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Pfälzer Bote für Stadt und Land (68) — 1933 (April bis Juni)

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Nr. 125-147 (1. - 30. Juni)
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https://doi.org/10.11588/diglit.68778#0662
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^ttt^o^rse^eL ck^irrc»ert«m

All/ ciem stksrsc/r vockr Ui/sb.-rc/r

die halbtägige
der Quelle der
Es war gar zu

kommen; aber es war ja auch schon „Ersatz" da:
60 Wölflinge aus Heidelberg-Ost lösten uns ab.
Mit ihnen zogen wir im gemeinsamen Marsch
mit Bannern und Musik durch die Stadt und wir
dann mit herzlichem Dank für diese wahrhaft
schönen Stunden der Erholung in Hilsbach und
mit reicher und bleibender Erinnerung der
Heimat zu.

am Sonntag zwei forsche Fußballspiele zum Aus-
trag kamen. Nach dem mittägigen Gottesdienst
machten wir einen Rundgang durch Hilsbach und
seine nähere Umgebung, wobei uns Hauptlehrer
Maier in die denkwürdige Vergangenheit des
Ortes einweihte und uns die historischen Denk-
mäler zeigte. Der Abend brachte ein urwüchsiges
gemütliches Beisammensein mit der Jungschar
Hilsbach im Vereinslokal „Zum Rößel".
Eindrucksvoll und schon war am Montag unsere
Wanderung zur Burgruine auf dem

uns während dieser Pfingsten
der frühen Morgenstunde der
beteten wir um den rechten
heiligen Meßopfer. Nachher
Kraft auf dem Sportpllrb, wo

Steinsberg. Wir erfuhren, daß da oben
nebenbei auch schon der junge „alte Fritz" eine
unfreiwillige Sitzung abhalten mußte Unvergeß-
lich wird uns auch die Jugendkundgebung
am Nachmittag bleiben, wo der H. H. Pfarrer
Baumann und Hauptlehrer Maier uns herz-
liche und frohe Worte widmeten und wo wir eine
Probe unserer Pfadfinder-Art geben durften.
Zu früh war für uns die Abschiedsstunde ge-

Die Pfadsindersache marschiert. Die Tatsache ist
unbestreitbar. Die letzten Statistiken nannten
über 2 000 000 Pfadfinder in aller Welt. Und auch
von den meisten andern Jugendbünden ist seine
Art jugendlichen Lebens mehr oder weniger über-
nommen worden.
Unsere Jugend leidet ja unter der Maschinenkul-
tur, die den jungen Menschen körperlich verküm-
mern und geistig veröden läßt. Er fühlt sich leib-
lich und seelisch eingeengt. Das Leben ist leer, weil
der Junge nicht mehr „erlebt". Dem gesunden
Jungen können die großstädtischen Erlebnismög-
lichkeiten: Fußball, Zigarette, Alkohol, Kino,
Poussieren, nicht genügen. Er braucht ein Ideal,
das entfernt genug ist, um zu reizen, und nahe ge-
nug, um im Alltag gelebt zu werden. Das kann
we^er der Modegigcrl sein, noch der Sportse,r.
Für den englischen Jungen war das Vorbild der
Koionialengländer, halb Ansiedler, halb Soldat:
mutig, klug, kameradschasliich, hilfsbereit, rau,
aber treu. Das Ganze übersetzte Baden-Po-
we l l mit einzigartiger Meisterhaftigkeit ins Jun-
genhafte. Er zeigte dem Großstadtjungcn den
Weg ins Land seiner Träume, gab ihm Mut und
Lust, den Weg zu gehen, verband das echt mensch-
liche Ideal der Hilfsbereitschaft mit der WildwZt-
romantik, die Selbstzucht mit dem Tatendrang. Er
gab ihm das, was er in den Abenteurerbüchern nur
gelesen als wahrhaftige Wirklichkeit im „Lager"
und leitete ihn an, die Romantik des Helfens und
Entdeckens auch in der Straßenbahn und auf dem
Schulhof weiterzuleben. So versöhnte er Ideal
und Wirklichkeit.

„Das Lilienbanner wehet . . .
Komm Bruder, reich die Hand!
Mag rings der Sturmauch wehen,
Wir fahren über's Land!"

9^ an versteht die kath. Gemeinschaft im
ganzen nicht, wenn man nicht weiß, welch
reiche Entfaltung in organisch gebundenem
Wachsen sich in der katholischen Ju-
gend vollzieht. Dank allen denen, die ge-
rade diese blühende Bewegung im kath. Ge-
meinschaftsleben mit Kraft und Verständnis
betreuen.

