%‘i@gin‘t tägliſch mit Ausnahme der Sonn⸗ u. Feiertage.
4 eis vierteljährl. Mk. 1.20 ohne Trägerlohn u. Poſtauf-
chlag. Beſtellungen bei den Poſtanſtalten u der Expedition.
Redaktion und Ve
Zwingerſtraße 7.
Eberbach, Sinsheim, Eppingen, Weinheim, Schwetzin-
gen, Wiesloch, Bruchſal, Bretten, Mosbach, Buchen,
Nr.
. Generalverſammlung der Katholiken
Baeutſchlands in München.
(Eigen⸗Bericht des „Pfälzer Bote.“)
; ; L. P. C. München, 26. Aug.
8 Es wird unheimlich in München, wenigſtens für einen,
. ie‘‚"‚‘‚nber die Generalverſammlung berichten ſoll. Der Himmel
dceint ſich geſtern ausgegoſſen zu haben; ſchon nach Schluß
er geſtrigen Verſammlung war er wieder klar und rein,
und heute hahen wir den beſten Sonnenſchein. Das wirkt
91 f guf die Beflaggung der Stadt, denn es ſind jetzt
dele Fahnen herausgekommen, die ſich geſtern verſteckten
b or dem Regen. Unheimlicher iſt der Beſuch der Verſamm-
ung. Schon geſtern war in der Feſthalle die drangvoll
deießlich. Sie waren von allen Seiten eingekeilt und ſelbſt
ihr Arbe tszimmer war von biertrinkenden Leuten beſetzt.
as nützen die ſchönſten Einrichtungen auf einer Ver-
ammlung, wenn ſie nicht reſpektirt werden? Die Bericht-
; e'{*.‚“—fter hatten eine ſtaltliche Anzahl von abgeſonderten
Außen zugewieſen erhalten, allein ſie konnten ohne große
aſtrengung weder zu ihnen gelangen, noch von ihnen
ieder wegkommen. Ohne wirkliche Abſperrung geht es
bla Man kann nicht arbeiten, wenn man ſich auf ſeinem
15 latze nicht rühren kann und eine Menſchenmenge von
— Müten auf die Stühle drückt. Was geſtern Abend ſchlimm
Ger, das war heute bei der erſten geſchloſſenen
{ eneralverſammlung, die im katholiſchen Kaſino
ate, entſetzlich. Bis faſt gegen 10 Uhr wurde der Saal
zicht geöffnet; im Nu hakte dann die harrende Menge
in bis in den letzten Winkel beſetzt. Die Berichterſtatter-
ſche wurden natürlich nicht reſpeklirt und ſo ſaßen an
— Ünen meist Leute, die mit dem Berichten nichts zu thun
gdatten u. ſtürzten dazwiſchen andere, die den Vertretern der
Pieſſe das Sehen und Hören erſchwerten. Eine ganze An-
. _%bl von Berichterſtattern gelangte überhaupt nicht in den
gal, wie denn überhaupt die meiſten Verſammlungsbe-
ucher draußen bleiben mußten. Der Saal mit ſeinen
Vrünmigen Gallerien iſt nicht zu klein, aber die Zahl der
Verſammlungstheilnehmer iſt zu groß.
Der heutige Tag begann mit einem Pontifikalamt
ur Anrufung des hl. Geiſtes, welches der hochw. Herr
Ersbiſchof Dr. Thoma von München in der Frauenkirche
ſſebrirte. Der Gottesdrenſt war ſehr ſtark beſucht Im
ittelſchiff hatten die zahlreichen katholiſchen Vereine
zünchens, voran die katholiſchen Studentenvereinigungen
lit ihren Fahnen Aufſtellung genommen. Auch der päpſt-
bche Nuntius Mſg. Ajuti, der Erzbiſchof Schork von Bam.
kb̃erg, die Aebte v. Jenilti (München), Kronmüller (Metten)
. 5 Gebele (Augsburg), der Reichsra thspräſident Graf
erchenfeld und zahlreiche andere hervorragende Kathol.
eis München und von auswärts waren erſchienen. Nach
fochluß des Gottesdienstes ſtürmten die Schaaren nach dem
atholiſchen Kaſino, Etwas nach 10 Uhr wurde die erſte
beſchloſſene Generalverſammlung durch den ſtellvertreten-
ben Vorſitzenden des Lokalkomitees Oberlandsgerichtsrath
Geiger mit einer Auſprache über die Bedeutung der
10 eneralverſammlun gen für die heutige Zeit eröffnet. Dann
5 dirlas Graf Preyſing das Schreiben des hl. Vaters, indem
5 ieſer die Abſicht, die Generalverſammlung in München
een — BUE SE
27 Ber Fonderling (Wachdruck derboren.
Roman von Philipp Laieus.
