- Sette 4^
^Heidelberger »olkSblatt- — Dienstag, den 12. September ISS»
!N Bi-
w-ißh-eit,
ta-ges als der r-Äigiös-sn Bedeutung des Tages
entsinnen. In der Mitte solchen Schauspiels, das
zwanzig Zeitungen täglich -seitenweise der Neu-
gier und Spannung der Wiener überantworten,
inmitten eines glan-zvoll-ifarbigen, dem Beschau-
lichen vielleicht allzu farbigen Rahmens aber
lebt ein geistiger Kern-von sülchen reli-
giösen Ernst und von solchem Verantwor-
tungsgefühl, daß d-i-e DeNkwürdig-ke- t der Tagung
feststünde, gäb's auch nur ein Zehntel -an TeÄ-
nehmsrn. Vevsa-mlungen -und stilvoll -entfalteter
ste r zu seinem Präsidenten zu wählen — auch
dies, der geilst- und traumerfüllte Bildner
und Künstler -an der Spitze dieser Tagung,
ist «in Zeichen! — ist die Stimmung -auch unter
den aberhundert Männern des praktischen Le-
bens, die jetzt die Eröffnung der Tagung voll-
ziehen, aufs Glücklichste entfaltet. Dem Licht
eines großen Zukun-^tsg «dankens zu,
dem Lichte der Einheit! Der Einheit oines
christlichen Europas, das endlich die zwei Jahr-
tan-sende christlicher Kultur ihrer Vollendung
zuführt.
Die Begrüßung derd-euts
schüfe erweckt Bewegung und die
daß über alle Begebenheiten und Erschütterun-
gen des Tages, die heute Trennungsmauern zie-
hen, die zwei unsterblichen Kräfte, die -den -d«ut-
schen Katholizismus über alle Grenzen hinweg
verbinden, -ihr schöpferisches Werk üben werden:
die Kraft des Glaubens und die Kraft des Volks-
tums.
tik, siegt mit der Macht der Gnade der Lebens-
wille des Christentums, wandelt er -von innen
heraus die Gestalt der Welt!
Es hat darum seine tiefe Bedeutung, daß das
erste Pontifikalamt, das der Wiener Erzbischof
zelebriert, in der Franziskanerkirch-e stattfindet,
und der Feier für das Heilige Land dient. Zur
selben Stunde halten die katholischen Ukrainer
ein Union-stridium. Wiedervereinigung mit der
Kirche Rußlands! Ter ungeheure geistige Kreuz-
zug, der zur Wiöderg-swi-nnung des von -Gott ab-
gefallenen Ostens führen soll, steht am ersten
Tage mit magischer Kraft vor dem Denken der
Z-wedhunderttauseNd, die sich zum Katholikentag
versammelt haben.
Solcher Höhenflug der Stimmung, der schein-
bar von den greifbaren Dingen fortführt, lenkt
doch wieder in jene Mitte, die sie entscheidet.
Ms sich am nächsten Tag das Komitee des
Katholikentages versammelt, um den Architekten
und großen Baukünstler Clemens Holzmei-
an die geistige und religiöse Lage Wiens
vor fünf uNd z-chn Jahren denken, um richtig
öinz-usch-ätzen, was sich jetzt auf diesem Kultur-
boden vollzieht. Die österreichische Sozialdemo-
kratie, die sich nicht ungern die „Internationale
Zwoi-ne-i-nhalb" nennen ließ, hat stets ans ihrer
allgemeinen Hinneigung zu Moskau die
schärfsten kulturpolitischen Folgen gezogen. Das
Wiener Rathaus hat sich -immer -als ein Haupt-
quartier im Kampf gegen -die Religion und die
christliche Gesellschaft gefühlt. Eine Mitglieds-
karte bei den Fvöidenkevn -war die beste Partei-
empfehlung. Der Kampf um die straffreie Ab-
treibung, die ungesetzliche Ziviltraun-g von Kat-
holiken, die sich hatten scheiden lassen, der Kampf
gegen den katholischen Fe-ierta-g, alles das war
richtige Ehrensache für die Wiener Machthaber.
