Mr. 2
„Pfälzer Bote" Heidelberg — Dienstag, den 3. Januar 1833
Seit« ü
Sie Wirtschaftslage um die Jahreswende
MwsMdlick mit SoffmmgM / Der gehaltene Export / Rückfluß der Aus-
landsguthaben / Die neue Arbeitsbeschaffung und Winterhilfe / Die Grün-
dung der Bankinstitute / Abschluß von Kandelsvertragsverhandlungen
Margarine-Experimente / Krupp-Bilanz u. a.
Wieder einmal stehen wir am Ende eines Jah-
res. Wie Brüning ganz richtig voraussah, ist es
das schwerste gewesen seit Ende der Inflation,
und dennoch läßt uns ein Jahresrückblick nicht
ohne Hoffnungen. Gewiß: 5,6 Millionen Ar-
beitslose am Jahresende sind keine Kleinigkeit
und die trostlose Lag« unserer öffentlichen Fi-
nanzen wird auch die Zukunft noch über die
Maßen bescheren. Aber schon ein Vergleich mit
1931 zeigt doch starke Unterschiede: damals ging
es fast ununterbrochen abwärts, diese Bewegung
hat sich nicht nur nicht fortgesetzt, sondern bis
in den späten Herbst hinein einer kleinen Erho-
lung Platz gemacht. Das Tief ist wohl erreicht.
Darin liegt an sich schon eine Hoffnung. Denn
was bedeutet es doch für die allgemeine Arbeits-
und Unternehmungslust, wenn das Barometer
immer tiefer und tiefer fällt? Das ist genau so,
wie wenn es immer regnet. Heute steht also das
Wirtschastsbarometer mindestens auf Veränder-
lich.
An einigen wenigen Punkten fällt zudem die
beginnende Umkehr direkt in die Augen. Das
gift vor allem für die Haltung der „Welt". Hier
ist endlich die Einsicht gewachsen, daß alle Völker
auf Gedeih und Verderb auf einander ange-
wiesen sind, daß die politischen Krisenherde (Re-
parationen. Abrüstung, Verschuldung) eine Re-
gelung fin-oen müssen, daß vor allem der inter-
nationale Protektionismus beendet werden muß,
wenn es in der Welt wieder besser werden soll.
Und daß sogar in diesem letzteren Falle schon
Ansätze zur Besserung vorhanden sind: man
denk« am das hollädisch-belgische Zollsenkungsab-
kommen oder an den langsamen Abbau von
Kontingenten in Frankreich, das will ratsächlich
schon etwas heißen. Deutschland insbesondere
darf sich daneben noch freuen, daß es trotz der
englischen und anderer Valuta-Entwertungen
einen beträchtlichen Ausfuhrüberschuß beibehal-
ten konnte, der eittschl. Novemberaußenhandel
immerhin etwas über eine Milliarde ausmacht.
Berücksichtigt man, daß daneben schon eine an-
sehnliche Tilgung deutscher Auslandsschulden
Hand in Hand läuft, so läßt sich die Bedeutung
dieser Ausfuhr erst recht würdigen. Auch sonst
sind wir ja in Deutschland endlich zu einer ge-
wissen Beruhigung gelangt, und auch das birgt
gewisse Erleichterungen für die Zukunft, wie
man heute schon an dem Rückfluß der Auslands-
guthaben, an der Auflösung der Sparstrümpfe,
an der Besserung der Wertpapierkurse erkennen
kann.
Man mag aus alledem ersehen, daß eine Bes-
serung in jedem Falle nur recht langsam vor
sich gehen kann, daß es also keineswegs auf das
Geheiß eines Diktators, wie Millionen bisher
annahmen, mit einem Schlage besser wird. Im
Gegenteil, die Möglichkeiten einer Beeinflussung
der Entwicklung sind bei uns denkbar klein. Das
beweist die inzwischen geregelte Winternothilfe
wie auch das neue Arbeitsb-esch-affungspro-
gr-amm. Wenn der Finanzminister kürzlich aus-
führte, daß der Gesamtbetrag der öffentlichen
Haushalte von 20,8 Milliarden im Jahre 1929
auf 14,8 Milliarden 1932 zurückging, obwohl
«ine Reihe von Steuererhöhungen vorgenommen
wurde, so beweist das besser als alles andere, wie
gering die Möglichkeiten sind. Man versteht des-
halb, daß die Regierung die geforderte Winter-
hilfsaktion auf das Mögliche zurückschraubte
(Verbilligung von Lebensmitteln und Heizmate-
rial im Gesamtbeträge von 35 Millionen), ohne
daß damit eine restlose Zustimmung zu dieser
Form der Winterhilfe ausgedrückt werden soll.
Denn einem großen Teil der Erwerbslosen wer-
den selbst die so verbilligten Güter noch zu teuer
sein, so daß sie dann leer ausgehen. Auch die
neue Arbeitsbeschaffung hält sich von den phan-
tastischen Zahlen fern, die zuerst genannt waren.
Es werden einmal die schon bisher vorgesehenen
Avbeitsbeschaffungsmatznahmen (darunter auch
jene der Reichsbahn und Reichspost mit 340
Mill.) weitergeführt, was einen Betrag von
etwa einer Milliarde erfordert, der aber, wie ge-
sagt, schon früher sichergestellt ist, ohne daß es
bisher möglich war, die Arbeiten alle schon be-
ginnen zu lassen. Daraus erklärt sich schon, wa-
rum man bisher noch relativ wenig von einem
Einfluß dieser Arbeitsbeschaffung merkte, lieber
diese alten Pläne hinaus wird man eine Summe
von etwa 500 Millionen in den Dienst der
öffentlichen Anträge stellen. Was neu an
diesem Programm ist, geht daraus hervor,
daß der Weg der Subvention grundsätzlich ver-
lassen und an seine Stelle als Auftraggeberin
für die Wirtschaft die öffentliche Hand gesetzt
wird, um auf diese Weise Fehlinvestitionen zu
vermeiden und den gesamtwirtschaftlich größt-
möglichen Nutzeffekt zu erreichen. Da infolge
der verhängnisvollen Finanzpolitik früherer
Jahre, die in guten Zeiten Aufträge gab, statt
diese auf die schlechten aufzusparen, heute die
sachlichen Ausgaben sämtlicher öffentlicher Kör-
perschaften besonders stark gekürzt werden muß-
ten, so hak der Gedanke der öffentlichen Arbeits-
beschaffung gewiß auch daraus schon eine wirk-
liche Berechtigung. Noch in einer anderen Hin-
sicht erscheint mir die neue Arbeitsbeschaffung
wichtig. Es werden nämlich die Zuschüsse für
Hausreparaturen um weitere 50 Millionen er-
höht, ein« Maßnahme, die nur zu berechtigt
war. Denn auf keinem Gebiet wie hier ergeben
sich so gute Möglichkeiten einer gesunden Ver-
bindung von öffentlicher und privater Arbeits-
beschaffung.