. fi Dora ſtand erſtarrt. Sie fühlte ſich aus allen ihren
Gben Himmeln geriſſen, und alles Blut wich aus ihrem
Heſichte. Plbtzlich fühlie ſie, wie Oakel Lebrecht leiſe ihre
Hand drückte. ‚ 2 11 3 8
Gehe hin, Dora,“ ſagte er ruhig, „und umarme Dei-
nen Vater, vergiß aber nicht, wegen dieſer Brautſchaft die
geeigneten Vorbehalte zu machen.“
„Was ſoll daß heißen?“ frug Leopold erſtaunt.
Q „Das ſoll nicht mehr und nicht weniger heißen,“ ſagte
bebrecht, jede Silbe belonend, „als daß Du Dein Papier
umſonſt verſchrieben haſt. Denn Dora will nicht, ſie hat
mir eben geſagt.“ Mit dieſen Worten ging er ſehr ruhig
zum Sopha, auf welchem er es ſich bequem machte. Dann
ahm er eine Zeitung, die auf einem Tiſchchen neben dem
opha lag, und vertiefte ſich darin.
na Wenn ihr Vater will, ſo will Dora!“ betonte Leo-
pold eniſchieden. ® ;
„Nein, Vater, ich will nicht,“ ſagte dieſe ſchluchzend.
„Das wollen wir ſehen,“ bemerkte Leopold entrüſtet.
„Ja, das wollen wir ſehen,“ echote Lebrecht in dem
gleichqiltigſten Tone hinter ſeiner Zeitung heraus.
ten „Lebrecht,“ ſagte ſein Bruder, „ich glaube wohl erwar-
en zu dürfen, daß Du Dich nicht damit bei uns einführſt,
ft Eigenſinn eines trotzköpfigen Kindes gegen uns unter-
ützen zu wollen.“ 1
90 „Om, hm.“ meinte Lebrecht, es kommt alles darauf an,
man das Butterbrod von der fetten oder von der ma-
geren Seite betrachtet.“ ;
„Die Betrachtung des fraglichen Butterbrodes iſt aber
ganz meine Sache.“
„So? Helratheſt Du den Herrn Gläſer?“
9 „Aber noch bin ich Herr im Hauſe, und meine Tochter
at zu thun, was ich ihr ſage.“
ert „Es iſt aut, dad Du das „noch“ betonſt, denn wenn
N rſt einmal Dora Frau Gläſer wäre, würde dieſer alte
allunke Herr im Hauſe ſein. Aber das wird ja nicht
geſchehen.“ H : 1
abzuhalten, lobt und der Verſammlung ſeinen Segen
ſpendet. Die Wahl des Präſidiums vollzog ſich unter
ſtärmiſchem Beifall der Verſammlung. Nachdem auch die
Schriftführer und Vorſitzenden der einzelnen Sektionen
ernannt worden waren, wurde beſchloſſen, dem päpſtlichen
Nuntius von der Wahl des Bureaus Mittheilung zu
machen und den hl. Vater telegraphiſch um den päpſtlichen
Segen zu erſuchen. An den Prinzregenten und an den
Kaiſer wurden Huldigungstelegramme gerichtet. Im
Laufe des Nachmittags begann bereits ein Theil der Sek-
tionen zu arbeiten. An Stoff fehlt es nicht; liegen doch
von früheren Verſammlungen her bekannt ſind.
