Sette 8
,PfSlzer Bote" Heidelberg — Dienstag, den 87. Juni 1NSS
Wr.1M
Wrjen brWtigen die MjOshauytstaht
Diese Gruppen von Indern, die alle dem Stamm der Parsen angehören, sind in Berlin
zu einer Besichtigung der Reichshauptstadt ein getroffen, in deren Straßen die schönen
Nationaligewänder ihrer Frauen überall größtes Interesse erregen. Die Parsen sind die
alte rein arische Herrscherschicht des nördlichen Indien. Sie leben heute nur noch in wenigen
lausend Familien und stellen die letzten Anhänger der Lehre Zarathustras dar.
8um Mrsötag von Brrsailles
Die Schlußsitzung der „Friedenskonferenz" im Spiegelsaal zu Versailles am 28. Juni
1918. In. dieser Sitzung wurde das Diktat unterzeichnet. In der Mitte der Wandreihe
sieht man Wilson und Clemenceau, die geistigen Urheber des Versailler Dokuments. — Am
28. Juni gedenkt ganz Deutschland des schweren Tages, an dem vor 14 Jahren das Frie-
densdiktat unterzeichnet wurde. Ungeheures Elend hat dieses Dokument über unser Vater-
land heraufbeschworen, doch auch jenseits der Grenzen wurde seither immer klarer erkannt,
daß der Vertrag nicht einmal den Siegern Glück brachte, sondern daß er für die Welt nur
Wivtschastszerfall und Völkerhader heraufbeschwor.
Die größte Mr der Welt vor ihrer Aollendung
Ein immerwährender Kalender, der einen
Durchmesser von dreieinhalb Meter hat und
der bis zum Jahre 9999 zählt.
Eine schöne Gruppe des Riesenswerks. Sieben
Gottheiten des Altertums führen sieben Wagen,
die die Wochentage darstellen. Darüber sind
vier Lebensalter zu sehen, die an dem Tod
vorüberziehen. Äicher gibt mit der Sense die
Tageszeit an.
Die größte Uhr der Welt wird jetzt in Straßburg im Elsaß hergestellt. Dieses technische
Wunderwerk ist für die Kathedrale in Messina bestimmt, die schon aus der Normannenzelt
(12. Jahrhundert) stammt. Die Einweihung wird am 15. August erfolgen.
Das höchste Gebäude der Welt als Blitzableiter.
Eine Zufalls-Aufnahme vom Einschlag eines ga-
belförmigen Blitzes in das Empire-State-Building
in Newyork, das höchste Gebäude der Welt. Durch
einn Blitzableiter wurde der Riesenbau, der natür-
lich bei Gewittern besonders bedroht ist, vor Scha-
den bewahrt.
Ein neues Musikinstrument.
Eine bereits perfekte kleine Schülerin des
neuen Instruments, genannt „Stoessellaute",
die durch ihren stark verkürzten Hals auffällt.
Bei der Vorführung vor einem geladenen
Publikum in Wien wurde vor allem die schöne
Klangwirkung gerühmt.
Deutschland, unsere Liebe und unser Schcksal.
Eine Lese aus deutschem Schrifttum, Her-
ausgegeben von Werner Lenartz. 8°. 320
S. Leinen NM. 3.75. 1933. Pädagogischer
Verlag, GmbH., Düsseldorf.
Der Dichter, berufen wie kaum ein anderer,
menschliches Erleben und Geschehen, Größe wie
Schwäche, mit dem Reichtum unserer Sprache
festzuhalten, ist nicht zuletzt Künder unserer
Aufgabe. An ihm Stütze und Klärung zu
finden in unserem Wollen, muß Bestreben
aller sein, die an eine deutsche Sendung glau-
ben. Der verantwortungsbewußten nationa-
len, auf Volkwerdung gerichteten Dichtung
sollen wir daher nicht nur in der Schule —
was selbstverständlich ist — sondern auch
außerhalb der Schule, vor allen Dingen in
Jugendverbänden, mehr als bisher unsere
Aufmerksamkeit zuwenden.