Außer der Arbeitsbeschaffung hat die Regie-
rung eine Reihe neuer Maßnahmen ergriffen,
die in ihrer Art wichtig sind. Da ist nun end-
lich die Gründung der Hilfsinstitute für die
Anstauung der Bankdebitoren erfolgt, von denen
früher schon mehrmals die Rede war. Mögen
im einzelnen einige Abweichungen erfolgt sein
(auch die Namen wurden geändert), so bleibt
das Prinzip doch gewahrt: eine A.-G. Deutsches
Finanzierungsinstitut übernimmt für fünf Jahre
einen großen Teil der z. Zt. unverwertbaren
Effektenbestände der Banken und die Tilgungs-
kasse für gewerbliche Kredite übernimmt die ein-
gefrorenen Debitoren zwecks allmählicher Til-
gung. Damit erhalten die Banken wieder er-
höhte Bewegungsfreiheit und könnpn mehr als
bisher in Aktion gesetzt werden. Eine neue Ver-
ordnung bringt eine Erweiterung der Pflicht-
prüfung bei Aktiengesellschaften und außerdem
hat die Regierung inzwischen ein Verbot neuer
Einheitspreisgeschäft« erlassen. Gerade die letz-
tere Maßnahme wurde im Interesse des Mittel-
standes vorgenommen und kann z. Zt. als unbe-
denklich gelten da die Preise auch der Einzel-
händler manchmal nicht nur denjenigen der
Einheitspreisgeschäfte gleichkommen, sondern
diese durch Angebot besserer Qualitäten gewöhn-
lich noch unterschreiten. Eine Schädigung des
Konsumenten liegt also nicht vor. Was die
schwebenden Handelsvertragsverhandlungen an-
geht, so wurde ein Zusatzabkommen zum deutsch-
französischen Handelsvertrag unterzeichnet und
ebenso scheint ein deutsch-polnisches Abkommen
endlich in den Bereich der Wirklichkeit zu treten.
Ein gewagtes Experiment ist zweifellos die
Neuordnung der Margarineherstellung. Denn
hier hat die Regierung nicht nur verordnet, daß
künftig eine Beimischung von Butter statt von
Schmalz zur Margarine vorgenommen wird,
sondern sie hat auch die Befugnis einräumen
lassen, überhaupt den Umfang der Margarine-
herstellung zu bestimmen und die Absatzmetho-
den zu kontrollieren. Einmal ganz davon abge-
sehen, ob es rein gualitativ der Margarine zu-
kommt, wenn ihr statt Schmalz Butter beige-
mischt wird (das Beispiel beim Benzin wirkt ab-
schreckend!), so ist schon die Begründung der
Beimischung recht unklar. Denn da heißt es
einmal, daß der Landwirtschaft dadurch geholfen
werde und daß andererseits bei der relativen
Bedeutungslosigkeit von 10—15 000 Tonnen in
Frage kommender Butter angesichts einer Mar-
garineproduktion von über 400 000 Tonnen der
Konsument keinen Schaden dabei haben werde.
Wenn der Konsument keinen Schaden haben soll,
so dürfen die Preise nicht erhöht werden und
das ist, soll überhaupt der Landwirtschaft gehol-
fen werden, nur möglich, wenn es gelingt, die
Verteuerung der Industrie aufzubürden.' Da-
rum wird es sich schließlich drehen. Wir bleiben
in solchen Fällen immer skeptisch. Das gleiche
gilt gegenüber den erfolgten Kontingentierungen
der Papiecholz- und der Schmalzeinführ, sowie
gegenüber der Einbeziehung von Futterreis in
das Maismonopol, wodurch man der Landwirt-
schaft umgekehrt wieder ein wichtiges Futter-
mittel verteuert. Aber im ganzen soll durchaus
anerkannt werden, daß diesmal die Rede des
Landwirtschaftsministers bedeutend sachlicher
war und die Kontingente mit keinem Worte er-
wähnte.
Interessant ist unter den veröffentlichten Bi-
lanzen wieder die Krupp-Bilanz. Auch sie zeigt
«inen Verlust, und zwar in Höhe von nahezu 20
Millionen (im Vorjahr rund 13 Millionen), aber
sie beweist doch auch, daß es diesem Unterneh-
men gelungen ist, in früheren Jahren so reich-
liche Reserven und zwar besonders stille Reser-
ven zu sammeln, daß daraus auch ein so hscher
Verlust abgedeckt werden kann. Im übrige« ist
der Bericht optimistisch und weist auf Beffe-
rungsanzeichen hin, so daß hoffentlich ein besse-
res Geschäftsjahr nachfolgt. Allerdings, ver-
mehrte Rüstungsausgaben werden hier wohl
nicht nachhelfen, wie manche meinen. — Was
hier von Krupp gilt, kann auch von einem gro-
ßen Teil der Großbrauereien gesagt werden.'Die
Durchschnittsdividenden sind zwar gesunken, aber
ein Rückgriff auf innere Reserven hat doch er-
möglicht, noch beträchtliche Sätze zu verteilen
(Löwenbräu 10 Prozent, Hacker 8 Prozent, Le-
derer-Nürnberg sogar 14 Prozent, ebenso Ber-
liner Kindl; Durchschnitt aller erfaßten Braue-
reigesellschaften 4,9 Prozent).