ſtark beſucht, doch herrſchte glücklicherweife nicht das
Gedränge wie geſtern und heute Vormittag. Anweſend
waren auch der päpſtliche Nuntius Ajuti und die Erz-
biſchöfe von München und Bamberg, ſowie die vor-
Müller eröffnete die Verſammlung mit einer ſehr
beifällig aufgenommenen Anſprache, iu der er zunächſt
bedauerte, daß Windthorſt dieſe Verſammlung nicht
mehr erlebt habe und dann darlegte, was die Gene-
ralverſammlungen wollen. Wir wollen zeigen, daß
lebt. Wir wollen uns wehren, nicht als ob wir den
Kampf wollten, wir wollen uns nur wehren für unſer
der Kirche, für die Grundſätze des Chriſtenthums,
für ihre Herrſchaft in allen ſtaatlichen und geſell-
den Intereſſen der Kirche, ſondern auch denen des
Staates. Endlich wollen wir ſammeln alle, die guten
Willens ſind, für den Kampf der Geiſter, in dem es
hieß der Hochwſt. Herr Erzbiſchof Dr. Thoma, als
Oberhirt der Münchener Dibzeſe, die Verſammlung
willkommen und betonte ihre hohe Bedeutung und
wünſchte ihren Arbeiten Gottes Segen. Schließlich
bat er den Hochwſt. Herrn Nuntius als Vertreter des
hl. Vaters der Verſammlung den Segen zu ertheilen.
Se. Excellenz entſprach dieſer Bitte und die Anwe-
ſenden empfingen knieend den Segen. ;
Auch der Hochwſt. Herr Erzbiſchof von Bamberg
beehrte die Verſammlung mit einer Anſprache, die
mehrfach durch ſtürmiſchen Beifall unterbrochen wurde.
Für einen kath. Biſchof ſei es eine wunderſame Freude,
niſſe verſammelt zu ſehen. Wir ſind ein altes Ge-
ſchlecht und ſind nicht unterzukriegen. (Lebhaftes
„Und warum nicht?“ frug Leopold, entrüſtet auf den
5 habe Dir es ja ſchon geſagt, weil Dora nicht will.“
„Nicht will?“ ſagte Leopold, und ging mit großen
fable aut auf Dora zu, deren Hände er am ga
faßte und heftig drückte. „Mädch en, Aberlege Dir das;
ochter nicht mehr, und das Haus Deines Vaters hat
aufgetört, Deine Heimath zu ſein.“ 5
„Leopold, rief Lebrecht dazwiſchen, „lege die Hand
auf's Herz, gib Gott und der Wahrheit die Ehre, willſt
Du dieſen Gläſer als Schwieger ſohn?“
Leopold ſchwieg: dafür aber nahm ſeine Gattin das
Wort: „Nein, ſage ich, dreimal nein, er will nicht! Wir
müſſen! Unſere Lage iſt entſetzlich.“
„Schweige, Henriette,“ gebot Leopold, „das ſind Dinge,
die eben nicht hierher gehören. Warum ich will, das iſt
meine Sache. Erſt will ich wiſſen, ob dieſer Trotzkopf mir
gehorchen will, oder ob derſelbe eine Stütze findet, die ihn
in ſeiner Auflehnung beſtärkt.“ ;
„Vater,“ ſagte Dora, „ich will Dir in allem gehorchen,
wo ich Dir gehorchen kann; aber ich will ein braves Weib
werden, und ich fühle, daß ich das mit dieſem Gläſer
nicht kann.“ . .
„ „Narrenspoſſen!“ brauſte Leopold auf. „Wer hat Dir
dieſe verrückten Streiche in den Kopf geſetzt! Das war ge-
wiß Lebrecht.“ .
„Ja, Leopold,“ ſagte diefer, „ich bin ſo frei geweſen.
