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Conze, Alexander ; Humann, Carl; Bohn, Richard
Die Ergebnisse der Ausgrabung zu Pergamon 1880-1881: Vorläufiger Bericht, in: Jahrbuch der Königlich-Preußischen Kunstsammlungen, 3.1882, S. 47-90 — Berlin, 1882

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https://doi.org/10.11588/diglit.912#0030
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"6 AUSGRABUNGEN ZU I'ERGAMON: DIE ARCHITEKTUR

noch die Standmarken der runden Basen erhalten, westlich nur noch die Fundamente
für dieselben. Die Axweite ist genau doppelt so gross als in der Front, 4.98 Meter;
also mit jeder zweiten Frontsäule korrespondiert eine Innenstutze. Schlanke Säulen
auf attischer Basis werden ein hohes Kelchkapitäl mit etwas schematischen aber
kräftig umgebogenen Blättern getragen haben, von welchem sich mehrere Exemplare
fanden. Auch hierauf kann der Längsrichtung der Halle nach nur ein Holzarchitrav
als mitteres Auflager für den Fussboden des Obergeschosses geruht haben. Dass auch
Letzteres eine mittlere Stützenreihe, etwa aus Holz, gehabt habe, ist nicht notwendig,
denn Decke und Dach, die nur sich selbst zu tragen hatten, konnten frei darüber ge-
spannt werden.

Die Rückwand ist in der Weise konstruiert, dass die der Halle zugekehrte Hache
aus Marmorplinthen und zwar abwechselnd Flach- und Hochschichten besteht, die
Rückseite dagegen aus entsprechend eingreifenden Trachytquadern. Auf einer Anzahl
von Marmorplatten, welche den technischen Merkmalen nach zu jener Rückwand
gehören dürften, liess sich in einer Zeile fortlaufend eine Inschrift verfolgen,
welche lautet:

Ba\ai).fb; "A[tTuh>z\ ßuatXuo; H[ttÜXov y_u{ua ctj\qiov riör xu[tu\ nokeiiov ay\jm'iov /tu

x]ui Ü[9-]lj»^5 riy.rj(fö(tio.

Es wäre also, wenn auch ein solcher Platz für eine Weihinschrift, die ausserdem,
wie bereits gesagt, schon auf dem Architrave stand, höchst auffallend bleibt, der Name
des Stifters und wem die Halle geweiht, inschriftlich bezeugt, und dass dieses Attalos
der Zweite gewesen, erscheint auch nach sonstigen historischen und technischen
Gründen sehr wahrscheinlich.

Was die Technik im Allgemeinen betrifft, so kann dieselbe nicht als exakt be-
zeichnet werden; wol sind einzelne Details, wie z. B. die dorischen Kapitale sehr
schön gearbeitet, dagegen die Triglyphen selbst und ihre Einteilung sehr ungleich;
manches, wie z. B. die Tropfenregula, ist zuweilen gar nicht ausgearbeitet; kurz das
Ganze macht den Eindruck einer etwas schnellen und flüchtigen Herstellung.

An das Obergeschoss der Halle schliesst sich eine Reihe auf dem hier an-
steigenden Terrain hochgelegener Gemächer an, die wol älteren Ursprungs, aber mit
dem Hallenbau in Verbindung gesetzt worden sind. Bis zu sieben Schichten hoch
ragen deren aus Trachytquadern konstruierte Umfassungswände empor. Interessant
ist namentlich der östliche, tiefer als die übrigen angelegte Raum. Denn längs der
West-, Nord- und Ostwand läuft, nur durch einen geringen Abstand getrennt, ein
bankartiges Postament umher; in der Mitte der Nordseite aber verbreitert sich dasselbe
zu einer grösseren Basis. Hier wird auf einem figurengeschmückten Marmorsockel
die grosse Statue der Athena, welche dem Bilde des Phidias im Parthenon zu
Athen so verwandt ist, gestanden haben (A auf dem Situationsplane Taf. II). Ort und
Höhenlage, in welchen die Reste der Figur gefunden wurden, machen diese Annahme
sehr wahrscheinlich. Dass dieses Gemach durch einen besonderen Giebel aus-
gezeichnet war, beweisen verschiedene daselbst gefundene horizontale und aufsteigende
Geisonstücke.

Nordwestlich von der Halle und anschliessend an die soeben erwähnten Ge-
mächer liegt noch ein grösserer Komplex von Zimmern, deren Richtung aber
untereinander so wie von der Stoa abweicht. Noch sind die Mauern und die Thüren
mit ihren Schwellen und Pfosten grösstenteils erhalten und lassen so viel erkennen,
 
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