Die Kali-Industrie meldet eine beachtliche
Besserung, vor allem in Nebenprodukten und die
Photoapparate-Jndustrie kann es sich erlauben,
ihre Preise nach Wegfall der Preissenkungsver-
ordnung bei Markenartikeln von Januar an
Widder um 10 Prozent zu erhöhen. Sie könnte
es bestimmt nicht, wenn sie ein schlechteres Ge-
schäft befürchtete. Im übrigen wäre diese Re-
gelung besser unterblieben, da wohl anzunehmen
ist, daß inzwischen auch die Unkosten beträchtlich
zurückgeschraubt werden konnten. Dr. M.
Maschau an der Meswrnde
II.
Die katholische Weltkirche im Jahre 1SZ2
K.K. Im Februar beging unser Hl. Vater sein
zehnjähriges Regierungsjubiläum und im Mai
seinen 75. Geburtstag. Bei Gelegenheit der
Krönnungsfeier erließ Pius XI. eine Friedens-
botschaft an die katholische Welt, die den Men-
schen nahelsg-te, ihre gegenwärtigen Leiden Gott
aufzuopfern und um den Frieden Christi zu bit-
ten. Zw e i päpstliche Rundschreiben
von Bedeutung brachte das Jahr 1932: die En-
zyklika „Earitat« Orristi oompnloi" über die
Not der Menschheit von heute und ihre Ueber-
windung durch christlichen Bußgeist und über-
natürliche Gesinnung, sowie di« Enzyklika über
die Kirche Mexikos „^esrda aniini". Schwere
Verfolgungen durch rigoroseste Einschrän-
kung der Priesterzahl erlebten Mexikos Katho-
liken, und auch in Spanien dauert« die Unter-
drückung des kirchlichen Lebens fort. Der Jesu-
itenorden wurde aufgelöst und sein Vermögen
beschlagnahmt, eine' Verfassung eingeführt, die
die Rechte der Kirche schwer verletzt und eine
Eheg-esctzg-ebung beschlossen, gegen die die Bi-
schöfe gemeinsam protestierten. Die kleine katho-
lische Kirche in Rußland verharrt in ihrer Ohn-
macht. Man erfuhr nur aus der Presse, daß
Bischof d'Herbiguy im geheimen 5 neue Bischöfe
weihte. In Jugoslawien Protestierten -die Bi-
schöfe öffentlich gegen die Einschränkung der
kirchlichen Freiheit. Die litauische Regierung
verbot die Eröffnung der kathol. Universität
zu Kowno. Der Fried« Italiens mit dem Hl.
Stuhle wurde durch den Besuch Mussolinis beim
Papste auch äußerlich unterstrichen. Nichtsdesto-
weniger mußte di« Kirche Jtalianisierungsbe-
strebüngen des Religionsunterrichts in Süd-
tirol energisch abweh'ren. Die Streitigkeiten
zwischen der Kurie und dem Gouverneur von
Malta, die das Verhältnis der Kirche zum gan-
zen englischen Imperium beschatteten, wurden
beigelsgt, und der Konflikt zwischen dem Prager
Nuntius und dem deutschen Klerus der Tschecho-
slowakei nahm durch die Vermittlung des neuen
Erzbischofs von Prag sein Ende. Der Bischof
von Lüttich griff bei den belgischen Wahlen ich
einer Weise in die Gewissensfreiheit der deut-
schen Bevölkerung von Eupen-Malmckdy ein, die
in weiten katholischen Kreisen bisher ungelöste
Bedenken wachrief.
Aus der Fülle katholischer Lebensäußerungen
der Weltkirche ragt hervor der Eucharistische
Kongreß zu Dublin, ein Weltfronleichnam groß-
artigster Natur. Irland feierte zugleich' die
1500-Jahrfeier der Ankunft des -hl. Patrick im
Lande. Ein weiteres bedeutsames Jubiläum
Sielijchrs-ZMfr
Von KurtBock.
Liebwerter Sportkamerad (du trüber Knilch)!
„Gode Wind" zuror (was Dir der im Win-
ter wohl nützt?)!! Lndesunterfertigter erlaubt
sich, Ew. Liebden zur Taufe seines SegManu-
Neubaus, eines weihnachtlichen Selbstgeschenkes,
geziemend einzuladen; welchfelbi-ge Feier statt-
findet am 31. dieses Christmondes um 5 Uhr h.
s. t. des Nachmittags vor dem Klubhause.
Für Atzung wie Labetrunk haben Küche und
Keller dortselbst mit gebührender Kenntnis des
Schippermagens vorgesorgt.
Ew. Liebden geneigtester
Robert Alsen.
(Solltest Du Finsterling nicht erscheinen, so
wirst Du ehestens zur anatomischen Abnormi-
tät verhacktstückt! Investiert sind ferner Franz
und Pitter.)
Die schneidende Brise fegte uns beträchtlich
die Funken aus den Nasenwärmern, als wir uns
um den Täufling versammelten, der blitzeblüh-
weiß gelackt vorm Klubhaus auf Böcken lag. Ro-
bert — sprich: Bob — hatte eben den Klapp-
ma-st gesetzt und hißte Flaggengala. Wir ver-
zierten Bug und Pinne durch die mitgebrachten
Tannenkränze.
Wonach Bob herabenterte, uns im Halbkreis
malerisch gruppierte und alsdann den arg ge-
waltsam gereimten Tausspruch vom Stapel ließ.
Er langte seitlings in einen Schneehaufen, hob
eine liebliche Flasche Rheinwein ins Abendbrot
und sprach:
„Nun bring mir viele Cockpitschilder mit, —
Mein liebes Bot, ich tauf dich: Schwanewitt!"
und schmetterte die Buddel auf den blitzenden
Bugbeschlag. Die Scherben flogen, — der gol-
dene Inhalt jedoch blieb eine Flasche, — der
Wein war gefroren!
Unter feierlichem Absingen des Kantusses
»jAus Feuer ward der Geist geschaffen, drum
schenkt mir süßes Feuer ein!", stapften wir im
Gänsetrott zur großdurchnebelten Klubhalle, an
den Rundtisch des Se-eblickfeuers. Das herrliche,
vereisz-apfte Taufwasser verstaute Bob in eine
Glasschale am Kamin.