Gerade jetzt -offenbaren die Tagebücher des Prä-
laten Se i p el, wie tief er seinen Kampf gegen
die Sozialdemokratie als die Verteidigung christ-
licher Kultur empfunden hat. Sein« Freunde
erfüllt -es mit tiefer Trauer, daß er diese Tage
nicht mnhr erlebt.
Die Erinnerung an die Türk-enbefreiung be-
deutet zugleich, daß de-r marxistische K-ultur-
fe-ind in Wien in seiner Macht zerbro-
chen ist. Nicht nur wie Wien d-iestn Katholiken-
tag -aufnimmt, sondern wie die Wiener Bevöl-
kerung -in den letzten Jahren immer -stärker in
die Ssölso-rge drängt, -wie übie-rall neue Kirchen-
bauten notwendig werden, -das L-aienwpostolat
sich verbreitet, wie hunderttausend Kinder, die
Verwandlung einer Stadt
Am frühen 'Morgen des 7. September be-
ginnt Wien sein Tagwerk wie alle Tage. Ein
schöner HsÄstmorgen, «in wenig vom Gebirgs-
wind aus den Vovwlpen her durchkühlt, li«gt
über -der -Stadt. Die Arbeitsstätten füllen sich,
die Straßen -wecken löbend-ig. Nur in den Stra-
ßen, die dem -Stepha-nsplatz zuführen, zeigt sich
einige -fremde Erregung. Dunkel Gekleidete
Hüsten zum Dom, häufiger als sonst sicht man
das gsistliche -Gewand.
Um acht Uhr ober finden alle, -auch die Gleich-
gültigen, dis sich um die Festtage Nicht kümmern,
«in BÄd, das Wien schon lange nicht gesehen
hat. Der riesig« Stsphansdom ist bis zum
letztenPlatz gefüllt, ^nf dem St-ophan-splatz
und rings um die Metvopolitankirche stehen
Tausende. -Keine Demonstration, kein« Rufe.
Nichts als die schweigende Andacht des Gottes-
dienstes erfüllt sie.
Dann -geht das Leben Mieder weiter, vielleicht
-daß man -in den Hauptstraßen die Gehsteige dich-
ter bevölkert findet -als sonst -und die Fahrbahn
stärker bAetzt. Ein Paarmail ziehen -auch Züge
von den -Bahnhöfen in -die Stadt, Ankömmlinge
aus -Steiermark und -dem Burgenland, ihre Fah-
nen sind bskrä-nzt, die Gesichter braun und frisch,
ihre Lieder -Vie ein fröhlicher Gruß aus der
österreichischen Landschaft.
Um 6 Uhr abonden-s, die herbstliche Abendsonne
zeigt d-i-e Bauten und Kirchen Wiens -in klarer
Schönheit, beginnt eine Wandlung -der Stadt,
die -keiner vergessen -wird, -der es mit wacher
Seele mitevlebt -hat. Die Glocken Wiens
be-g-innen zu rufen. Das -dröhnend-e Erz
der Stsphan-M-rche, die höhens Stimme der
Franz-israner, -der Dominikaner, der -Schotten.
Die Vorstädte schließen sich an, St. Ullrich, St.
Rochus, am Gürt-öl Maria von Siege, nach we-
nigen Minuten braust ein unvergleichliches Lied
d-sr -Glocken -Über der Millionenstadt. Erst hören
es -viele nur dumpf -an d-le geschlossenen Fenster
dringen und -hängen gleichgültig -ihrer Arbeit
nach. Aber die Glockenstimmen geb-en nicht
nach. Immer brausender mahnen sie, schlagen
a-n die Fenster und das Herz. Und nun strömt
alles -auf die -Straße, den rufenden Kirchen zu,
die bald -in ihren AbeNd-aNdachten d-i-e Tausende
uNd Abertausende nicht fassen können.
