Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Pfälzer Bote für Stadt und Land (68) — 1933 (April bis Juni)

DOI chapter:
Nr. 100-124 (2. - 31. Mai)
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.68778#0394
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext




«MM;



WW


WWW
WrÄm



. " ------ - .

Dienstag, -en 16. Mai 1SS8

Seite '.

Nr. i rr

Prozeß um das .MmmögM" von Werrkl
Ein Schwundgeldschein der Gemeinde Woergl über einen Schilling. Die Tiroler Jndu-
gemeinde Woergl war im Vorjahr durch die Stillegung sämtlicher Betriebe in eine gefähr-
liche Situation geraten. Deshalb beschloß der Gemeinderat, Arbeitsbestütigungen zu je 1,
5 und 10 Schilling Nennwert auszugeben, zu deren Annahme sich Arbeiter und Geschäfts-
leute freiwillig verpflichteten. Durch die Auferlegung einer Iprozentigen Entwertungs-
steuer pro Monat (durch Aufkleben einer Marke zu kennzeichnen) erlitt das Geld eine große
Umlaufgeschwindigkeit. Die Aktion war von außerordentlichem Erfolg begleitet. Die ge-
samten Steuerrückstände der letzten vier Jahre konnten in fünf Monaten hereingebracht wer-
den und es gab in ganz Woergl keine Arbeitslosen mehr. Jetzt hat die österreichische Re-
gierung aus Währungsgründen das Schwundgeld verboten, worauf sich die Stadt an das
Verwaltungsgericht wandte. Inzwischen haben amerikanische Nationalökonomen größtes
Interesse für diesen interessanten Versuch gezeigt.

giment, wo man seinen Sinn sofovt voll ver-
stand. Eine Skizze über den Platz habe ich 19 IT
einem zum Austausch heranstchenden Sanitäts-
unteroffizier in den Absatz nageln -las-
s e n. Auch diese Skizze kam gut nach Deutsch
land. Die Nachforschungen der Franzosen hm
aber bis zu meiner Entlassung aus der G-efan
genschaft 1920 eigentlich nie ganz aufgehört.
Als nach unserer -großen Somme-Offensive
das Kampfgelände des 7./8. Oktober wieder in
deutscher Hand war, suchte man auch unserer-
seits nun an Hand -der von Stockmann gefer-
tigten Skizze nach der Fahne. Vergeblich; man
fand sie nicht. So fürchtete man, daß die Fran-
zosen sie vielleicht doch noch entdeckt oder daß
Zielt- und Kampfwirkung sie restlos vernichte!
hätten.
Groß war daher die Nsberraschung und
Freude, als Anfang 1921 das Fahnentuch,
Gehänge, Spitze und Beschläge von unbe-
kanntem Absender aufgegeben, auf unauf-
geklärt gebliebenem Wege eines Tages an
das Abwicklungs-Hauptamt Berlin und von
dort an das Staatsministerin«» in Karls-
ruhe gelangte».
Versuche, den Absender zu ermitteln, Rie-
ben erfolglos. Durch einen Zufall fast erfuhr
man -dann aber doch auch -die Geschichte der Wie-
derauffindung und Rettung. Sie ist so merk-
würdig, daß sie erzählt zu werden verdient:
Der in Ueberlingen -am Bodensee wohnhafte
Schneidermeister Raible, im Felde Unter-
offizier bei bei 5. Kompagnie des Res.-Jnf.-
Regnnems 111, befand sich, in der Somme-
schlacht in Gefangenschaft geraten, in einem
englischen Lager. Dorthin kamen 19M aus
Frankreich weitere deutsche Kriegsgefangene,
ehemalige Angehörige rheinischer Regimenter.
Eines Tages börte Raible, wie einige die-
ser Neuen sich leise über eine aus-
gegrabene -deutsche Fahne unter-
hielten. Er erzählte ihnen nun die Geschichte
vom Verlust der Fahne seines Bataillons. Die