Schon dampften die Eisbeiner-Schüsseln mit
Zubehör herein, und Fritz, der Klubdiener,
schenkte die Becher voll zum ersten Glückwünsche.
Und wir erhoben die Hände zum lecker bereite-
ten Mahle.
Schwabbelnde Hügel verschwanden in geräu-
migen Unterwelten, gewürzt von Untvunk.
Zu einem Hoch auf „Schwanewitt" ging Bob
an seine Glasschüssel, den Ehrentrunk zu holen:
neben dem leeren Napf schnarchte mit verklärt-
verdrehten Augen Nero, der Klübköter. So
brüllten wir denn im Chorus: „Fritz, Grog!
Fritz, Grog!"
Nach Pitlers üppiger Rede schwenkten wir die
rauchenden Kalebassen seewärts zum friedlich ru-
henden Boote hin, um das schon die Dämme-
rung schneetreibend geisterte.
Und da verfiel Franz, die Kanaille, auf die
verrückte Idee:
„Auf ihr Mannen, wir feiern in der Boo-ts-
Plicht weiter! Wat, Kälte! Wir bauen die Heiz-
sonne achtern Mast! Her mit einer langen
Kupferlitze!"
Mit Hipp-Hipp wurde der verbrecherische Vor-
schlag angenommen und f-lugs ausgeführt. Nach
fünf Grogminuten hockten wir, mollig ange-
strahlt, auf den Bod-enbrettern, und Fritz trabte,
eingemummelt und rot grinsend, zwischen seiner
Giftmischerküche und unserer Trallkiste einher,
di-eweilen wir mächtig das historische Lied vom
braven Vadd-er Klink krähten: „Schnaps,
Schnaps, Schnaps, du edeles Getränke, du bist
und bleibst von der Natur, von die Natur, von
das Natur, du bist und bleibst von der Natur das
edelste Geschenke!"
Die Nacht fiel über uns her, wir merkten es
nicht, — Fritz blieb aus, wir ließen bereits die
unvermischte Flasche kreisen.
Eben, als Bob nach dem Lied von Krol, dem
Alemannen die wonnigen Verse anhub: „Der
Eskimo —lebt immer froh; doch manchmal lebt
er auch andersch, in seinem Wahn — säuft er
Lebertran und reibt damit Salamandersch" —,
da pappte ihm Pitter die Faust auf den Mund
und wisperte:
„Knusper, knusper, knäuschen, wer knuspert
an unserem Häuschen?"
Es Pfiff draußßen gellend durch den Flocken-
fall, mit knirschendem Krach sprang es auf Deck,
lachte schrill, grunzte und winselte wirr durch-
einander: drei Putzige Zottelgesellen huckten auf
den Waschbord nieder und Prusteten uns an:
„Dunnersla-g nee, habt ihr dat warm hier.
Langt mal nen Trappen rüber!"
Und sie flöteten gewaltig eins und immer
noch eins durch die schilf-grünen Bärte, blökten
begeistert, bammelten die beschuppten Flossen-
beine in die Plicht, daß sie im wärmenden Licht
tauten und gluckend tropften, stießen sich kichernd
in die Rippen und glubschten uns an aus run-
den Glotzkullern —: der Waterkerl, der Eistrull
und der Windpuk.
„Min Schatz, nun lieve Schatz, ich kann di
nichts verhehlen, im grünen Buddel fteiht noch
vat, den willn wi redlich deelen!"
Mit Hiuh und Hojoh und Brekekexguoax wa-
ren sie Hinterm Flaschenhals, Bob törnte be-
bernd einen neuen Proppen los. Der Schnee
rann uns klatschendnaß über Nacken und Gesicht,
das Wasser trat schon über die Bodenbretter.
Franz hob den Taufkranz bis über die Schul-
tern und hantierte wild die Pinne, während der
Windpuck mit seiner Mövenknalle in en Mast-
fuß die Glücksrunnen der Wolfsangel ritzte, die
alle Unholde fernhält und dem Klabauter gute
Hausung verheißt.
Dann aber — ein schwarzes Loch in unserer
Erinnerung — ein Loch voller Grognebel und
Rumdunst — jäh hinein haute ein Donner, wir
blinzelten matt hoch, — Neujahrsglocken riefen
weit über den See ihr Willkommen dem jungen
Jahre. Raketen zerknallten zischend, sprühend
über uns, Buntfeuer loderten rings, — überall
her Freudenschreie! —
Fritz, der Gute, hat uns denn vor den Duch-
ten losgeei-st, regelrecht losgeeist. Achtern wa-
ren wir steif angefroren und in eine dicke Kruste
verschalt, vorn quietschten wir triefnaß. Am
Kamin umschno-berte uns durstig schnüffelnd
Nero.
Aber Spiegeleier, heißer Kaffee und ein Ge-
waltmarsch, den uns Fritz weislich verordnete,
hat alle Trull-e aus und verjagt, — abends
zischte es schon wieder schmackhaft in der Ka-
nutengurgel.
Die Wolfsangel jedoch steht noch im Mastfuß,
zu Heil und Sieg.
Kunst nnrl Missenselnikt
* Eine internationale Ausstellung religiöser
Kunst. Die Socistse Saint-Luc, eine schweize-
rische Vereinigung, hat beschlossen, im Jahre
1933 in Genf und zwar -im Museum Rath
eine internationale Ausstellung moderner reli-
giöser Kunst zu veranstalten.
* Rumänien ehrt Robert Koch. In Klau-
enburg wurde dieser Tage ein Denkmal
ür Robert Koch, den Entdecker des Tuberku-
osebazillus, enthüllt. Der Ministerpräsident
Maniu und der frühere Ministerpräsident Vajda
Wojwod wohnten der Einweihung bei.
* Die Sängerin Barberini gestorben. Die
berühmte Verdi-Sängerin Tina Barvarinh '
die der Meister selbst im Gesang ausgebildet
hat, ist in Mailand im Alter von 70 Jahren
einem Schlaganfall erlegen.
