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Conze, Alexander ; Humann, Carl; Bohn, Richard
Die Ergebnisse der Ausgrabung zu Pergamon 1880-1881: Vorläufiger Bericht, in: Jahrbuch der Königlich-Preußischen Kunstsammlungen, 3.1882, S. 47-90 — Berlin, 1882

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https://doi.org/10.11588/diglit.912#0031
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VON RICHARD BOHN 77

dass die Anlage älteren Ursprungs, später verändert worden Ist. Sie diente offenbar
zu Wohnzwecken, ohne dass man jedoch schon jetzt, ehe nicht auch ihre nord-
östliche Fortsetzung einmal aufgedeckt sein wird, eine nähere Deutung aussprechen
könnte.

Die den Tempelperibolos östlich begrenzende Halle ist südlich durch eine
besondere kombinierte Turmanlage abgeschlossen. Bei der gründlichen Zerstörung
daselbst und dem vollständigen Fehlen der Bauglieder wird es indessen nicht möglich
sein, die Ecklösung in bestimmter Weise za rekonstruieren. Dass auch hier ver-
schiedene Bauzeiten vertreten sind, ist aber sicher. Offenbar befand sich schon ein
älterer Eingang zu dem Tempelplatze hier, von dem noch einige Reste, aber unter
dem Niveau der jetzigen Halle, übrig geblieben sind. Nur das lässt sich erkennen,
dass östlich, also nach Aussen, ein besonderer Raum portalartig vorsprang, wahr-
scheinlich 3 Axen breit, der mit einem Giebel gekrönt war. Er kennzeichnete den
Haupteingang zu dem heiligen Bezirk der Athena Polias. Hiermit korrespondieren
im Innern einige Spuren, welche auf eine allmälige Ueberwindung der Stufen durch
eine geneigte Rampe hinweisen. Auch der Raum für eine Treppe zum Obergeschoss
lässt sich hier passend unterbringen.

Der ganze Platz aber, für dessen Bedeutung die spätere Hinzufügung einei so
imposanten Hallenanlage ein sprechender Beweis ist, war auch durch eine besondere
Fülle von Einzelmonumenten belebt. Leider sind nur wenige Standspuren derselben
noch vorhanden, hauptsächlich da. wo längs der Stufen das Pflaster sich erhalten hat.
Denn aus der verschiedenen Abnutzung derselben erkennt man leicht, wo sie betreten
sind, oder wo die davor und teilweise auf sie übergreifend aufgestellten Denkmäler
solches hinderten. Dieses findet sich sowohl vor der Nord- als auch vor der Ost-
halle. Aber auch die Lehren sind auf dem Pflaster vorgeritzt. Dass jene schon in
dem vorjährigen Bericht erwähnten und durch die diesjährigen Ausgrabungen noch
wesentlich ergänzten Monumente zur Erinnerung an die siegreichen Schlachten der
pergamenischen Könige hier ihre Aufstellung hatten, darf als gesichert betrachtet
werden. Sie zerfielen nach Allem, was Material und Masse an die Hand geben, in
mehrere Gruppen, und in der Schrift sind paläographische Kriterien geboten, welche
teils auf Attalos den Ersten, teils auf Eumenes den Zweiten hinzuführen scheinen.1)
Doch wird es erst genauer Nachuntersuchung an den sämmtlich für das Königliche
Museum geborgenen Werkstücken bedürfen, um ein im Einzelnen gesicherteres Resultat
zu gewinnen. Um die vollständige Grundrissform eines der Postamente zu bestimmen,
hilft uns vielleicht eine Spur vor der Osthalle, welche genau 7,00, d. h. 20 Philetairische
Fuss in der Länge misst; denn in ihr bin ich geneigt den Standort des einen der
genannten Monumente wiederzuerkennen. Es wäre dieses ein längliches Rechteck mit
einer Reihe von Gruppen, jede inschriftlich bezeichnet, während an der dem Ein-
tretenden zugekehrten Schmalseite die generelle Weihinschrift Attalos des Ersten
(vgl. Conze a. a. Ö.) gestanden haben könnte. Denn auch in diesem Block (i,o5 Meter
breit) wie in den Höhenmassen des Sockels kehrt der Philetairische Fuss wieder.

Nur eine Schwierigkeit bleibt hierbei. Ist das Pflaster und mit ihm der Stand-
ort der Denkmäler, welche doch zum Theil sogar auf Attalos den Ersten zurückgehen,
älteren Ursprungs als die Stoa, als deren Erbauer ich Attalos den Zweiten ansehe.

') Conze, in Sitzungsberichten der K. Ak. d. Wiss. 1881, S. 871.
 
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