So faßte ich schnell den Entschluß, die
Fahne vorläufig zu vergraben, um sie aus
jeden Fall der Sicht der Franzosen zu ent-
ziehen. Später wollte ich dann meinen
Durchbruchsplan wieder aufnehmen.
Mit ein paar Mann löste ich mich aus der
Kampflinie. Wir krochen in den dichteren Teil
des Waldes, hoben schnell ein Loch aus, warfen
die Fahne hinein und schaufelten wieder zu.
Durch Laub und Gras wurde die frisch gegra-
bene Erde verdeckt und so die Stelle unkennt-
lich gemacht. Durch plötzlich -einsetzendes Ar-
lilleriefeuer wurde unser Trupp zersprengt.
Einige wurden nachher von den von der ande-
ren Seite in den Wald eindringenden Franzo-
sen abgeschossen, andere gefangen genommen;
zu den letzteren gehörte auch ich. Die weiteren
Ereignisse, Verhöre, Vernehmungen bei den
einzelnen Stäben, die ang-estellten Versuche, den
Verbleib der verschwundenen Fahne -auf irgend-
eine Art zu erfahren, die Gefangenschaft selbst,
Fluchtversuch, Entbehrung, Mißhandlung, Ge-
fängnis, -Strafkolonie, Stehzelle sowie Schika-
nen aller Art bilden ein Kapitel für sich. In
d-er Gefangenschaft überlegte ich mir oft, wie
ich unser Regiment, ohne daß die Franzosen es
merke» würden, vom Verbleib der Fahne un-
terrichten könnte. Mit meinem Gefangen-
schaftskam-eraden, dem Offizier-Stellv-ertreter
Wiebert, jetzt Oberzollinspektor beim Haupt-
zollamt Karlsruhe, verfaßte ich dann
einen Brief, in dem anged-eutet war, daß die
Fahne nicht in französische Hände gefallen war.
In der Vorkriegszeit hatte -der -So-ldatenmund
die Fahne ja oft mit dem „Knüppel" belegt.
So teile» wir mit, daß bei dem Nachtangriff
vor unserer Gefangennahme unser tapferer
„Fähnrich Knüppel" gefallen sei und im
Walde von Bßcourt unter einer Eiche begra-
ben liege. Wir baten, die Eltern des Knüppel
zu benachrichtigen. Dies war der ungefähre
Inhalt des Briefes. Unbeanstandet ging der
Brief ab und gelangte auch richtig an das Re-

Ne Rettung der Fahne des 2. Bataillons des Ref.-Znf.-Reg. 111
Anläßlich der feierlichen Ueberführung der
lhmreichen Fahnen der badischen Regimenter
« den Spiegelsaal des Schlosses übergab -die
iresfestelle beim Staatsmrnisterium der O-ef-
-ntlichk-eit folgenden interessanten Bericht über.
die Rettung der Fahne des 2. Bataillons
des Res.-Jnf.-Regts. 111:
Das 14. Reservekorps stand Ende September
914 in der Gegend südlich Cambrai. Um Fr i-
ourt tobte seit Tage» der Kampf. Am Abend
--Ls 7. Oktober erhielt der Kommandeur des
!. Bataillons des Res.-Jnf.-Regts. 111, Oberft-
eutnant Weitz, den Befehl, sich in der Nacht
» den Besitz von B 5 court und der westlich
mvon gelegenen Höhe 106 zu setzen. Dort stan-
wn feindliche Batterien. Zu diesem Unterneh-
men wurden ihm noch je zwei Kompagnien des
Kes.-Regts. 40 und Res.-Jäger-Bataillons 14
nebst einem Pionierzug zur Verfügung gestellt.
Die schon eingetretene Dunkelheit erschwerte
Mar jede Erkundung und den Ansatz der
Truppe sehr. Die Kürze der zur Vorbereitung
verfügbaren Zeit machte eine solche geradezu
unmöglich; -eine einigermaßen ausreichende Ar-
tUerisv o ober ei tung fehlte völlig.
Trotzdem gelang es, wenn auch unter er-
heblichen Verlusten, die feindliche Linie zu
durchbrechen, Wald und Dorf Becourt zu
nehmen und auch noch über die westliche
Waldgrenze vorzustoßen.
Kurz vor den feindlichen Batterien kam der
Angriff an starkem Infanterie- und Artillerie-
feuer zum stocken. Alle Versuche, ihn weiter vor-
zutragen, mißlangen. Verstärkungen waren
keine mehr zur Verfügung und kamen auch
nicht, trotz wiederholtem Ansuchens. Vom Feuer
überschüttet und ihrerseits nun von erheblich
überlegenen Kräften angegriffen, mußten die
Reste -endlich in den Wald von BZcourt zurück.
Inzwischen über hatten -die Franzosen, beider-
seits des Bgcourt-Waldes wieder vorgehend,
die durchbrochenen Linien wieder geschloffen
und so die deutsche Sturmtruppe von allen
Seiten festgelegt.
So fand der anbrechende Tag die tapfere
Truppe in verzweifelter Lage.
Durch Angriff und N-achtgefecht war ihr Be-
stand erheblich zusammengeschmolzen, in der
Dunkelheit war der Zusammenhalt mehr oder
weniger zerrissen, die Munition war knapp ge-
worden die Kräfte waren -erschöpft. Wieder-
holte Versuche, durch einen Durchbruch nach
rückwärts wieder -den Anschluß an die eigene
Front zu gewinnen, zerschellten unter aberma-
ligen großen Verlusten. Das bittere
Schicksal der Gefangennahme nahte sich un-
aufhaltsam.
Die Fahn e des Bataillons, die mit in vor-
derster Feuerlinie war, war von -den Franzo-
sen nicht mrbem-evkt geblieben, und die Aus-
sicht, eine deutsche Fahne zu erbeuten, stärkte
sicherlich ihren Angriffsmut. Aber dieser
Triumph sollte ihnen nicht zuteil werden. Diese
Freude wollt der wackere Fahnenträger, Vize-
-feldw-ebel -Stöckmann, jetzt Zollassiitsnt
beim -deutschen Zollhauptamt Bafel, ihnen doch
nicht -gönnen. So sann «r auf Rettung seiner
Flchme. Doch lassen wir ihn selbst berichten:
„In der Erkenntnis, haß wir aus diesem
Walde nicht mehr h-erauskommen würden, frug
sich den schwerverletzten Bataillonskomm-andeur,
-was ich mit der Fahne machen sollte. Er be-
fahl mir: „Lösen Sie das Fahnentuch und
binden Sie es um den Leib." Infolge des schnel-
len Vordringens der Franzosen konnte ich aber
'diese Weisung nicht mehr auZführen. Auch hatte
ich mich schon mit dem Gedanken befaßt, mich
mit ein paar Mann meiner Kompagnie zu ver-
bergen und dann nach eingebrochener Dunkel-
heit nach Fricourt durchzuschlagen. Doch die
Ereignisse überstürzten sich, unsere Stellung
konnte jeden Augenblick gestürmt werden.