„Pfälzer Bote" Heidelberg — Dienstag, den 3. Januar 1833
Seit« ü
Sie Wirtschaftslage um die Jahreswende
MwsMdlick mit SoffmmgM / Der gehaltene Export / Rückfluß der Aus-
landsguthaben / Die neue Arbeitsbeschaffung und Winterhilfe / Die Grün-
dung der Bankinstitute / Abschluß von Kandelsvertragsverhandlungen
Margarine-Experimente / Krupp-Bilanz u. a.
Wieder einmal stehen wir am Ende eines Jah-
res. Wie Brüning ganz richtig voraussah, ist es
das schwerste gewesen seit Ende der Inflation,
und dennoch läßt uns ein Jahresrückblick nicht
ohne Hoffnungen. Gewiß: 5,6 Millionen Ar-
beitslose am Jahresende sind keine Kleinigkeit
und die trostlose Lag« unserer öffentlichen Fi-
nanzen wird auch die Zukunft noch über die
Maßen bescheren. Aber schon ein Vergleich mit
1931 zeigt doch starke Unterschiede: damals ging
es fast ununterbrochen abwärts, diese Bewegung
hat sich nicht nur nicht fortgesetzt, sondern bis
in den späten Herbst hinein einer kleinen Erho-
lung Platz gemacht. Das Tief ist wohl erreicht.
Darin liegt an sich schon eine Hoffnung. Denn
was bedeutet es doch für die allgemeine Arbeits-
und Unternehmungslust, wenn das Barometer
immer tiefer und tiefer fällt? Das ist genau so,
wie wenn es immer regnet. Heute steht also das
Wirtschastsbarometer mindestens auf Veränder-
lich.
An einigen wenigen Punkten fällt zudem die
beginnende Umkehr direkt in die Augen. Das
gift vor allem für die Haltung der „Welt". Hier
ist endlich die Einsicht gewachsen, daß alle Völker
auf Gedeih und Verderb auf einander ange-
wiesen sind, daß die politischen Krisenherde (Re-
parationen. Abrüstung, Verschuldung) eine Re-
gelung fin-oen müssen, daß vor allem der inter-
nationale Protektionismus beendet werden muß,
wenn es in der Welt wieder besser werden soll.
Und daß sogar in diesem letzteren Falle schon
Ansätze zur Besserung vorhanden sind: man
denk« am das hollädisch-belgische Zollsenkungsab-
kommen oder an den langsamen Abbau von
Kontingenten in Frankreich, das will ratsächlich
schon etwas heißen. Deutschland insbesondere
darf sich daneben noch freuen, daß es trotz der
englischen und anderer Valuta-Entwertungen
einen beträchtlichen Ausfuhrüberschuß beibehal-
ten konnte, der eittschl. Novemberaußenhandel
immerhin etwas über eine Milliarde ausmacht.
Berücksichtigt man, daß daneben schon eine an-
sehnliche Tilgung deutscher Auslandsschulden
Hand in Hand läuft, so läßt sich die Bedeutung
dieser Ausfuhr erst recht würdigen. Auch sonst
sind wir ja in Deutschland endlich zu einer ge-
wissen Beruhigung gelangt, und auch das birgt
gewisse Erleichterungen für die Zukunft, wie
man heute schon an dem Rückfluß der Auslands-
guthaben, an der Auflösung der Sparstrümpfe,
an der Besserung der Wertpapierkurse erkennen
kann.
Man mag aus alledem ersehen, daß eine Bes-
serung in jedem Falle nur recht langsam vor
sich gehen kann, daß es also keineswegs auf das
Geheiß eines Diktators, wie Millionen bisher
annahmen, mit einem Schlage besser wird. Im
Gegenteil, die Möglichkeiten einer Beeinflussung
der Entwicklung sind bei uns denkbar klein. Das
beweist die inzwischen geregelte Winternothilfe
wie auch das neue Arbeitsb-esch-affungspro-
gr-amm. Wenn der Finanzminister kürzlich aus-
führte, daß der Gesamtbetrag der öffentlichen
Haushalte von 20,8 Milliarden im Jahre 1929
auf 14,8 Milliarden 1932 zurückging, obwohl
«ine Reihe von Steuererhöhungen vorgenommen
wurde, so beweist das besser als alles andere, wie
gering die Möglichkeiten sind. Man versteht des-
halb, daß die Regierung die geforderte Winter-
hilfsaktion auf das Mögliche zurückschraubte
(Verbilligung von Lebensmitteln und Heizmate-
rial im Gesamtbeträge von 35 Millionen), ohne
daß damit eine restlose Zustimmung zu dieser
Form der Winterhilfe ausgedrückt werden soll.
Denn einem großen Teil der Erwerbslosen wer-
den selbst die so verbilligten Güter noch zu teuer
sein, so daß sie dann leer ausgehen. Auch die
neue Arbeitsbeschaffung hält sich von den phan-
tastischen Zahlen fern, die zuerst genannt waren.
Es werden einmal die schon bisher vorgesehenen
Avbeitsbeschaffungsmatznahmen (darunter auch
jene der Reichsbahn und Reichspost mit 340
Mill.) weitergeführt, was einen Betrag von
etwa einer Milliarde erfordert, der aber, wie ge-
sagt, schon früher sichergestellt ist, ohne daß es
bisher möglich war, die Arbeiten alle schon be-
ginnen zu lassen. Daraus erklärt sich schon, wa-
rum man bisher noch relativ wenig von einem
Einfluß dieser Arbeitsbeschaffung merkte, lieber
diese alten Pläne hinaus wird man eine Summe
von etwa 500 Millionen in den Dienst der
öffentlichen Anträge stellen. Was neu an
diesem Programm ist, geht daraus hervor,
daß der Weg der Subvention grundsätzlich ver-
lassen und an seine Stelle als Auftraggeberin
für die Wirtschaft die öffentliche Hand gesetzt
wird, um auf diese Weise Fehlinvestitionen zu
vermeiden und den gesamtwirtschaftlich größt-
möglichen Nutzeffekt zu erreichen. Da infolge
der verhängnisvollen Finanzpolitik früherer
Jahre, die in guten Zeiten Aufträge gab, statt
diese auf die schlechten aufzusparen, heute die
sachlichen Ausgaben sämtlicher öffentlicher Kör-
perschaften besonders stark gekürzt werden muß-
ten, so hak der Gedanke der öffentlichen Arbeits-
beschaffung gewiß auch daraus schon eine wirk-
liche Berechtigung. Noch in einer anderen Hin-
sicht erscheint mir die neue Arbeitsbeschaffung
wichtig. Es werden nämlich die Zuschüsse für
Hausreparaturen um weitere 50 Millionen er-
höht, ein« Maßnahme, die nur zu berechtigt
war. Denn auf keinem Gebiet wie hier ergeben
sich so gute Möglichkeiten einer gesunden Ver-
bindung von öffentlicher und privater Arbeits-
beschaffung.