Aber meirſt Du nicht, daß wir beſſer drüben bei mir das
Geſpräch fortſetzten. Du haſt mich noch nicht einmal in
ließe beſucht, die Du mir ſo ſchön herrichten
eſt. :
„Wohlan denn, ſo komm,“ fagte Leopold und ſchritt
blicke vernahm man ein Geräuſch im Vorzimmer, als ob
ein Stuhl haſtig gerückt werd“, und als Leopold die Thür
0 fand er ſeinen Bedienten, der ſich dort ohne äußere
eranlaſſung aufhielt, und höchſt wahrſcheinlich am Schlüſs-
ſelloche gelauſcht, und bei der Annäherung der beiden Brü-
(Beifall.) Wir verlangen für die Kirche die Cultur-
arbeit, die ſie ſeit 18 Jahrhunderten ſegensreich ver-
auf mich herab.“ Wir können ſagen: „Der Himmel
und die Ewigkeit blicken auf uns.“ (Lebhafter Bei-
fall.) Möge der ſoeben auf uns herabgeflehte Segen
Geſellſchaft noth thut (Bravo!) Vergeſſen wir nie,
(Stürmiſcher Beifall.) Nachdem der Präſident
des Nuntius ſeinen Dank ausgeſprochen, erhielt,
Conſiſtorialrath Dr. Por ſch⸗Breslau zu einem Vor-
Berſammlung die alte Forderung einer größeren
Wirkſamkeit der Orden erneuern müſſe. Der Geiſt
der Orden ſei auch der Geiſt der Kirche; viele ver-
ſtänden dieſen Geiſt nicht und darum haſſen alle die-
jenigen die Orden, die die Kirche und das Chriſten-
thum haſſen. Die Thätigkeit der Orden ſei nur die
Erfüllung des Evangeliums. Die Orden ſind von
Gottes Gnaden, eine Macht, älter als alle Macht-
Für Kunſt und Wiſſenſchaft verlangt man Freiheit
ſtehen für die, die ihre Schranke im Worte Gottes
finden? (Stürmiſcher Beifall) Man ſpreche üher
mehr leiſten. (Beifall.) Alle Confeſſionen ſollten
denen Erſcheinungsformen. Gelingt es nicht, dieſen
zu überwinden, ſo ſind wir am Ende unſerer Cuſtur.
zahlreicher Begrüßungstelegramme der letzte vorge-
merkte Redner Stadtpfarrer Huhn⸗Mänchen das
Wort. Er ſprach über Chriſtenthum und Atheismus.
Es müßten alle Theologen ſein und Apologie ſtudiren,
entgegentreten könnten. Der Vortragende richtete
ſtreifte. 2 ; u S0 .
Leopold bemerkte ihn gar nicht, aber Lebrecht fixirte
fragte er ſcharf: „Was haben Sie denn hier zu thun n“
„Ich wollte,“ ſprach ſtotternd der Bediente, „nur fra-
gen, ob die Herrſchaften noch auf heute Vormittag etwas
zu befehlen hätten.“ 1 u
„Jawohl,“ ſagte Lebrecht, „legen Sie Ihr Haupt
künftig anderswohin, als an das Schlüſſelloch des Salons
Ihrer Herrſchaft.“ - DA 85 ;
„Ob, oh, Herr Bernau,“ jagte Jean ſchmerzlich bewegt.
„Du thuſt ihm Unrecht, Lebrecht,“ meinte Leopold. „Er
„Ach ja, Herr Bernau, betheuerte Jean, „und da ich
doch nicht wiſſen konnte, ob die Herrſchaften noch etwas
zu befehlen hätten — —“ .
„Schon gut,“ fiel ihm Lebrecht in's Wort. „Wir wollen
darüber nicht ſtreitenl“ - ;
Damit gingen die beiden Männer weite.
Ju Lebrechts Zimmer angekommen, ſah ſich dieſer nach
Hephäſtos um; als er ihn nicht gewahrte, nahm er eine
kleine ſilberne Pfeife und pfiff auf derſelben ein eigenthüm-
liches Signal.
„Was willſt Du?“ fragte Leopold.
ſich 5 will hier wenigſtens vor jeder Ueberrumpelung
ſicher ſein.“
Kaum hatte Lebrecht dieſe Worte geſprochen, als die
Thüre ſich öffnete und der Schwarze erſchien. „„
. „l%n;ge, daß wir nicht geſtört werden, und Niemand
un rt.“ /
Der Schwarze zog ſich ſchweigend zurück..
155 lrdeſch 20 917 120 eee
„Er wird ſich eher die Ohren zuhalten.
1 5 19 Ane begierig!“ bemerkte Leopold und öff-
nete raſch die Thüre. } .
In der That hatte ſich Hephäſtos an das Ende des
Ganges zurückgezogen, und ſich beguem auf die oberſten
Stufen der nach dem Parterre hinabfützrenden Treppe ge-
lagert. ' (Forts. folgt.)
