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Conze, Alexander ; Humann, Carl; Bohn, Richard
Die Ergebnisse der Ausgrabung zu Pergamon 1880-1881: Vorläufiger Bericht, in: Jahrbuch der Königlich-Preußischen Kunstsammlungen, 3.1882, S. 47-90 — Berlin, 1882

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https://doi.org/10.11588/diglit.912#0018
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64 AUSGRABUNGEN ZU PERGAMON: ARBEITSBERICHT

Die ersten vier Monate der Campagne war ich allein gewesen, zu Neujahr war
Herr ßohn gekommen, zu Anfang Mai hatte auch Herr Conze sein Kommen ange-
zeigt. Durch Unwohlsein aufgehalten, kam er leider erst am 29. Mai an, von uns
freudig begrüsst. Die Arbeiter hatten das obere Burgthor bekränzt, den inneren
Thorplatz, den Tempelplatz und seine Hallenfundamente sorgfältig gefegt und gesäubert,
und schwerlich sind alle alten Wallfahrer zum Heiligtum in so gehobener Stimmung
gewesen, wie wir, da wir jetzt zusammen durch's Thor eintraten und den Gang um
den Tempel der Burggöttin machten. Nicht mehr wie früher war der Platz von den
türkischen Mauern eingeschlossen, sondern unbehindert überflogen die Blicke die
blühende Kaikos-Ebene hoch oben von Somah bis an den blauen Busen von Elaea.

Dann ging's an eifrige Arbeit. Herr Conze nahm genaue Kenntniss alles
Aufgedeckten, hielt die Auslese dessen, was ins Königliche Museum aufgenommen
werden sollte, kopierte die letztgefundene Hälfte der Inschriften und revidierte die Ab-
schriften der übrigen. Alles in Allem kamen 198 Inschriftstücke heraus. Herr
Bohn beschleunigte seine Detailstudien und Messungen, um bis Mitte August damit
fertig zu werden, zu welcher Zeit er sich vorgenommen hatte, auf der Rückreise in
Athen an der Attalos-Stoa noch vergleichende Studien zu machen. Ich selbst nahm
die Spezialkarte 1 : 200 des ganzen oberen Burgplateaus auf, wovon das Kärtchen auf
Taf. I ein Auszug ist; gemeinsam mit Herrn Bohn nivellierte ich zuletzt dieses ganze
Terrain und wir legten über 1000 Höhenpunkte darin fest, wobei natürlich jede Stufe
und jeder Mauerstumpf bedacht wurde.

Tres faciunt collegiuml und dementsprechend gestaltete sich auch unser geselliges
Leben wieder einigermassen wie in der unvergesslichen Zeit der ersten Ausgrabungs-
campagne, dieses Mal auch unter Anwesenheit meiner von Smyrna zum Besuche
gekommenen Familie. Wenn wir von Sonnenaufgang bis -Untergang den Staub und
die Sommersonne ertragen hatten, wurde eine Partie Whist zur Erholung des
Abends nicht verschmäht, wobei allerdings die Tages-Reminiszenzen oft genug als
vierter Mann mitspielten. Neben Trank und Speise, wie sie die Gegend bietet, erwies
sich Dortmunder Löwenbier als sehr probat gegen Staub und Trockenheit.

Am 17. Juni kam auch der Photograph Herr Constantin Athanasiu aus
Athen auf eine Woche herüber und nahm 40 Platten mit Ansichten des neu Aus-
gegrabenen auf.

Schon im Monat Mai hatte die Kaiserliche Botschaft in Konstantinopel darauf
hingearbeitet, die gesammten Funde wieder dem Königlichen Museum als Ergänzung
dessen, was sich dort bereits befand, zu sichern. Die türkische Regierung verlangte
ein kommissionelles Gutachten über die Sachlage und zu diesem Zwecke kam am
10. Juni auf einige Tage Diran-Effendi, der Direktor der auswärtigen Beziehungen
bei dem General-Gouvernement in Smyrna, herüber; mit ihm fand sich als Delegirter
des Konstantinopeler Museums Kadri Bey, der den Funden ein lebhaftes Interesse
widmete, ein. Herr Heintze, Direktor der Ottomanischen Bank in Smyrna, war auf
unsere Bitte zu gleicher Zeit zum Besuche gekommen, und ihm gesellte sich der
Kaiserliche Konsul Herr Tettenborn aus Smyrna zu, welcher auch eine Reise nach
Konstantinopel nicht scheute, um nach Kräften der raschen Erledigung der Geschäfte
Vorschub zu leisten. Gern denken wir auch der Gesellschaft des Herrn Chermside,
K. grossbrittan. militärischen Konsularagenten aus Aidin, der bei uns in diesen selben
Tagen auf der Durchreise verweilte, wie schon früher die Herren Wilson und Dennis.
Pergamon liegt nicht am grossen Reisewege, desto mehr erfreut solcher Besuch, wie
 
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