Außer der Arbeitsbeschaffung hat die Regie-
rung eine Reihe neuer Maßnahmen ergriffen,
die in ihrer Art wichtig sind. Da ist nun end-
lich die Gründung der Hilfsinstitute für die
Anstauung der Bankdebitoren erfolgt, von denen
früher schon mehrmals die Rede war. Mögen
im einzelnen einige Abweichungen erfolgt sein
(auch die Namen wurden geändert), so bleibt
das Prinzip doch gewahrt: eine A.-G. Deutsches
Finanzierungsinstitut übernimmt für fünf Jahre
einen großen Teil der z. Zt. unverwertbaren
Effektenbestände der Banken und die Tilgungs-
kasse für gewerbliche Kredite übernimmt die ein-
gefrorenen Debitoren zwecks allmählicher Til-
gung. Damit erhalten die Banken wieder er-
höhte Bewegungsfreiheit und könnpn mehr als
bisher in Aktion gesetzt werden. Eine neue Ver-
ordnung bringt eine Erweiterung der Pflicht-
prüfung bei Aktiengesellschaften und außerdem
hat die Regierung inzwischen ein Verbot neuer
Einheitspreisgeschäft« erlassen. Gerade die letz-
tere Maßnahme wurde im Interesse des Mittel-
standes vorgenommen und kann z. Zt. als unbe-
denklich gelten da die Preise auch der Einzel-
händler manchmal nicht nur denjenigen der
Einheitspreisgeschäfte gleichkommen, sondern
diese durch Angebot besserer Qualitäten gewöhn-
lich noch unterschreiten. Eine Schädigung des
Konsumenten liegt also nicht vor. Was die
schwebenden Handelsvertragsverhandlungen an-
geht, so wurde ein Zusatzabkommen zum deutsch-
französischen Handelsvertrag unterzeichnet und
ebenso scheint ein deutsch-polnisches Abkommen
endlich in den Bereich der Wirklichkeit zu treten.
Ein gewagtes Experiment ist zweifellos die
Neuordnung der Margarineherstellung. Denn
hier hat die Regierung nicht nur verordnet, daß
künftig eine Beimischung von Butter statt von
Schmalz zur Margarine vorgenommen wird,
sondern sie hat auch die Befugnis einräumen
lassen, überhaupt den Umfang der Margarine-
herstellung zu bestimmen und die Absatzmetho-
den zu kontrollieren. Einmal ganz davon abge-
sehen, ob es rein gualitativ der Margarine zu-
kommt, wenn ihr statt Schmalz Butter beige-
mischt wird (das Beispiel beim Benzin wirkt ab-
schreckend!), so ist schon die Begründung der
Beimischung recht unklar. Denn da heißt es
einmal, daß der Landwirtschaft dadurch geholfen
werde und daß andererseits bei der relativen
Bedeutungslosigkeit von 10—15 000 Tonnen in
Frage kommender Butter angesichts einer Mar-
garineproduktion von über 400 000 Tonnen der
Konsument keinen Schaden dabei haben werde.
Wenn der Konsument keinen Schaden haben soll,
so dürfen die Preise nicht erhöht werden und
das ist, soll überhaupt der Landwirtschaft gehol-
fen werden, nur möglich, wenn es gelingt, die
Verteuerung der Industrie aufzubürden.' Da-
rum wird es sich schließlich drehen. Wir bleiben
in solchen Fällen immer skeptisch. Das gleiche
gilt gegenüber den erfolgten Kontingentierungen
der Papiecholz- und der Schmalzeinführ, sowie
gegenüber der Einbeziehung von Futterreis in
das Maismonopol, wodurch man der Landwirt-
schaft umgekehrt wieder ein wichtiges Futter-
mittel verteuert. Aber im ganzen soll durchaus
anerkannt werden, daß diesmal die Rede des
Landwirtschaftsministers bedeutend sachlicher
war und die Kontingente mit keinem Worte er-
wähnte.
Interessant ist unter den veröffentlichten Bi-
lanzen wieder die Krupp-Bilanz. Auch sie zeigt
«inen Verlust, und zwar in Höhe von nahezu 20
Millionen (im Vorjahr rund 13 Millionen), aber
sie beweist doch auch, daß es diesem Unterneh-
men gelungen ist, in früheren Jahren so reich-
liche Reserven und zwar besonders stille Reser-
ven zu sammeln, daß daraus auch ein so hscher
Verlust abgedeckt werden kann. Im übrige« ist
der Bericht optimistisch und weist auf Beffe-
rungsanzeichen hin, so daß hoffentlich ein besse-
res Geschäftsjahr nachfolgt. Allerdings, ver-
mehrte Rüstungsausgaben werden hier wohl
nicht nachhelfen, wie manche meinen. — Was
hier von Krupp gilt, kann auch von einem gro-
ßen Teil der Großbrauereien gesagt werden.'Die
Durchschnittsdividenden sind zwar gesunken, aber
ein Rückgriff auf innere Reserven hat doch er-
möglicht, noch beträchtliche Sätze zu verteilen
(Löwenbräu 10 Prozent, Hacker 8 Prozent, Le-
derer-Nürnberg sogar 14 Prozent, ebenso Ber-
liner Kindl; Durchschnitt aller erfaßten Braue-
reigesellschaften 4,9 Prozent).