*
Es ist durchaus begreiflich, daß die Gestalt des
echten Pfadfinders gerade in der heutigen Lage
auch der deutschen Jugend gefällt: der frische,
straffe Junge, der sich in freier Zucht dem Führer
und der Gruppe fügt,, der sich durch keine Schwie-
rigkeit unterkriegen laßt, der schon durch die ge-
meinsame Tracht die Idee der Gemeinschaft ver-

kündet. Durch Gesetz und Versprechen weiß er sich
an sein hohes Ideal verpflichtet. Die Rangabzei-
chen wecken seinen Ehrgeiz und spornen ihn an zu
ernster Arbeit an sich selbst. Sind sie doch nur der
Lohn für tadellose Haltung und redliche Anstren-
gung. Der Knoten im Halstuch erinnert ihn an
an die tägliche „gute Tat". Der Wahlspruch mahnt
ihn an seine Pflicht: „Allzeit bereit" zu sein zu je-
der Pflicht und jedem Liebesdienst.
* *
Eine alles durchdringende, mutvolle Religiosität
ist das Fundament allen Pfadfindertumss Ba-
den Powell selbst ist der Sohn eines angli-
kanischen Geistlichen und selbst ein durch und
durch religiöser Mensch. Pfadfindcrtum ist ihm
eine Art praktischen Christentums. Vom katho-
lischen Pfadfinder aber verlangt er, daß er als
ganzer Charakter auch ganz katholisch sei
bis in die Knochen hinein, und daß ihm
Gott, Kirche und Papst die höchsten Autoritäten
seien.
An zweiter Stelle steht bei ihm eine große
Vaterlandsliebe, die sich äußern soll in
treuer Pflichterfüllung an der gattberufsnen
Stelle, in opferwilligem Dienen und Lieben.
Dazu gesellen sich unbedingte Ehrenhaftigkeit
und Treue, ritterlicher Dienst am andern und
stramme Disziplin.
Wie hätte sich nicht auch kath. deutsche Jugend
für ein solches Ideal begeistern sollen? Die ersten
katholischen Pfadfinderstämme in Deutschland ent-
standen im Jahre 1928. Schon 1930 folgten auch
die beiden Stämme in H.-Kirchheim und H.-Hand-
schuhsheim. Im Jahre 1931 schlossen sich alle dem
kath. Jungmännerverein an. Rasch dehnten sie sich
nun über ganz Deutschland aus und zählen heute
über 10000 Mitglieder.
Möge der Deutschen Pfadfinderschaft St. Georg
auch weiterhin zum Segen der Kirche und des
Volkes ein mächtiges inneres und äußeres Wachs-
tum beschieden sein!

*
In der Pfarrei der Jesuiten-
kirche hat der H. H. Kaplan Braun,
mitunterstützt von dem rührigen Präfekten
Albert Deißler und Feldmeister Wilh.
Sauer, das jugendliche kath. Vereins-
leben d e r O st st a d t in zielbewusster und
unermüdlicher Tätigkeit zur vollen Blüte ge-
bracht. — Wir wollen heute kurz eine pro-
grammatische Einführung in das Pfadfin-

von U.-Ost
in Hilsdaeli
Herrliches Pfingstwetter über dem Land!
Pfadfinder rüsten zur frohen Fahrt. Wohin

Die
auch
immer . . . wir wissen es: Pfingst geist, Pfingst-
freu de und Pfingst licht wird bei uns sein.
Frisch auf drum in Gottes wunderschöne Natur!
Wir Pfadfinder von Heidelberg-
Ost hatten uns — dreißig Mann stark — für
Pfingsten ein kleines, aber schönes und sonniges
Plätzchen im Elsenztal ausgesucht: Hilsbach.
Da also wollten wir, wenn auch nur zwei kurze
Tage,, in froher, frischer Kameradschaftlichkeit das
Pfingstfest zur Gesundung für Seele und Leib ver-
bringen. Wir freuten uns schon lange darauf.
Waren auch erst noch einige Schwierigkeiten zu
überwinden. Dank der nachhaltigen Bemühungen
unseres Präfekten konnte der Aufbruch mit aller
guten Hoffnung gewagt werden. Feierstunde nach
der Arbeit des Werktages: Frisch auf!
Am Samstag abend ging es los. Gute Stim-
mung auf allen Gesichtern, in allen Herzen. Erst
Bahnfahrt bis Sinsheim, nachher ein flotter
Marsch in Schritt und Tritt und frohe Lieder aus
frischen Kehlen. Die Jungschar von Hilsbach
hatte es auch an diesem frühsommerlich schönen
Abend hinausgetrieben: mit herzlichem Willkomm
empfing sie uns bei Weiler. 2m Vereinslokal
„Zum Rößel" tauschten wir dann den Pfadfinder-
gruß mit den Führern von Hilsbach, kurz und
bündig, denn wir waren müde genug, zugleich
aber auch gespannt, wo uns Rast und Unterkom-
men für das Psingstwochenende sein werde. Wir
ahnten es zwar schon, aber es war dann doch noch -
mehr, als wir erwarten konnten. Wir werden es
unseren Wirten, den guten Hilsbacher Bürgern,
nicht vergessen können, daß sie uns, wir müssen
schon sagen, noch besser als die besten
Freunde ausgenommen haben. Herrliche Quar-
tiere, wie sie Pfadfinder sonst auf ihren Fahrten
nicht beanspruchen können! Dazu eine „Atzung",
die unsere abgespannten Kräfte von Grunde und
nachhaltig auffrischte, mit einem ortswüchsigen
köstlichen Trunk, daß uns noch heute davon das
Herz im Leibe lacht.
Habt unseren ganzen herzlichen Dank, Ihr
lieben Hilsbacher, für das, was Ihr uns, der
städtischen Jugend, damit Gutes getan habt. Wir
werden im besonderen auch nicht vergessen, was
Schönes und Treues wir im gemütliche Aus-
tausch des Wortes von Euch empfangen haben.
Der Führer der Jungschar in Hilsbach, Georg
Vetter, hatte die Organisation in mustergül-
tiger Weise durchgeführt. Voll liebevoller Sorge
waren die Bemühungen des Vezirksleiters, Haupt-
lehrer Maier, und des Präfekten des Jung-
männervereins, Hugo Markheiser. Sie beide
scheuten keine Mühe, uns jungen Leuten viel Ab-
wechslung und angenehme Stunden währens un-
seres Besuches zu bereiten.
So verlockend es gewesen wäre, auf die „faule
Haut" haben wir
nicht gelegt. In
beiden Feiertage
Pfingstgeist beim
übten wir unsere