In -der Luft aber schwingt noch -immer der
herrliche Gesang -der Glocken. Es ist, als sollte
diese -sine -Stunde unerbittlich -den Millionen
alles aus den -Ssslen räumen, -was sich dort in
Jahren der Gleichgültigkeit angssa-mmelt -hat.
Alle -Schwäche und alle Kleinmut der Welt. Nur
d-i-e Stimme des Himm-öls will an diesem Abend
'wieder den Menschen erfüllen -und sein Denken
beherrschen.
Es sind -schwöre -und -wirre Tage, die Oester-
reich durchlebt. Aber an diesem Äb-end, nachdem
der -Glockenstur-m friedlich ausgesckwungen hat,
gehen die Menschen mit anderen Blicken anein-
ander vorüber als in allen den Wochen vorher.
Wie sich Heine menschliche Stimme, kein Ruf,
absr auch innen -die G-sdank-en -nicht gegen di«
Herrschaft der Glocken über Wien
haben -Wöhren können, so sind die „Dagesfr-agen"
pinmal -wahrhaftig aus hunderttausend-en von
Menschen verbannt. Die Stadt Wien ist Gott
-begegnet. -Sie -hat ihr nur schlafendes, nie -ge-
storbenes kirchentrsues Herz entdeckt. Der Ka-
tholikentag hat noch vor -den offiziellen Veran-
staltungen -mit Kraft begonnen in dm -Seelen
Wiens -und s-öiner -Gäste.
Am die WiederverOristlichung der Welt
Bilder unseres Sonderberichterstatters vom Wiener Katholikentag
Weltweiter Ausklang
Gewiß nicht -auf die Bilder kommt es an,
so stark und farbig sie sich an di-efem Wiener
Katholikentag entrollen, aber -auf das Bild:
das katho-ldichs und -deutsch« Weltbild, das
sich am End« in der Erinnerung aus der end-
losen Flucht d«r Eindrücke ergibt.
Man -denke sich -das von Herbstlicher Sonne be-
strahlte Wien, -in dem tausende und abertausende
Fahnen wehen. Von den Giebeln, von den Bal-
ko-n-en, vor den Portalen, an den Ei-ngangstor-en
der großen Bauten.
Vor der Oper -hat sich die Szene eines gro-
ßen Welttheaters entfaltet; ke-in Regis-
seur der W-ölt könnte sie wirksamer erdenken -und
zu Ende führen. Ein paar hunderttausend Men-
schen sind in den 1. Bezirk geströmt, -um den
Kardiua-l-legaten L-a Fontaine feierlich zu begrü-
ßen, aus allen Seitengassen und Zufahrtsstraßen
drängen sie zu der großen Kundgebung zwischen
Kärntnerstraß« und Ring, -wo de-r Kardinal Jn-
nitz-er den Gesandten des Heiligen Vaters be-
grüßt.
Neben -Erzbischof Jnnitzer i-m gesonderten
Raum -der Purpur der fremden Kardi-näle und
-das dunkle Rot der Bischöfe, -eine -wahre Farben-
symphonie der Ornate -der Prälaten und der
Aebt«, der Dechanten, de-r Wiener Pfarrgeistlich-
k-sit, das Braun der Franziskaner, das W-sijß der
Zisterzienser, da und dort nur -das strenge
Schwarz der Jesuiten.
Es greift stark an -die Se-ölen, wie -dieses
Menschenmeer, leicht von e-m paar -hundert Po-
lizeib«-a-mten gelenkt, von -innen -her b-e-
wegt wird, immer nach völlig richtigem
sam-m-ölt mit Genera-lkommUariaten -dieser Art S e -e le n k o n ta k t! Wahrhaftig, es -wird auf
einmal -still -im -freien R-iesenraum', als der Erz-
bischof -seine lateinische Ansprache beginnt. Wenn
nicht jeder van den Hundertta-us-enden «in tiefes
Gefühl dafür hätte, welcher Macht Wien in die-
sem Augenblick in -der Person des Kardin-allega-
ten begegnet, unmöglich wäre «s, die Stim-
mungsbrand-ung mit äußerem Beföhl so in
einem «inzigen Augenblick zu -bändigen.