Die Kali-Industrie meldet eine beachtliche
Besserung, vor allem in Nebenprodukten und die
Photoapparate-Jndustrie kann es sich erlauben,
ihre Preise nach Wegfall der Preissenkungsver-
ordnung bei Markenartikeln von Januar an
Widder um 10 Prozent zu erhöhen. Sie könnte
es bestimmt nicht, wenn sie ein schlechteres Ge-
schäft befürchtete. Im übrigen wäre diese Re-
gelung besser unterblieben, da wohl anzunehmen
ist, daß inzwischen auch die Unkosten beträchtlich
zurückgeschraubt werden konnten. Dr. M.
Maschau an der Meswrnde
II.
Die katholische Weltkirche im Jahre 1SZ2
K.K. Im Februar beging unser Hl. Vater sein
zehnjähriges Regierungsjubiläum und im Mai
seinen 75. Geburtstag. Bei Gelegenheit der
Krönnungsfeier erließ Pius XI. eine Friedens-
botschaft an die katholische Welt, die den Men-
schen nahelsg-te, ihre gegenwärtigen Leiden Gott
aufzuopfern und um den Frieden Christi zu bit-
ten. Zw e i päpstliche Rundschreiben
von Bedeutung brachte das Jahr 1932: die En-
zyklika „Earitat« Orristi oompnloi" über die
Not der Menschheit von heute und ihre Ueber-
windung durch christlichen Bußgeist und über-
natürliche Gesinnung, sowie di« Enzyklika über
die Kirche Mexikos „^esrda aniini". Schwere
Verfolgungen durch rigoroseste Einschrän-
kung der Priesterzahl erlebten Mexikos Katho-
liken, und auch in Spanien dauert« die Unter-
drückung des kirchlichen Lebens fort. Der Jesu-
itenorden wurde aufgelöst und sein Vermögen
beschlagnahmt, eine' Verfassung eingeführt, die
die Rechte der Kirche schwer verletzt und eine
Eheg-esctzg-ebung beschlossen, gegen die die Bi-
schöfe gemeinsam protestierten. Die kleine katho-
lische Kirche in Rußland verharrt in ihrer Ohn-
macht. Man erfuhr nur aus der Presse, daß
Bischof d'Herbiguy im geheimen 5 neue Bischöfe
weihte. In Jugoslawien Protestierten -die Bi-
schöfe öffentlich gegen die Einschränkung der
kirchlichen Freiheit. Die litauische Regierung
verbot die Eröffnung der kathol. Universität
zu Kowno. Der Fried« Italiens mit dem Hl.
Stuhle wurde durch den Besuch Mussolinis beim
Papste auch äußerlich unterstrichen. Nichtsdesto-
weniger mußte di« Kirche Jtalianisierungsbe-
strebüngen des Religionsunterrichts in Süd-
tirol energisch abweh'ren. Die Streitigkeiten
zwischen der Kurie und dem Gouverneur von
Malta, die das Verhältnis der Kirche zum gan-
zen englischen Imperium beschatteten, wurden
beigelsgt, und der Konflikt zwischen dem Prager
Nuntius und dem deutschen Klerus der Tschecho-
slowakei nahm durch die Vermittlung des neuen
Erzbischofs von Prag sein Ende. Der Bischof
von Lüttich griff bei den belgischen Wahlen ich
einer Weise in die Gewissensfreiheit der deut-
schen Bevölkerung von Eupen-Malmckdy ein, die
in weiten katholischen Kreisen bisher ungelöste
Bedenken wachrief.
Aus der Fülle katholischer Lebensäußerungen
der Weltkirche ragt hervor der Eucharistische
Kongreß zu Dublin, ein Weltfronleichnam groß-
artigster Natur. Irland feierte zugleich' die
1500-Jahrfeier der Ankunft des -hl. Patrick im
Lande. Ein weiteres bedeutsames Jubiläum
Sielijchrs-ZMfr
Von KurtBock.
Liebwerter Sportkamerad (du trüber Knilch)!
„Gode Wind" zuror (was Dir der im Win-
ter wohl nützt?)!! Lndesunterfertigter erlaubt
sich, Ew. Liebden zur Taufe seines SegManu-
Neubaus, eines weihnachtlichen Selbstgeschenkes,
geziemend einzuladen; welchfelbi-ge Feier statt-
findet am 31. dieses Christmondes um 5 Uhr h.
s. t. des Nachmittags vor dem Klubhause.
Für Atzung wie Labetrunk haben Küche und
Keller dortselbst mit gebührender Kenntnis des
Schippermagens vorgesorgt.
Ew. Liebden geneigtester
Robert Alsen.
(Solltest Du Finsterling nicht erscheinen, so
wirst Du ehestens zur anatomischen Abnormi-
tät verhacktstückt! Investiert sind ferner Franz
und Pitter.)
Die schneidende Brise fegte uns beträchtlich
die Funken aus den Nasenwärmern, als wir uns
um den Täufling versammelten, der blitzeblüh-
weiß gelackt vorm Klubhaus auf Böcken lag. Ro-
bert — sprich: Bob — hatte eben den Klapp-
ma-st gesetzt und hißte Flaggengala. Wir ver-
zierten Bug und Pinne durch die mitgebrachten
Tannenkränze.
Wonach Bob herabenterte, uns im Halbkreis
malerisch gruppierte und alsdann den arg ge-
waltsam gereimten Tausspruch vom Stapel ließ.
Er langte seitlings in einen Schneehaufen, hob
eine liebliche Flasche Rheinwein ins Abendbrot
und sprach:
„Nun bring mir viele Cockpitschilder mit, —
Mein liebes Bot, ich tauf dich: Schwanewitt!"
und schmetterte die Buddel auf den blitzenden
Bugbeschlag. Die Scherben flogen, — der gol-
dene Inhalt jedoch blieb eine Flasche, — der
Wein war gefroren!
Unter feierlichem Absingen des Kantusses
»jAus Feuer ward der Geist geschaffen, drum
schenkt mir süßes Feuer ein!", stapften wir im
Gänsetrott zur großdurchnebelten Klubhalle, an
den Rundtisch des Se-eblickfeuers. Das herrliche,
vereisz-apfte Taufwasser verstaute Bob in eine
Glasschale am Kamin.