4 eis vierteljährl. Mk. 1.20 ohne Trägerlohn u. Poſtauf-
chlag. Beſtellungen bei den Poſtanſtalten u der Expedition.
Redaktion und Ve
Zwingerſtraße 7.
Eberbach, Sinsheim, Eppingen, Weinheim, Schwetzin-
gen, Wiesloch, Bruchſal, Bretten, Mosbach, Buchen,
Nr.
. Generalverſammlung der Katholiken
Baeutſchlands in München.
(Eigen⸗Bericht des „Pfälzer Bote.“)
; ; L. P. C. München, 26. Aug.
8 Es wird unheimlich in München, wenigſtens für einen,
. ie‘‚"‚‘‚nber die Generalverſammlung berichten ſoll. Der Himmel
dceint ſich geſtern ausgegoſſen zu haben; ſchon nach Schluß
er geſtrigen Verſammlung war er wieder klar und rein,
und heute hahen wir den beſten Sonnenſchein. Das wirkt
91 f guf die Beflaggung der Stadt, denn es ſind jetzt
dele Fahnen herausgekommen, die ſich geſtern verſteckten
b or dem Regen. Unheimlicher iſt der Beſuch der Verſamm-
ung. Schon geſtern war in der Feſthalle die drangvoll
deießlich. Sie waren von allen Seiten eingekeilt und ſelbſt
ihr Arbe tszimmer war von biertrinkenden Leuten beſetzt.
as nützen die ſchönſten Einrichtungen auf einer Ver-
ammlung, wenn ſie nicht reſpektirt werden? Die Bericht-
; e'{*.‚“—fter hatten eine ſtaltliche Anzahl von abgeſonderten
Außen zugewieſen erhalten, allein ſie konnten ohne große
aſtrengung weder zu ihnen gelangen, noch von ihnen
ieder wegkommen. Ohne wirkliche Abſperrung geht es
bla Man kann nicht arbeiten, wenn man ſich auf ſeinem
15 latze nicht rühren kann und eine Menſchenmenge von
— Müten auf die Stühle drückt. Was geſtern Abend ſchlimm
Ger, das war heute bei der erſten geſchloſſenen
{ eneralverſammlung, die im katholiſchen Kaſino
ate, entſetzlich. Bis faſt gegen 10 Uhr wurde der Saal
zicht geöffnet; im Nu hakte dann die harrende Menge
in bis in den letzten Winkel beſetzt. Die Berichterſtatter-
ſche wurden natürlich nicht reſpeklirt und ſo ſaßen an
— Ünen meist Leute, die mit dem Berichten nichts zu thun
gdatten u. ſtürzten dazwiſchen andere, die den Vertretern der
Pieſſe das Sehen und Hören erſchwerten. Eine ganze An-
. _%bl von Berichterſtattern gelangte überhaupt nicht in den
gal, wie denn überhaupt die meiſten Verſammlungsbe-
ucher draußen bleiben mußten. Der Saal mit ſeinen
Vrünmigen Gallerien iſt nicht zu klein, aber die Zahl der
Verſammlungstheilnehmer iſt zu groß.
Der heutige Tag begann mit einem Pontifikalamt
ur Anrufung des hl. Geiſtes, welches der hochw. Herr
Ersbiſchof Dr. Thoma von München in der Frauenkirche
ſſebrirte. Der Gottesdrenſt war ſehr ſtark beſucht Im
ittelſchiff hatten die zahlreichen katholiſchen Vereine
zünchens, voran die katholiſchen Studentenvereinigungen
lit ihren Fahnen Aufſtellung genommen. Auch der päpſt-
bche Nuntius Mſg. Ajuti, der Erzbiſchof Schork von Bam.
kb̃erg, die Aebte v. Jenilti (München), Kronmüller (Metten)
. 5 Gebele (Augsburg), der Reichsra thspräſident Graf
erchenfeld und zahlreiche andere hervorragende Kathol.
eis München und von auswärts waren erſchienen. Nach
fochluß des Gottesdienstes ſtürmten die Schaaren nach dem
atholiſchen Kaſino, Etwas nach 10 Uhr wurde die erſte
beſchloſſene Generalverſammlung durch den ſtellvertreten-
ben Vorſitzenden des Lokalkomitees Oberlandsgerichtsrath
Geiger mit einer Auſprache über die Bedeutung der
10 eneralverſammlun gen für die heutige Zeit eröffnet. Dann
5 dirlas Graf Preyſing das Schreiben des hl. Vaters, indem
5 ieſer die Abſicht, die Generalverſammlung in München
een — BUE SE
27 Ber Fonderling (Wachdruck derboren.
Roman von Philipp Laieus.