Als Mangel wurde es sehr häufig empfun-
den, war es nun vornehmlich beim Deutsch-
und Geschichtsunterricht in der Schule oder bei
Veranstaltung vaterländischer Feiern in
Schule und Verein, daß bis jetzt keine Samm-
lung geeigneten Schrifttums, die den zu stel-
lenden Anforderungen genügt, für diese Zwecke
zur Verfügung stand. Dem wird nun das
vorliegende Werk abhelfen, das als äußerst
praktische Handreichung für Schule und Ver-
ein eine ausgezeichnete Lese aus deutschem
Schrifttum bietet. Es wird unserer Jugend
das von unseren Vätern überkommene Erbe
näherbringen, es sie erleben und somit auch
eigen werden lassen. Namen von Klang, wie
Richard Billinger, Franz Herwig, Ricarda
Huch, Jakob Kneip, Gertrud von Le Fort,
Heinrich Lersch, Josef Nadler, Rainer Maria
Rilke, Wilhelm Schäfer, Ina Seidel, Josef
Winckler u. a., begegnen uns in diesem
neues Schrifttum besonders berücksichtigenden
Werk, dem der Verlag eine dem Inhalt wür-
dige Ausstattung zuteil werden ließ.
Daß das Buch nicht nur seinen Weg zur
Jugend, sondern auch zu den Erwachsenen fin-
den wird, davon sind wir überzeugt. Es wird
diese erbauen, wie es die Jugend begeistern
wird.
*
„Natur und Kultur". Monatsschrift für Na-
turwissenschaft und ihre Grenzgebiete. Ge-
leitet von Dr. A. Süßengurth u. Dr. Franz
Wetzel. Verlagsanstalt Tyrolia, Jnnsbruck-
Wien-München. 30. Jahrgang. Halbjährig
RM. 4.—. Heft 6.
Die neueste Nummmer dieser Zeitschrift ent-
hält wieder eine Reihe interessanter Aufsätze:
Besteht ein Zusammenhang zwischen Kultur-
beginn des Menschen und seinen Haustieren?
Von Prof. Dr. F. P. Stegmann von Pritzwald.
— Bergknappen vor 4000 Jahren. Von Pri-
vatdozent Dr. R. Pittioni. — Joh. Chrps. Mit-
terrutzner. Von Dr. F. Heinrich. — Die „Wa-
terlily"-Pest. Von Annie Franke-Harrer. —
Weitere Beiträge zu den Untersuchungen
über menschliche „Emanation". Von Ober-
studienrat Dr. A. Wendler — Rundschau —
Die nationale Umwälzung in Deutschland und
„Natur und Kultur" — Naturschutz — Na-
tur und Haus — Himmelsrundschau — Auf-
gaben — Praktische Naturkunde — Sprechsaal
— Bücherschau.
Baul Barsch erzählt aus seiner Kindheit und
Jugend. Mit einem Vorwort von Paul
Keller. 187 Seiten, in Leinen gebunden
RM. 3.50. Bergstadtverlag. Breslau I.
Wer des Dichters großen autobiographischen
Roman „Von Einem der auszog . . .", von
dem bereits 25 000 Exemplare erschienen, ge-
lesen hat, erlebte das mannigfaltige Schicksal
des wandernden Handwerksburschen Paul
Barsch. Arm an irdischen Gütern war seine
Jugend, doch innerer Reichtum ließ sie stets
alle äußere Not verkleinern und überwinden.