Schon dampften die Eisbeiner-Schüsseln mit
Zubehör herein, und Fritz, der Klubdiener,
schenkte die Becher voll zum ersten Glückwünsche.
Und wir erhoben die Hände zum lecker bereite-
ten Mahle.
Schwabbelnde Hügel verschwanden in geräu-
migen Unterwelten, gewürzt von Untvunk.
Zu einem Hoch auf „Schwanewitt" ging Bob
an seine Glasschüssel, den Ehrentrunk zu holen:
neben dem leeren Napf schnarchte mit verklärt-
verdrehten Augen Nero, der Klübköter. So
brüllten wir denn im Chorus: „Fritz, Grog!
Fritz, Grog!"
Nach Pitlers üppiger Rede schwenkten wir die
rauchenden Kalebassen seewärts zum friedlich ru-
henden Boote hin, um das schon die Dämme-
rung schneetreibend geisterte.
Und da verfiel Franz, die Kanaille, auf die
verrückte Idee:
„Auf ihr Mannen, wir feiern in der Boo-ts-
Plicht weiter! Wat, Kälte! Wir bauen die Heiz-
sonne achtern Mast! Her mit einer langen
Kupferlitze!"
Mit Hipp-Hipp wurde der verbrecherische Vor-
schlag angenommen und f-lugs ausgeführt. Nach
fünf Grogminuten hockten wir, mollig ange-
strahlt, auf den Bod-enbrettern, und Fritz trabte,
eingemummelt und rot grinsend, zwischen seiner
Giftmischerküche und unserer Trallkiste einher,
di-eweilen wir mächtig das historische Lied vom
braven Vadd-er Klink krähten: „Schnaps,
Schnaps, Schnaps, du edeles Getränke, du bist
und bleibst von der Natur, von die Natur, von
das Natur, du bist und bleibst von der Natur das
edelste Geschenke!"
Die Nacht fiel über uns her, wir merkten es
nicht, — Fritz blieb aus, wir ließen bereits die
unvermischte Flasche kreisen.
Eben, als Bob nach dem Lied von Krol, dem
Alemannen die wonnigen Verse anhub: „Der
Eskimo —lebt immer froh; doch manchmal lebt
er auch andersch, in seinem Wahn — säuft er
Lebertran und reibt damit Salamandersch" —,
da pappte ihm Pitter die Faust auf den Mund
und wisperte:
„Knusper, knusper, knäuschen, wer knuspert
an unserem Häuschen?"
Es Pfiff draußßen gellend durch den Flocken-
fall, mit knirschendem Krach sprang es auf Deck,
lachte schrill, grunzte und winselte wirr durch-
einander: drei Putzige Zottelgesellen huckten auf
den Waschbord nieder und Prusteten uns an:
„Dunnersla-g nee, habt ihr dat warm hier.
Langt mal nen Trappen rüber!"
Und sie flöteten gewaltig eins und immer
noch eins durch die schilf-grünen Bärte, blökten
begeistert, bammelten die beschuppten Flossen-
beine in die Plicht, daß sie im wärmenden Licht
tauten und gluckend tropften, stießen sich kichernd
in die Rippen und glubschten uns an aus run-
den Glotzkullern —: der Waterkerl, der Eistrull
und der Windpuk.
„Min Schatz, nun lieve Schatz, ich kann di
nichts verhehlen, im grünen Buddel fteiht noch
vat, den willn wi redlich deelen!"
Mit Hiuh und Hojoh und Brekekexguoax wa-
ren sie Hinterm Flaschenhals, Bob törnte be-
bernd einen neuen Proppen los. Der Schnee
rann uns klatschendnaß über Nacken und Gesicht,
das Wasser trat schon über die Bodenbretter.
Franz hob den Taufkranz bis über die Schul-
tern und hantierte wild die Pinne, während der
Windpuck mit seiner Mövenknalle in en Mast-
fuß die Glücksrunnen der Wolfsangel ritzte, die
alle Unholde fernhält und dem Klabauter gute
Hausung verheißt.
Dann aber — ein schwarzes Loch in unserer
Erinnerung — ein Loch voller Grognebel und
Rumdunst — jäh hinein haute ein Donner, wir
blinzelten matt hoch, — Neujahrsglocken riefen
weit über den See ihr Willkommen dem jungen
Jahre. Raketen zerknallten zischend, sprühend
über uns, Buntfeuer loderten rings, — überall
her Freudenschreie! —
Fritz, der Gute, hat uns denn vor den Duch-
ten losgeei-st, regelrecht losgeeist. Achtern wa-
ren wir steif angefroren und in eine dicke Kruste
verschalt, vorn quietschten wir triefnaß. Am
Kamin umschno-berte uns durstig schnüffelnd
Nero.
Aber Spiegeleier, heißer Kaffee und ein Ge-
waltmarsch, den uns Fritz weislich verordnete,
hat alle Trull-e aus und verjagt, — abends
zischte es schon wieder schmackhaft in der Ka-
nutengurgel.
Die Wolfsangel jedoch steht noch im Mastfuß,
zu Heil und Sieg.
Kunst nnrl Missenselnikt
* Eine internationale Ausstellung religiöser
Kunst. Die Socistse Saint-Luc, eine schweize-
rische Vereinigung, hat beschlossen, im Jahre
1933 in Genf und zwar -im Museum Rath
eine internationale Ausstellung moderner reli-
giöser Kunst zu veranstalten.
* Rumänien ehrt Robert Koch. In Klau-
enburg wurde dieser Tage ein Denkmal
ür Robert Koch, den Entdecker des Tuberku-
osebazillus, enthüllt. Der Ministerpräsident
Maniu und der frühere Ministerpräsident Vajda
Wojwod wohnten der Einweihung bei.
* Die Sängerin Barberini gestorben. Die
berühmte Verdi-Sängerin Tina Barvarinh '
die der Meister selbst im Gesang ausgebildet
hat, ist in Mailand im Alter von 70 Jahren
einem Schlaganfall erlegen.