempfin-
dungen, die den Glücksrausch begleiten, in den Kreis unserer Be-
trachtung ziehen.
Inwieweit die Körperempfindungen in einer phänomenologischen
Analyse von Gefühlen von Belang sind wurde neuerdings von Geiger '
grundlegend dargestellt: 1. Sie kommen für die phänomenologische
Problematik nicht in Betracht als »funktionierende« (z. B. insofern
sie die gegenständliche Grundlage für ein Gefühl aufbauen), sondern
nur in »Objektstellung«, Körperempfindungen, die nichts sein wollen
als sie selbst. — 2. Diese gehen in das Gesamterlebnis des Gefühls
mit ein, wobei sie einmal seine sinnliche Frische und Fülle steigern,
zweitens durch den Umweg über das leibliche Ich den Charakter
des Gefühls als eines Ichzustandes betonen.
Das erste trifft für den Glücksrausch sicher nicht zu. Die Körper-
empfindungen lenken zwar zweifellos die Beachtung auf sich; sowohl
Suso hebt hervor, wie weh »dem Leib geschah«, wie auch sonst vielfach
das körperlich Unlustvolle an dem Phänomen erwähnt wird. Wir führen
eine Schilderung des holländischen Wiedertäufers Hemme Hayen an*:
»Ich ging nach Hause, ganz emporgehoben von Freuden, und
innerlich über die Maßen erfüllt und durchglüht, daß ich meinte
ich müßte vergehen von der Herrlichkeit. Denn der Leib war zu
schwach, diesen Glanz zu ertragen. Da bat ich und sagte: »Herr,
nicht mehr, oder ich muß zerbersten!« Und so ging ich in Süßig-
keit weiter nach Hause. Es war damals auf das höchste ge-
kommen und hätte auch meiner leiblichen Schwäche nach nicht
höher sein dürfen.«
Die Körperempfindungen wirken hier scheinbar überhaupt nicht
irgendwie fundierend in dem Gefühl, sie sind ihm entgegen, feind-
1 Beiträge zur Phänomenologie des ästh. Genusses, Jahrb. f. Philosophie und
phän. Forschung. I, 2, S. 674 ff.
2 Buber, S. 202.