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Hartmann; Paul, Hermann [Editor]; Hartmann [Contr.]
Die Werke Hartmanns von Aue: Gregorius — Halle a.S.: Niemeyer, 1882

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https://doi.org/10.11588/diglit.66089#0014
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VI

bei der jungen überlieferung der Andreaslegende wäre
es gewagt dies abstammungsverhältniss so bestimmt zu
behaupten. Vielleicht ist dieselbe nicht als eine zwischen-
stufe, sondern als eine contamination der legende von
Judas und der von Paulus von Cäsarea anzusehen.

Hartmanns Gregorius bezeichent einen merkwürdigen
wendepunkt in der geschichte der höfischen erzählenden
dichtung. Er ist auf diesem gebiete die erste äusserung
einer reaction der geistlichen interessen gegen die des
weltlichen rittertums innerhalb der ritterlichen kreise
selbst. Daraus entspringt eine übertragung der in den
ritterepen ausgebildeten darstellungsmanier auf reli-
giöse stoffe. Der Gregorius ist das erste muster einer
höfischen legende, welches dann direct oder indirect
von Konrad von Fussesbrunnen, Konrad von Heimes-
furt, Rudolf von Ems und weiterhin von einer ganzen
schar von dichtern nachgeahmt ist.

Der text des Gregorius war früher nur in zwei
annähernd vollständigen handschriften bekannt, einer
pergamenthandschrift des 13. jahrh. im Vatican (A)
und einer papierhandschrift des 15. jahrh. in Wien (E).
Neuerdings ist eine dritte (I) aus dem 15. jahrh. in dem
schlosse Spiez am Thuner see entdeckt (jezt auf der
königl. bibliothek zu Berlin)!), welche allein vollständig
die einleitung. des dichters bietet. Dazu kommt eine sehr
lückenhafte (G), mehrere fragmente (C, D, H) und die citate
aus einer verlorenen hs. im Glossarium Germanicum von
Scherz-Oberlin (B). Hie und da ist auch die prosabearbei-
tung (F) für die kritik zu verwerten. Von diesen hss.
gehen A und H, C und E je auf eine gemeinsame quelle
zurück. Zwischen den übrigen hss. finden sich auch
manche übereinstimmungen in fehlern, diese kreuzen
sich aber dergestalt, dass sich danach kein genealo-
gisches verhältniss aufstellen lässt?). Kine folge der
eigentümlichen beschaffenheit der überlieferung ist, dass

1) Zum abdruck gebracht von Hidber in den Beitr. z. Gesch. d,
deutschen sp. u. lit. IIT, 90 £. 2) Grossenteils unhaltbar sind die
aufstellungen von Schönbach in der Zsch. f. deutsche phil. V, 117.
 
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