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Conze, Alexander ; Humann, Carl; Bohn, Richard
Die Ergebnisse der Ausgrabung zu Pergamon 1880-1881: Vorläufiger Bericht, in: Jahrbuch der Königlich-Preußischen Kunstsammlungen, 3.1882, S. 47-90 — Berlin, 1882

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https://doi.org/10.11588/diglit.912#0043
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VON ALEXANDER CONZE 89

Andre Fundstücke werden im Museum sich diesen bereits ausgestellten an-
reihen, namentlich die besterhaltenen Teile der Reliefs mit Waffenstücken von der
Brüstung der Halle um den Athenatempel (s. oben S. 74). Sie repräsentieren am
besten den grossen Gewinn der zweiten Campagne. Derb gearbeitet, wie ihr Platz
hoch am Gebäude es fordern mochte, zeigen sie in buntem Gemisch Waflenstücke,
Kriegsgeräte aller Art für den Land- und Seekrieg: Schiffsschnäbel, Streitwagen,
Feldzeichen, Pferdeschmuck, Helme, Schilde, Panzer, Schwerter verschiedener Form,
Armstulpen und Beinschienen, einen Visirhelm und einmal eine Pfeilschleuder-
maschine. Sie werden für das Studium der Kriegsalterthümer hellenistischer Zeit
ein unverächtliches Material bieten. Um hier wenigstens von einer einzigen Platte
eine deutlichere Vorstellung des Dargestellten sowohl, als der Technik zu geben, ist
sofort nach Eintreffen im Museum der Lichtdruck auf Taf. IV hergestellt worden;
Herr Bohn ist, wie oben gesagt, geneigt den ganzen Hallenbau, dem die Reliefs an-
gehörten, Attalos II (159 —138 v. Chr.) zuzuschreiben, und es liegt nichts im Stile
der Reliefs, welches dieser Annahme widerspräche. Für den dekorativen Zweck,
welchem die Brüstungsreliefs zu dienen hatten, begnügte man sich um diese Zeit
gewiss mit einer Ausführung aus dem Groben, welche übrigens deutliche Charakteri-
sierung des Dargestellten nicht ausschliesst und sich in Einzelheiten, wie einem
cameenartig wirkenden Gorgoneion auf einem Panzer zur delikatesten Ausarbeitung
und grosser Weichheit der Form steigert. Die auf Taf. IV beispielsweise dargestellte
Platte, welche nicht die ganze Länge eines Intercolumniums füllt, zeigt einen seltenen
Gegenstand unter den Waffenstücken, unten am Boden liegend einen Visirhelm mit
vollständig ausgearbeiteter bärtiger Gesichtsmaske. Hierunter wird der wirkliche
Gebrauch dieses Schutzmittels für den Krieg in hellenistischer Zeit erwiesen. Ein
solch unzweideutiges Zeugniss ist um so beachtenswerther, als es nach Benndorfs1)
umfassenden Auseinandersetzungen ziemlich vereinzelt dasteht. Was übrigens unter
den auf den Brüstungsreliefs dargestellten Waffen hellenisch, was etwa galatisch ist,
zu sondern, muss Spezialuntersuchungen vorbehalten bleiben.

Unter den statuarischen Funden stehen zwei Athenastatuen und eine andre weib-
liche Figur schon durch Grösse und Erhaltungszustand obenan (s. oben S. 53 f. 54 f.).

Die eine der Athenastatuen ist kolossal, etwa wie der Mediceische Torso in der
Ecole des beaux arts zu Paris, und wie dieser auf ein attisches Original des fünften
Jahrhunderts v. Chr. zurückgehend. Wie bereits Humann bemerkt hat, ist es eine
Nachahmung der Parthenos des Phidias. ■) Dass eine mit freilich äusserst zerstörten
Reliefs versehene Basis von Bohn als zu der Statue gehörig erkannt ist, wurde oben
(S. 76) erwähnt. Auch dieses erinnert also an das athenische Vorbild.

Bei der weiblichen Statue, welche man Hera hat nennen wollen, ist es ebenfalls
unverkennbar, dass sie nach einem älteren attischen Vorbilde gearbeitet ist. Sie steht
aufrecht, ihre volle Gestalt ist bekleidet mit dem langen, stark untergürteten Chiton
mit Ueberfall; mit der gehobenen Rechten zog sie ein Rückenmäntelchen hinter der
rechten Schulter empor. Kopf und Unterarme fehlen leider.

Die zweite kleinere, übrigens reichlich lebensgrosse Athenastatue ist sorgfältig
ausgeführt, zeigte bei der Auffindung auch deutliche Farbespuren. Eigenthümlich,
doch nicht grade gefällig ist die Anordnung einer doppelten über der Brust sich
kreuzenden Aegis. Es fehlen der Kopf und der rechte Arm.

i) Denkschr. der Kais. Ak. d. Wiss. zu Wien XXVIII, 1878, S. 5i ff.

a) Lange in Mitth. des deutschen arch'äol. Instituts zu Athen 1881, S. 60, &.

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