Was der Dichter in dem neuen Buche er-
zählt, sind Ereignisse aus seiner Heimat und
Erlebnisse aus seiner Kindheit und Jugend,
die für den werdenden Menschen bedeutungs-
voll gewesen sind. Die große Kunst seines
Erzählens schuf plastische Bilder schlesii^'r
Menschen und schlesischer Landschaft, die der
junge Paul als Handwerksbursche durchwan-
derte und verließ, um in anderen Gauen
deutschen Landes eine neue Heimat zu suchen
zu finden — und zu verlieren. Denn der dem
Menschen innewohnende Zug nach der Hei-
mat, an die jeder durch irgendwelche Fäden
für immer verknüpft bleibt, führte auch den
jungen Handwerksburschen zurück, um lang-
sam und stetig, durch die vielen Erlebnisse
tiefer Not und Entbehrungen reif und still
geworden, zu einem Dichter von besonderer
Eigenart zu reifen. Und aus der Reife jener
Zeit sind diese Erzählungen.
Kmtrr Kerkermauern
Mauern, die um den Menschen stehen, können
ihm ein Gefühl der Ruhe, Sicherheit und Behag-
lichkeit geben. Sie können aber auch wie Sarg-
wände wirken und ihm das Gefühl des Lebendig-
begrabenseins vermitteln. So vor allem die Zucht-
hausmauern. Wir „Normalmenschen" lesen so oft
von Zuchthausstrafen, mit denen irgend ein Ver-
brechen geahndet wurde, doch läßt uns dies in sei-
ner Häufung je nach unserer Einstellung mehr oder
weniger kühl. Vielleicht aber stellt uns einmal in
einer besonderen gefühlsbetonten Stunde unser so-
ziales Empfinden vor die Frage: Wie mag es
eigentlich den Menschen zumute sein, die mehrere
oder viele Jahre, möglicherweise sogar lebensläng-
lich, hinter Kerkermauern eingeschlossen sind? Wie
mag es um deren Seelenleben stehen? Es handelt
sich ja um lebendige Menschen mit Fleisch und
Blut, mit einem fühlenden Herzen, mit einer un-
sterblichen Seele.
Eine ausgezeichnete Antwort auf diese und ähn-
liche Fragen gibt uns das erschütternde und auch
wieder andererseits erhebende Buch „Zuchthaus"
von Leopold Arthofer, das E. von Handel-Maz-
zetti im Verlag Kösel u. Pustet, München,
herausgegeben hat (Preis kart. 3,50, Ganzleinen
4,80 RM.). Aus einer Fülle von Beobachtungen
und Erlebnissen heraus zeichnet hier ein erfahrener
Zuchthaus-Seelsorger, der wie kein anderer mit
dem inneren Leben seiner Schutzbefohlenen ver-
traut ist, knappe, psychologisch fesselnde Skizzen.
Scharfe Streiflichter fallen auf die Unglücklichen,
die eine unglückselige Veranlagung, ein unbe-
herrschter Augenblick oder sonst ein tragisches Mo-
ment straffällig werden ließ, und auf die in ihrer
rohen Gesinnung abstoßenden Berufsverbrecher.
Unkrautbewachsen, hart und steinig ist der Boden,
der hier von dem Seelsorger bearbeitet werden
muß, und gar manches Mal könnte er verzagen.
Himmlische Geduld und eine unwandelbare Näch-
stenliebe müssen ihn auf seinem Platze halten. Der
Priester Arthofer zeigt uns an so manchem tröst-
lichen Beispiel, daß die unendliche Hirtenliebe des
Heilandes auch hinter Zuchthausmauern noch zahl-
reiche verirrte Schäflein vor dem Abgrund rettet.
Besonders wertvoll wird das Buch für Eltern, Ju-
gendfllhrer und überhaupt für alle Jugenderzieher
durch die klare Aufdeckung der Einflüsse und
Gründe, die viele Menschen zum Verbrechen füh-
ren: schlechte oder ungenügende Erziehung, Affen-
liebe der Eltern, Verbrechermilieu, Wohnungsnot,
pharisäische Haltung gegenüber einmal Gefalle-
nen, erotische Kleidung und „freies" Benehmen,
Unglaube, schlechte Literatur, Alkohol, Rauschgifte,
Willensschwäche, Klatschsucht, Verleumdung usro-
Eine gepflegte Sprache hebt das Buch über einen
einfachen Bericht hinaus. Josef Gutberlet.
