366 W. Haas
Anschluß daran ihre jeweiligen Folgen für die Gefühle selbst, d. h.
für ihre Qualitäten im weitesten Sinne.
Die Form der Opposition und die aus ihr resultierenden Qualitäts-
änderungen sind bestimmt durch den Grad der Schärfe, mit dem die
Teilung im phänomenalen Ich zwischen widersprechendem und wider-
sprochenem Gefühl aufrecht gehalten ist. Es sind deren im allge-
meinen drei zu unterscheiden, die natürlich nur zum Zwecke der
Untersuchung gesondert werden, in der Lebendigkeit des Psychischen
aber beständig ineinander übergehen.
1. Die passive Form der Opposition und die Unberührtheit des
unechten Gefühls.
Das echte Gefühl behauptet seine tiefere Schicht, ohne fühlbar
gegen das unechte anzukämpfen. Es ist vielmehr in Euhe und be-
gnügt sich, seinen Anspruch durch nichts als sein Dasein, gegebenen-
falls noch durch das Gefühl von seiner Tiefe und Gültigkeit kund
zu tun. In dieser größtmöglichen Getrenntheit des tiefen und ober-
flächlichen Gefühls bleibt das letztere in allen seinen Bestimmtheiten
unangetastet. Insbesondere ist dieser Unberührtheit des unechten
Gefühls die Gleichgültigkeit als tieferes Gefühl günstig. Z. B. ich
bin in einem Zustand tiefster Trauer und erlebe dieses Gefühl in
allen seinen Nuancen. Gleichwohl fühle ich im innersten ein leises
Gefühl der Indifferenz sich regen, welches also die Nichtergriffen-
heit der in der Zeit des Erlebens gegebenen tiefsten Erlebnisschicht
verrät. So ist das Gefühl der Trauer unecht, trotzdem es als solches
nach allen Seiten hin den an ein solches zu stellenden Anforderungen
entsprach, sodaß die innerste Indifferenz nur wegzufallen brauchte,
um es als das qualitativ und numerisch identisches zum echten zu
machen. Selbst wenn wir den Fall, der bei der zweiten Form der
Opposition erörtert werden wird, setzen, daß die unechte Trauer der
an sich möglichen echten gegenüber an Intensität und Gehalt zurück-
steht, so ist es doch evident unmöglich, in einem so akzidentiellen
Moment den Grund der Unechtheit zu sehen. Oder ein anderes
noch anschaulicheres Beispiel: Ich liebe jemand seit einer ge-
raumen Zeit. Plötzlich entdecke ich, daß ich seit einiger Zeit ihn
>eigentlich« schon nicht mehr liebe, sondern ein Gefühl vielleicht
kaum merklicher innerster Apathie oder Ablehnung Platz gegriffen
hat; dann braucht die Liebe seit dem Einsetzen dieser tieferen
Anschluß daran ihre jeweiligen Folgen für die Gefühle selbst, d. h.
für ihre Qualitäten im weitesten Sinne.
Die Form der Opposition und die aus ihr resultierenden Qualitäts-
änderungen sind bestimmt durch den Grad der Schärfe, mit dem die
Teilung im phänomenalen Ich zwischen widersprechendem und wider-
sprochenem Gefühl aufrecht gehalten ist. Es sind deren im allge-
meinen drei zu unterscheiden, die natürlich nur zum Zwecke der
Untersuchung gesondert werden, in der Lebendigkeit des Psychischen
aber beständig ineinander übergehen.
1. Die passive Form der Opposition und die Unberührtheit des
unechten Gefühls.
Das echte Gefühl behauptet seine tiefere Schicht, ohne fühlbar
gegen das unechte anzukämpfen. Es ist vielmehr in Euhe und be-
gnügt sich, seinen Anspruch durch nichts als sein Dasein, gegebenen-
falls noch durch das Gefühl von seiner Tiefe und Gültigkeit kund
zu tun. In dieser größtmöglichen Getrenntheit des tiefen und ober-
flächlichen Gefühls bleibt das letztere in allen seinen Bestimmtheiten
unangetastet. Insbesondere ist dieser Unberührtheit des unechten
Gefühls die Gleichgültigkeit als tieferes Gefühl günstig. Z. B. ich
bin in einem Zustand tiefster Trauer und erlebe dieses Gefühl in
allen seinen Nuancen. Gleichwohl fühle ich im innersten ein leises
Gefühl der Indifferenz sich regen, welches also die Nichtergriffen-
heit der in der Zeit des Erlebens gegebenen tiefsten Erlebnisschicht
verrät. So ist das Gefühl der Trauer unecht, trotzdem es als solches
nach allen Seiten hin den an ein solches zu stellenden Anforderungen
entsprach, sodaß die innerste Indifferenz nur wegzufallen brauchte,
um es als das qualitativ und numerisch identisches zum echten zu
machen. Selbst wenn wir den Fall, der bei der zweiten Form der
Opposition erörtert werden wird, setzen, daß die unechte Trauer der
an sich möglichen echten gegenüber an Intensität und Gehalt zurück-
steht, so ist es doch evident unmöglich, in einem so akzidentiellen
Moment den Grund der Unechtheit zu sehen. Oder ein anderes
noch anschaulicheres Beispiel: Ich liebe jemand seit einer ge-
raumen Zeit. Plötzlich entdecke ich, daß ich seit einiger Zeit ihn
>eigentlich« schon nicht mehr liebe, sondern ein Gefühl vielleicht
kaum merklicher innerster Apathie oder Ablehnung Platz gegriffen
hat; dann braucht die Liebe seit dem Einsetzen dieser tieferen