Hitlers Ehrenpreis für die Automobilisten.
„Der Goldene Helm von Deutschland", eine
Trophäe, die der Reichskanzler dem Automobil-
klub München von 1903 als Rennpreis übergab.
Das Kleinod ist vorläufig bei dem Münchener
Juwelier ausgestellt, der es anfertigte.

andern verpflichteten Raible daraufhin zu
strengster Verschwiegenheit und sagten ihm, daß
s i e diese Fahne gesunden und im Be-
sitz hätten. Diese Gefangenen hatten im Park
von Bgcouvt Aufräumungsarbetten verrichten
müssen. Dabei entdeckten sie die Fahne. Heim-
lich lösten sie das Tuch von der Stange und
auch die Beschläge, den Schaft verbrannten sie
dann. Einer wickelte sich die Fahne um den
Leib, die anderen steckten die anderen Teile zu
sich u»d nahmen sie so mit in die Baracke, wo
sie die Fahne mit Zubehör unter einer Bank
mit einem Brett festmachten. Beim Abtrans-
port nach England verstauten sie die Trophäe
in -einer Ziehharmonika, in welcher sie
auch mit nach Deutschland gebracht wurde.
Leider sind die Namen dieser braven Kamera-
den nicht bekannt.
So ist durch Besonnenheit und raschen Ent-
schluß des Fahnenträgers, durch standhaf-
j tes Schweigen der vom Verbleib der Fahne
. wissenden Mitgefangenen, durch die tapfere
Tat der rhemischen Kameraden und durch
gütige Fügung des Geschicks -diese Fahne
> nicht in Feindeshand gefallen, sondern ge-
rettet worden.
Wenn auch das tapfere Bataillon, dessen ge-
ringe Reste bei jenem unglücklichen und unge-
nügend vorbereiteten Unternehmen, von einem
übermächtigen Feinde umzingelt, in Gefangen-
schaft -gerietten, an dem Verlust seines Feldzei-
chens keinerlei Schuld trug, so war die Opfe-
rung der Fahne -doch allen Ueberlebenden ein
bitterer Schmerz. Um so größer ist heute -die
Freude, unter die alten ruhmbedeckt-e-n Fah-
nen der sieggewohnten badischen Regimenter
auch -dieses verloren geglaubte Ehrenzeichen
wieder eingefüg-t zu wissen.
All denen, die -bei der Rettung des -dem
Feinde schon verfallenen Fel-dz-erchens des 2. Ba-
taillons des Res.-Jnf.-Regts. 111 sich verdient
gemacht haben, sei der herzliche Dank
des badischen Volkes dargebracht.

Schließung des Leo-Hauses
München, 15. Mai. Laut „Völkischer Beob-
achter" ist das „Leo-Haus" finanziell zusam-
mengebrochen. Man nennt eine Summe von
/—3 Millionen an Verlusten, die offenbar mit
der Wirtschaftskrise Zusammenhängen. Weitere
positive Angaben sind abzuwarten.

Dir MeMe Lokomotive der Welt kommt aut die Ltmagver
Mltausstettung
Die Lokomotive des „Fliegenden Schotten" (Vordergrund) in Montreal mit einem kanadischen Lo-
komotiven-Riesen. Die englische Maschine wurde zu Schiff nach Kanada gebracht, und dort neu zu-
sammengesetzt. Sie fährt jetzt nach Chicago, um dort auf der Weltausstellung als eine Standaro
leistung der alten Welt bewundert zu werden.

Muer iimiMMM MtyMvt^lUS uvec oen vsean
Oben: Italienisches Marine-Großflugzeug. — Unten: Die Route des Eefchwaderfluges,
der von Rom über Berlin, Amsterdam, Island, Labrador, Newyork zur Weltausstellung
nach Chicago führen wird. — Rechts: Jtalo Valbo, der Führer des italienische Geschwa-
ders — Nachdem im Januar 1931 italienische Piloten im Geschwaderslug dre Sudatlanttt
überquerten wollen sie jetzt versuchen, mit 24 Maschinen über die Nordatlantrk zu fliegen.
 
Annotationen