,PfSlzer Bote" Heidelberg — Dienstag, den 87. Juni 1NSS
Wr.1M
Wrjen brWtigen die MjOshauytstaht
Diese Gruppen von Indern, die alle dem Stamm der Parsen angehören, sind in Berlin
zu einer Besichtigung der Reichshauptstadt ein getroffen, in deren Straßen die schönen
Nationaligewänder ihrer Frauen überall größtes Interesse erregen. Die Parsen sind die
alte rein arische Herrscherschicht des nördlichen Indien. Sie leben heute nur noch in wenigen
lausend Familien und stellen die letzten Anhänger der Lehre Zarathustras dar.
8um Mrsötag von Brrsailles
Die Schlußsitzung der „Friedenskonferenz" im Spiegelsaal zu Versailles am 28. Juni
1918. In. dieser Sitzung wurde das Diktat unterzeichnet. In der Mitte der Wandreihe
sieht man Wilson und Clemenceau, die geistigen Urheber des Versailler Dokuments. — Am
28. Juni gedenkt ganz Deutschland des schweren Tages, an dem vor 14 Jahren das Frie-
densdiktat unterzeichnet wurde. Ungeheures Elend hat dieses Dokument über unser Vater-
land heraufbeschworen, doch auch jenseits der Grenzen wurde seither immer klarer erkannt,
daß der Vertrag nicht einmal den Siegern Glück brachte, sondern daß er für die Welt nur
Wivtschastszerfall und Völkerhader heraufbeschwor.
Die größte Mr der Welt vor ihrer Aollendung
Ein immerwährender Kalender, der einen
Durchmesser von dreieinhalb Meter hat und
der bis zum Jahre 9999 zählt.
Eine schöne Gruppe des Riesenswerks. Sieben
Gottheiten des Altertums führen sieben Wagen,
die die Wochentage darstellen. Darüber sind
vier Lebensalter zu sehen, die an dem Tod
vorüberziehen. Äicher gibt mit der Sense die
Tageszeit an.
Die größte Uhr der Welt wird jetzt in Straßburg im Elsaß hergestellt. Dieses technische
Wunderwerk ist für die Kathedrale in Messina bestimmt, die schon aus der Normannenzelt
(12. Jahrhundert) stammt. Die Einweihung wird am 15. August erfolgen.
Das höchste Gebäude der Welt als Blitzableiter.
Eine Zufalls-Aufnahme vom Einschlag eines ga-
belförmigen Blitzes in das Empire-State-Building
in Newyork, das höchste Gebäude der Welt. Durch
einn Blitzableiter wurde der Riesenbau, der natür-
lich bei Gewittern besonders bedroht ist, vor Scha-
den bewahrt.
Ein neues Musikinstrument.
Eine bereits perfekte kleine Schülerin des
neuen Instruments, genannt „Stoessellaute",
die durch ihren stark verkürzten Hals auffällt.
Bei der Vorführung vor einem geladenen
Publikum in Wien wurde vor allem die schöne
Klangwirkung gerühmt.
Deutschland, unsere Liebe und unser Schcksal.
Eine Lese aus deutschem Schrifttum, Her-
ausgegeben von Werner Lenartz. 8°. 320
S. Leinen NM. 3.75. 1933. Pädagogischer
Verlag, GmbH., Düsseldorf.
Der Dichter, berufen wie kaum ein anderer,
menschliches Erleben und Geschehen, Größe wie
Schwäche, mit dem Reichtum unserer Sprache
festzuhalten, ist nicht zuletzt Künder unserer
Aufgabe. An ihm Stütze und Klärung zu
finden in unserem Wollen, muß Bestreben
aller sein, die an eine deutsche Sendung glau-
ben. Der verantwortungsbewußten nationa-
len, auf Volkwerdung gerichteten Dichtung
sollen wir daher nicht nur in der Schule —
was selbstverständlich ist — sondern auch
außerhalb der Schule, vor allen Dingen in
Jugendverbänden, mehr als bisher unsere
Aufmerksamkeit zuwenden.