. fi Dora ſtand erſtarrt. Sie fühlte ſich aus allen ihren
Gben Himmeln geriſſen, und alles Blut wich aus ihrem
Heſichte. Plbtzlich fühlie ſie, wie Oakel Lebrecht leiſe ihre
Hand drückte. ‚ 2 11 3 8
Gehe hin, Dora,“ ſagte er ruhig, „und umarme Dei-
nen Vater, vergiß aber nicht, wegen dieſer Brautſchaft die
geeigneten Vorbehalte zu machen.“
„Was ſoll daß heißen?“ frug Leopold erſtaunt.
Q „Das ſoll nicht mehr und nicht weniger heißen,“ ſagte
bebrecht, jede Silbe belonend, „als daß Du Dein Papier
umſonſt verſchrieben haſt. Denn Dora will nicht, ſie hat
mir eben geſagt.“ Mit dieſen Worten ging er ſehr ruhig
zum Sopha, auf welchem er es ſich bequem machte. Dann
ahm er eine Zeitung, die auf einem Tiſchchen neben dem
opha lag, und vertiefte ſich darin.
na Wenn ihr Vater will, ſo will Dora!“ betonte Leo-
pold eniſchieden. ® ;
„Nein, Vater, ich will nicht,“ ſagte dieſe ſchluchzend.
„Das wollen wir ſehen,“ bemerkte Leopold entrüſtet.
„Ja, das wollen wir ſehen,“ echote Lebrecht in dem
gleichqiltigſten Tone hinter ſeiner Zeitung heraus.
ten „Lebrecht,“ ſagte ſein Bruder, „ich glaube wohl erwar-
en zu dürfen, daß Du Dich nicht damit bei uns einführſt,
ft Eigenſinn eines trotzköpfigen Kindes gegen uns unter-
ützen zu wollen.“ 1
90 „Om, hm.“ meinte Lebrecht, es kommt alles darauf an,
man das Butterbrod von der fetten oder von der ma-
geren Seite betrachtet.“ ;
„Die Betrachtung des fraglichen Butterbrodes iſt aber
ganz meine Sache.“
„So? Helratheſt Du den Herrn Gläſer?“
9 „Aber noch bin ich Herr im Hauſe, und meine Tochter
at zu thun, was ich ihr ſage.“
ert „Es iſt aut, dad Du das „noch“ betonſt, denn wenn
N rſt einmal Dora Frau Gläſer wäre, würde dieſer alte
allunke Herr im Hauſe ſein. Aber das wird ja nicht
geſchehen.“ H : 1
abzuhalten, lobt und der Verſammlung ſeinen Segen
ſpendet. Die Wahl des Präſidiums vollzog ſich unter
ſtärmiſchem Beifall der Verſammlung. Nachdem auch die
Schriftführer und Vorſitzenden der einzelnen Sektionen
ernannt worden waren, wurde beſchloſſen, dem päpſtlichen
Nuntius von der Wahl des Bureaus Mittheilung zu
machen und den hl. Vater telegraphiſch um den päpſtlichen
Segen zu erſuchen. An den Prinzregenten und an den
Kaiſer wurden Huldigungstelegramme gerichtet. Im
Laufe des Nachmittags begann bereits ein Theil der Sek-
tionen zu arbeiten. An Stoff fehlt es nicht; liegen doch
von früheren Verſammlungen her bekannt ſind.
