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Zeitschrift für Pathopsychologie — Leipzig und Berlin, 2.1913 - 1914

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Viertes Heft
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https://doi.org/10.11588/diglit.2778#0699
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Versuch zu einer Darstellung u. Kritik der FaBUDSohen Neurosenlehre. 695

Adler, daß er diese Voruntersuchungen nicht anstellt, sondern als-
bald von einigen biologischen Analogien aus den teleologischen Ge-
danken als Grundmaxime aufstellt, von der aus er die Gesamtheit
des neurotischen Geschehens zu erfassen sucht. Dadurch gelangt er
zu einer großen Geschlossenheit seiner Theorie, andererseits geht es
ohne gelegentliche Vergewaltigungen und formalistische Umdeutungen
des phänomenalen Befundes nicht ab. — Bei Jutta beschränkt sich
die teleologische Betrachtungsweise im wesentlichen auf die Stellen,
wo es gilt, über die progressive Determination der Libido etwas aus-
zusagen. Dann wird plötzlich z. B. der Traum, aus dem vorher die
zurückliegenden Determinanten infantiler Phantasien entnommen
wurden, auf finale Determinanten der künftigen Libidoverwendung
hin betrachtet.

8. Wir fassen zusammen. Um die leitende Maxime, welcher
Freud bei seiner wissenschaftlichen Erfassung des neurotischen
Geschehens folgt, in abstrakte zu erkennen, schlugen wir den Weg
ein, daß wir die praktisch von ihm geübte Methode der wissenschaft-
lichen Abstraktion betrachteten (wohlgemerkt nicht seine praktisch-
klinische Methode, die diese Abstraktion bereits zur Voraussetzung
hat, sondern die ganze methodische Richtung, wie er von den an-
schaulichen Tatsachen zu den begrifflichen Beziehungen, die den In-
halt seiner Theorie bilden, aufsteigt). Wir sahen, wie Fbedd aus den
Symptomen den in ihrem verschiedenen Auftreten identischen, von der
psychischen Ablaufsweise anabhängigen ideellen Inhalt, der stets höchst
individueller Natur ist, aussondert und zu Gliedern der aufzusuchen-
den Beziehungen macht. Die anderen Glieder sind ebenfalls höchst
individuelle Inhalte, Wünsche, Erlebnisse, Phantasien usw., welche
in zentraleren Schichten des Individuums gelegen sind. In ihnen
wird die Determinierung des Symptominhalts gefunden. Diese Deter-
minierung ist ihrer Natur nach eine emotionale, die Beziehungen,
die von der Freud sehen Theorie ausgesagt werden, sind emotionale
Zusammenhänge. Diese Zusammenhänge haben also zu Gliedern,
zwischen denen sie bestehen, an beiden Seiten, an der Peripherie wie
im Zentrum, stets höchst individuelle Inhalte. Sie erscheinen darum
selbst als durchaus individuell, unvergleichbar und unwiederholbar
und scheinen einer wissenschaftlichen Erfassung unzugänglich. Da-
gegen werden sie fortwährend von uns vollzogen im Verstehen des
 
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