Als Mangel wurde es sehr häufig empfun-
den, war es nun vornehmlich beim Deutsch-
und Geschichtsunterricht in der Schule oder bei
Veranstaltung vaterländischer Feiern in
Schule und Verein, daß bis jetzt keine Samm-
lung geeigneten Schrifttums, die den zu stel-
lenden Anforderungen genügt, für diese Zwecke
zur Verfügung stand. Dem wird nun das
vorliegende Werk abhelfen, das als äußerst
praktische Handreichung für Schule und Ver-
ein eine ausgezeichnete Lese aus deutschem
Schrifttum bietet. Es wird unserer Jugend
das von unseren Vätern überkommene Erbe
näherbringen, es sie erleben und somit auch
eigen werden lassen. Namen von Klang, wie
Richard Billinger, Franz Herwig, Ricarda
Huch, Jakob Kneip, Gertrud von Le Fort,
Heinrich Lersch, Josef Nadler, Rainer Maria
Rilke, Wilhelm Schäfer, Ina Seidel, Josef
Winckler u. a., begegnen uns in diesem
neues Schrifttum besonders berücksichtigenden
Werk, dem der Verlag eine dem Inhalt wür-
dige Ausstattung zuteil werden ließ.
Daß das Buch nicht nur seinen Weg zur
Jugend, sondern auch zu den Erwachsenen fin-
den wird, davon sind wir überzeugt. Es wird
diese erbauen, wie es die Jugend begeistern
wird.
*
„Natur und Kultur". Monatsschrift für Na-
turwissenschaft und ihre Grenzgebiete. Ge-
leitet von Dr. A. Süßengurth u. Dr. Franz
Wetzel. Verlagsanstalt Tyrolia, Jnnsbruck-
Wien-München. 30. Jahrgang. Halbjährig
RM. 4.—. Heft 6.
Die neueste Nummmer dieser Zeitschrift ent-
hält wieder eine Reihe interessanter Aufsätze:
Besteht ein Zusammenhang zwischen Kultur-
beginn des Menschen und seinen Haustieren?
Von Prof. Dr. F. P. Stegmann von Pritzwald.
— Bergknappen vor 4000 Jahren. Von Pri-
vatdozent Dr. R. Pittioni. — Joh. Chrps. Mit-
terrutzner. Von Dr. F. Heinrich. — Die „Wa-
terlily"-Pest. Von Annie Franke-Harrer. —
Weitere Beiträge zu den Untersuchungen
über menschliche „Emanation". Von Ober-
studienrat Dr. A. Wendler — Rundschau —
Die nationale Umwälzung in Deutschland und
„Natur und Kultur" — Naturschutz — Na-
tur und Haus — Himmelsrundschau — Auf-
gaben — Praktische Naturkunde — Sprechsaal
— Bücherschau.
Baul Barsch erzählt aus seiner Kindheit und
Jugend. Mit einem Vorwort von Paul
Keller. 187 Seiten, in Leinen gebunden
RM. 3.50. Bergstadtverlag. Breslau I.
Wer des Dichters großen autobiographischen
Roman „Von Einem der auszog . . .", von
dem bereits 25 000 Exemplare erschienen, ge-
lesen hat, erlebte das mannigfaltige Schicksal
des wandernden Handwerksburschen Paul
Barsch. Arm an irdischen Gütern war seine
Jugend, doch innerer Reichtum ließ sie stets
alle äußere Not verkleinern und überwinden.
