Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Conze, Alexander ; Humann, Carl; Bohn, Richard
Die Ergebnisse der Ausgrabung zu Pergamon 1880-1881: Vorläufiger Bericht, in: Jahrbuch der Königlich-Preußischen Kunstsammlungen, 3.1882, S. 47-90 — Berlin, 1882

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.912#0017
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
VON C. HUMANN 63

zwar waren sie meistens ziemlich ansehnlich gross. Am 2. Juli fand sich ein Sockel-
stein mit EÜ0H2AN, aber ohne Künstlernamen; es war die 172. Inschrift. Tags
darauf kam ein mächtiges Eckstück der Gigantomachie-Deckplatten zu Tage mit
Inschriftresten zu beiden Seiten in der Hohlkehle, welche darauf führten, dass der
Block über die Reliefeckplatte mit dem Dionysos gehören müsse.

Am 13. Juli fand sich auf dem Boden der Terrasse in E. 24 eine grosse Relief-
und zwar Eckplatte der Gigantomachie; eine Göttin in fliegendem Gewände, nach
links gewandt, heftig ausschreitend, dem Beschauer halb den Rücken kehrend und den
rechten unten abgebrochenen Arm erhoben.

Dann fand sich der Kopf einer Athenastatue, dann ein Sockelgliedstück mit
dem Reste eines Gigantennamens auf . . . QPEY2 und darunter dem Teile einer
Künstlerinschrift . .. NEKPATO .... und schliesslich fanden sich — fast sämmtlich im
Süden der Terrasse in F. 24 — bis zu mehreren Hunderten Gigantomachie-Fragmente,
manche so gross und bezeichnend, dass wir sofort ihre Zugehörigkeit an die betreffen-
den Stücke in Berlin ersehen konnten. Bevor wir aber diesen Schatz, der alle Arbeit
lohnte, bergen konnten, waren die gewaltigen Blöcke der Stirnseite der westlichen
Peribolos - Mauer des Altarplatzes, welche von oben abgelöst hier herabgestürzt
lagerten, zu beseitigen gewesen.

Der „letzte Afhem von Ross und Mann" war drangesetzt worden, um bis
Ende Juli die Terrasse bis auf den Grund zu reinigen. Merkwürdiger Weise wurden
fast alle Funde hier südlich gemacht; erst am letzten Tage, als wäre es, um uns zu
necken, schenkte uns der Zufall in der letzten nördlichen Ecke, wo das Quadrat F. 22
beginnt, noch ein halbes Dutzend Fragmente von Stücken von Löwenkörpern und
anderes zur Gigantomachie Gehörige und es blieb das Gefühl der Unbefriedigung
zurück, dass wir nicht noch 10 Meter weiter nach Norden zu hatten abtragen können.
Es bleibt das noch zu thun.

Verschiedenes Gemäuer vor der beim Abstürze der Stirnmauer stehen gebliebenen
Rückwand der oberen Peribolosstützmauer deutete auf kleine Ansiedlungen späterer
Zeit. Mit den hier liegenden Marmorblöcken hatten aber Kalkbrenner ihr Wesen
getrieben, deren grosser Ofen da zum Vorschein kam, wo jene Rückwand eine Ecke
bildet. Noch konnten wir einige halbverbrannte Gigantomachie - Reste aus seinem
Innern auflesen.

Um gründlich zu sein, will ich noch erwähnen, dass ich am Schluss der Arbeit
unsere Holzbaracke, unsere trauliche „Reichshalle", wie sie im Scherz genannt war,
von ihrem alten Standort fortschob, um die paar Quadratmeter, auf der sie stand,
auch noch zu durchsuchen; ich fand aber Nichts. Auch ein mittelalterliches Gewölbe
nahe der Südost-Ecke des Altars, welches unserem Kawas Mustapha zur Behausung
gedient hatte, wurde abgebrochen und in seinen Mauern steckten mehrere hübsche
Fragmente der Hekate-Gruppe, namentlich zur Ergänzung der Artemisfigur, ganz nahe
also bei dem Fundplatze sämmtlicher zu dieser Gruppe der Südost-Ecke gehörigen
Hauptstücke.

Auch das darf nicht unerwähnt bleiben, dass wir das Feld und den Mauerschutt
der ersten Campagne wiederholt durchstöberten und, wie sich das Auge mehr und
mehr inzwischen geschärft hatte, noch manches Skulptur-Fragment, auch einzelne
unter Kalk und Schmutz versteckt gebliebene Inschriften, hervorzogen.

Soviel über unser Suchen und Finden, und nun auch ein Wort von
uns selbst.
 
Annotationen