dertum geben. Zugleich mögen einige Auf-
zeichnungen der ca. 100 Pfadfinder und Wölf-
linge von H.-Ost, die sie uns von ihrer dies-
jährigen Pfingsttour nach Hilsbach bei Sins-
heim gegeben haben, von der aus religiösem
und deutschem Geist geborenen Kamerad-
schaft, Volksverbundenheit und Urwüchsigkeit
dieser jungen Leute sprechen, einfach, schlicht
und froh, und darum überzeugend schön.
*
Die „N e u d e u t s ch e n" (Leitung: Prof.
Dr. Lossen und Prof. Löffler) und zwar
der Gau „Langemarck", haben zu Pfingsten
in Oberlaudenbach ein viertägiges
Zeltlager ausgemacht und dabei in ernster Be-
sinnung das Problem „Religion und
Vaterland" diskutiert. Darüber geben
wir ebenfalls untenstehend den Bericht

Lelm (-elänclespo/r
beiseite stehen. Denk Dir, einmal haben wir bei
unseren Arbeiten draußen ein wunderschönes Reb-
huhnnest mit 20 Eiern entdeckt: war das eine
Freude! Noch was „Schönes" übrigens: Der
schnellfüßige „Schampel", den Du kennst, hat sich
bei den Feldarbeiten ins Vein gehackt. Auch das
war spaßig. Geschah ihm nebenbei ganz recht so!
Es war ja nicht schlimm.
Wir waren rechte Frühaufsteher. Um 6 Uhr
ging die Trommel um; da duldete es keinen mehr
im Bett. Der Herr Pfarrer hat sich sehr darüber
gefreut, daß wir am Morgen immer pünktlich
und in Sammlung zum Gottesdienst gekommen
sind. Die Hilsbacher Buben müssen sich schämen,
wenn sie künftig nun einmal den Gottesdienst in
der Frühe verschlafen sollten.
Eine schöne Wanderung war
Tour nach dem Kreuzberg. An
Elsenz haben wir Rast gemacht,
verlockend, in das morgenfrische Wasser hineinzu-
plumpsen. Durch einen herrlichen Wald, wo wir
schon mal den Hochsitz erkletterten, um mit dem
Fernrohr nach Wild auszuspähen, ging es hinauf:
droben hatten wir einen herrlichen Blick in die
Runde. Eine schöne Kapelle ist auf dem Berg; das
kleine Elöcklein mußte es sich von uns „rauhen"
Gesellen gefallen lassen, sein Sturmstimnlein

... ein junior ölklinA
«ein oilrt... 1
Lieber Freund!
Schade, daß Du diesmal an Pfingsten nicht
dabei sein konntest. Du wirst uns im Stillen
beneidet haben. Der Plan, von dem ich Dir
früher einiges verraten habe, ist, wie ich Dir
jetzt, noch in seliger Erinnerung, mitteilen kann,
mit allen glücklichen „Schikanen" und „Wundern"
zur Durchführung gekommen.
Denke Dir: vier Tage in dem herrlichen Hils-
bach, wo wir nur frohe und frische Wölflinge sein
brauchten. So schön und frei und „wie bei Mut-
tern" — ich meine bei den Hilsbacher Bauern, die
uns alle in's Herz eingeschlossen haben — ist es
noch nie gewesen! Nun ärgere Dich nicht gelb und
grün; wenn Du brav bist, will ich auch Dich un-
seren neuen Hilsbacher Freunden empfehlen; es
steht Dir dann frei, ebenso schöne Stunden dort
zu verleben, wie wir 60 Wölflinge diese Pfingsten
das Glück hatten.
Beinahe wäre ich ein Bäuerlein geworden. Wir
haben nämlich an den Nachmittagen gar tüchtig
im Garten und Feld mitgeholfen: gemäht, Kar-
toffel gehackt, Futter geholt, gefahren und tausend
andere Arbeiten. Der Bauer hat jetzt wieder
schrecklich viel zu arbeiten; da konnten wir nicht
 
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