ſtark beſucht, doch herrſchte glücklicherweife nicht das
Gedränge wie geſtern und heute Vormittag. Anweſend
waren auch der päpſtliche Nuntius Ajuti und die Erz-
biſchöfe von München und Bamberg, ſowie die vor-
Müller eröffnete die Verſammlung mit einer ſehr
beifällig aufgenommenen Anſprache, iu der er zunächſt
bedauerte, daß Windthorſt dieſe Verſammlung nicht
mehr erlebt habe und dann darlegte, was die Gene-
ralverſammlungen wollen. Wir wollen zeigen, daß
lebt. Wir wollen uns wehren, nicht als ob wir den
Kampf wollten, wir wollen uns nur wehren für unſer
der Kirche, für die Grundſätze des Chriſtenthums,
für ihre Herrſchaft in allen ſtaatlichen und geſell-
den Intereſſen der Kirche, ſondern auch denen des
Staates. Endlich wollen wir ſammeln alle, die guten
Willens ſind, für den Kampf der Geiſter, in dem es
hieß der Hochwſt. Herr Erzbiſchof Dr. Thoma, als
Oberhirt der Münchener Dibzeſe, die Verſammlung
willkommen und betonte ihre hohe Bedeutung und
wünſchte ihren Arbeiten Gottes Segen. Schließlich
bat er den Hochwſt. Herrn Nuntius als Vertreter des
hl. Vaters der Verſammlung den Segen zu ertheilen.
Se. Excellenz entſprach dieſer Bitte und die Anwe-
ſenden empfingen knieend den Segen. ;
Auch der Hochwſt. Herr Erzbiſchof von Bamberg
beehrte die Verſammlung mit einer Anſprache, die
mehrfach durch ſtürmiſchen Beifall unterbrochen wurde.
Für einen kath. Biſchof ſei es eine wunderſame Freude,
niſſe verſammelt zu ſehen. Wir ſind ein altes Ge-
ſchlecht und ſind nicht unterzukriegen. (Lebhaftes
„Und warum nicht?“ frug Leopold, entrüſtet auf den
5 habe Dir es ja ſchon geſagt, weil Dora nicht will.“
„Nicht will?“ ſagte Leopold, und ging mit großen
fable aut auf Dora zu, deren Hände er am ga
faßte und heftig drückte. „Mädch en, Aberlege Dir das;
ochter nicht mehr, und das Haus Deines Vaters hat
aufgetört, Deine Heimath zu ſein.“ 5
„Leopold, rief Lebrecht dazwiſchen, „lege die Hand
auf's Herz, gib Gott und der Wahrheit die Ehre, willſt
Du dieſen Gläſer als Schwieger ſohn?“
Leopold ſchwieg: dafür aber nahm ſeine Gattin das
Wort: „Nein, ſage ich, dreimal nein, er will nicht! Wir
müſſen! Unſere Lage iſt entſetzlich.“
„Schweige, Henriette,“ gebot Leopold, „das ſind Dinge,
die eben nicht hierher gehören. Warum ich will, das iſt
meine Sache. Erſt will ich wiſſen, ob dieſer Trotzkopf mir
gehorchen will, oder ob derſelbe eine Stütze findet, die ihn
in ſeiner Auflehnung beſtärkt.“ ;
„Vater,“ ſagte Dora, „ich will Dir in allem gehorchen,
wo ich Dir gehorchen kann; aber ich will ein braves Weib
werden, und ich fühle, daß ich das mit dieſem Gläſer
nicht kann.“ . .
„ „Narrenspoſſen!“ brauſte Leopold auf. „Wer hat Dir
dieſe verrückten Streiche in den Kopf geſetzt! Das war ge-
wiß Lebrecht.“ .
„Ja, Leopold,“ ſagte diefer, „ich bin ſo frei geweſen.