Was der Dichter in dem neuen Buche er-
zählt, sind Ereignisse aus seiner Heimat und
Erlebnisse aus seiner Kindheit und Jugend,
die für den werdenden Menschen bedeutungs-
voll gewesen sind. Die große Kunst seines
Erzählens schuf plastische Bilder schlesii^'r
Menschen und schlesischer Landschaft, die der
junge Paul als Handwerksbursche durchwan-
derte und verließ, um in anderen Gauen
deutschen Landes eine neue Heimat zu suchen
zu finden — und zu verlieren. Denn der dem
Menschen innewohnende Zug nach der Hei-
mat, an die jeder durch irgendwelche Fäden
für immer verknüpft bleibt, führte auch den
jungen Handwerksburschen zurück, um lang-
sam und stetig, durch die vielen Erlebnisse
tiefer Not und Entbehrungen reif und still
geworden, zu einem Dichter von besonderer
Eigenart zu reifen. Und aus der Reife jener
Zeit sind diese Erzählungen.
Kmtrr Kerkermauern
Mauern, die um den Menschen stehen, können
ihm ein Gefühl der Ruhe, Sicherheit und Behag-
lichkeit geben. Sie können aber auch wie Sarg-
wände wirken und ihm das Gefühl des Lebendig-
begrabenseins vermitteln. So vor allem die Zucht-
hausmauern. Wir „Normalmenschen" lesen so oft
von Zuchthausstrafen, mit denen irgend ein Ver-
brechen geahndet wurde, doch läßt uns dies in sei-
ner Häufung je nach unserer Einstellung mehr oder
weniger kühl. Vielleicht aber stellt uns einmal in
einer besonderen gefühlsbetonten Stunde unser so-
ziales Empfinden vor die Frage: Wie mag es
eigentlich den Menschen zumute sein, die mehrere
oder viele Jahre, möglicherweise sogar lebensläng-
lich, hinter Kerkermauern eingeschlossen sind? Wie
mag es um deren Seelenleben stehen? Es handelt
sich ja um lebendige Menschen mit Fleisch und
Blut, mit einem fühlenden Herzen, mit einer un-
sterblichen Seele.
Eine ausgezeichnete Antwort auf diese und ähn-
liche Fragen gibt uns das erschütternde und auch
wieder andererseits erhebende Buch „Zuchthaus"
von Leopold Arthofer, das E. von Handel-Maz-
zetti im Verlag Kösel u. Pustet, München,
herausgegeben hat (Preis kart. 3,50, Ganzleinen
4,80 RM.). Aus einer Fülle von Beobachtungen
und Erlebnissen heraus zeichnet hier ein erfahrener
Zuchthaus-Seelsorger, der wie kein anderer mit
dem inneren Leben seiner Schutzbefohlenen ver-
traut ist, knappe, psychologisch fesselnde Skizzen.
Scharfe Streiflichter fallen auf die Unglücklichen,
die eine unglückselige Veranlagung, ein unbe-
herrschter Augenblick oder sonst ein tragisches Mo-
ment straffällig werden ließ, und auf die in ihrer
rohen Gesinnung abstoßenden Berufsverbrecher.
Unkrautbewachsen, hart und steinig ist der Boden,
der hier von dem Seelsorger bearbeitet werden
muß, und gar manches Mal könnte er verzagen.
Himmlische Geduld und eine unwandelbare Näch-
stenliebe müssen ihn auf seinem Platze halten. Der
Priester Arthofer zeigt uns an so manchem tröst-
lichen Beispiel, daß die unendliche Hirtenliebe des
Heilandes auch hinter Zuchthausmauern noch zahl-
reiche verirrte Schäflein vor dem Abgrund rettet.
Besonders wertvoll wird das Buch für Eltern, Ju-
gendfllhrer und überhaupt für alle Jugenderzieher
durch die klare Aufdeckung der Einflüsse und
Gründe, die viele Menschen zum Verbrechen füh-
ren: schlechte oder ungenügende Erziehung, Affen-
liebe der Eltern, Verbrechermilieu, Wohnungsnot,
pharisäische Haltung gegenüber einmal Gefalle-
nen, erotische Kleidung und „freies" Benehmen,
Unglaube, schlechte Literatur, Alkohol, Rauschgifte,
Willensschwäche, Klatschsucht, Verleumdung usro-
Eine gepflegte Sprache hebt das Buch über einen
einfachen Bericht hinaus. Josef Gutberlet.