Aber meirſt Du nicht, daß wir beſſer drüben bei mir das
Geſpräch fortſetzten. Du haſt mich noch nicht einmal in
ließe beſucht, die Du mir ſo ſchön herrichten
eſt. :
„Wohlan denn, ſo komm,“ fagte Leopold und ſchritt
blicke vernahm man ein Geräuſch im Vorzimmer, als ob
ein Stuhl haſtig gerückt werd“, und als Leopold die Thür
0 fand er ſeinen Bedienten, der ſich dort ohne äußere
eranlaſſung aufhielt, und höchſt wahrſcheinlich am Schlüſs-
ſelloche gelauſcht, und bei der Annäherung der beiden Brü-
(Beifall.) Wir verlangen für die Kirche die Cultur-
arbeit, die ſie ſeit 18 Jahrhunderten ſegensreich ver-
auf mich herab.“ Wir können ſagen: „Der Himmel
und die Ewigkeit blicken auf uns.“ (Lebhafter Bei-
fall.) Möge der ſoeben auf uns herabgeflehte Segen
Geſellſchaft noth thut (Bravo!) Vergeſſen wir nie,
(Stürmiſcher Beifall.) Nachdem der Präſident
des Nuntius ſeinen Dank ausgeſprochen, erhielt,
Conſiſtorialrath Dr. Por ſch⸗Breslau zu einem Vor-
Berſammlung die alte Forderung einer größeren
Wirkſamkeit der Orden erneuern müſſe. Der Geiſt
der Orden ſei auch der Geiſt der Kirche; viele ver-
ſtänden dieſen Geiſt nicht und darum haſſen alle die-
jenigen die Orden, die die Kirche und das Chriſten-
thum haſſen. Die Thätigkeit der Orden ſei nur die
Erfüllung des Evangeliums. Die Orden ſind von
Gottes Gnaden, eine Macht, älter als alle Macht-
Für Kunſt und Wiſſenſchaft verlangt man Freiheit
ſtehen für die, die ihre Schranke im Worte Gottes
finden? (Stürmiſcher Beifall) Man ſpreche üher
mehr leiſten. (Beifall.) Alle Confeſſionen ſollten
denen Erſcheinungsformen. Gelingt es nicht, dieſen
zu überwinden, ſo ſind wir am Ende unſerer Cuſtur.
zahlreicher Begrüßungstelegramme der letzte vorge-
merkte Redner Stadtpfarrer Huhn⸗Mänchen das
Wort. Er ſprach über Chriſtenthum und Atheismus.
Es müßten alle Theologen ſein und Apologie ſtudiren,
entgegentreten könnten. Der Vortragende richtete
ſtreifte. 2 ; u S0 .
Leopold bemerkte ihn gar nicht, aber Lebrecht fixirte
fragte er ſcharf: „Was haben Sie denn hier zu thun n“
„Ich wollte,“ ſprach ſtotternd der Bediente, „nur fra-
gen, ob die Herrſchaften noch auf heute Vormittag etwas
zu befehlen hätten.“ 1 u
„Jawohl,“ ſagte Lebrecht, „legen Sie Ihr Haupt
künftig anderswohin, als an das Schlüſſelloch des Salons
Ihrer Herrſchaft.“ - DA 85 ;
„Ob, oh, Herr Bernau,“ jagte Jean ſchmerzlich bewegt.
„Du thuſt ihm Unrecht, Lebrecht,“ meinte Leopold. „Er
„Ach ja, Herr Bernau, betheuerte Jean, „und da ich
doch nicht wiſſen konnte, ob die Herrſchaften noch etwas
zu befehlen hätten — —“ .
„Schon gut,“ fiel ihm Lebrecht in's Wort. „Wir wollen
darüber nicht ſtreitenl“ - ;
Damit gingen die beiden Männer weite.
Ju Lebrechts Zimmer angekommen, ſah ſich dieſer nach
Hephäſtos um; als er ihn nicht gewahrte, nahm er eine
kleine ſilberne Pfeife und pfiff auf derſelben ein eigenthüm-
liches Signal.
„Was willſt Du?“ fragte Leopold.
ſich 5 will hier wenigſtens vor jeder Ueberrumpelung
ſicher ſein.“
Kaum hatte Lebrecht dieſe Worte geſprochen, als die
Thüre ſich öffnete und der Schwarze erſchien. „„
. „l%n;ge, daß wir nicht geſtört werden, und Niemand
un rt.“ /
Der Schwarze zog ſich ſchweigend zurück..
155 lrdeſch 20 917 120 eee
„Er wird ſich eher die Ohren zuhalten.
1 5 19 Ane begierig!“ bemerkte Leopold und öff-
nete raſch die Thüre. } .
In der That hatte ſich Hephäſtos an das Ende des
Ganges zurückgezogen, und ſich beguem auf die oberſten
Stufen der nach dem Parterre hinabfützrenden Treppe ge-
lagert. ' (Forts. folgt.)