Tann freilich rauscht richtiger Festdagsjnbol
und d-as große W-eltth-sa-ter zu Ehren Gottes und
seines Statthalters kommt in -farbige Bewegung.
Im Spalier zu beiden Ssi-ten der Kärntner-
Straße und -im Zuge sind jetzt alle Gruppen des
Volkes n-ebensinaNder Ku seihen. Die. Avbsiter
und dl« Handwerker, di-e Bauern uNd die Ge-
-werbetreMen-d-sn, di-e alten Mütter und die jun-
gen Mädchen, d-ie Studenten -und die Turner-
der Prälat Wörz -ing -er mit feinem „Kleinen
Kirchenblatt" gesammelt hat, mit heiligem Eifer
vollen Glaubenswillen d-sr nächsten Generation
versprechen, das läßt -den Anbruch einer reli-
giösen Zeite-nwende auch -in Wien nicht bezwei-
feln. Um nicht wen-igsr geht's, -als -um -die
Wie-derverchristlichung der Welt.
Die Grundsätze d-es Katholizismus sollen -den
Neuaufbau der Gesellschaft bewirk-sn, -di«
voll« Be-se-ölung des nationalen Gedankens
und -damit schließlich die Ordnung der
Völker, die -den Frieden Gh-risti zwischen Be-
sitz und Arbeit halten und -im Geiste -dis Pflich-
ten ihres Volkstums erfüllen.
Das ist -die klare Gliederung der Hauptvsden.
Es wird von „Freiheit und Bindung des Chri-
sten in der Gese-llschatf" gesprochen, vom „Dsut-
sch-en Volkstum aus der Kraft des Ghristen-
tum", von der „Völkergemeinschaft des Abend-
landes" und -der „Sendung des -deutschen Vol-
kes" in ihm.
Eineinhalb Jahrzehnte hat der österroichische
Katholizismus mit dem We-ltfeind christlicher
Kultur gekämpft. Als Abschluß Wick das Mittel
gezeigt, das zur Erfüllung -aller dieser schweren
Aufgaben fähig macht: -die Gna d e n k-raf t
derK -irch e.
Daß i-m Jahr« 1683 d-ie Türken vor Wien zu-
schanden geworden und damit das Christentum
Europas gerettet worden ist, zeigt aber gleich-
sam nur -d-ie eine Richtung der Erinnerung an.
Ein -be-ifpialloser Vormarsch des österrc-ich-ischen
Siegers nach dem Osten, ein Vormarsch -des
Christentums und des Deutschtums folgte a-Nf
1683. Mag sein, daß auch dies-er Wien-er Katho-
likentag nicht nur -erkenn-sn d-arf, daß der Mos-
kauer Ku-lturfe-i-n-d für immer aus den Grenon
d-c-r Ostmark gebannt ist; die ganz-? Weltfra-g-e
einer Wi-ed-erg-owinnun-g -der Verlorenen für -das
Christentum taucht aufs Darum ist auch eine der
großen Festreden dem Problem:
„Von der Glaubensspaltung zur Glaubens-
einheit"
gewidmet und noch mehr wird diese großartige
und «rsch-ütterNd« Weltfra-ge in kl-e-ine-rem Kreis
di-e Geister beschäftigen. Hier wird einmal -das,
ums sonst di« Fachleute der Wirtschaft und die -
Politiker Europas als «ine Machtf-rage ansa-hen,
in seiner mligiösen Bedeutung aufgerollt. Richt
nur um d-ie Wiedergewinnung der russischen
Welt für -den Kreislauf der Wirtschaft und
Politik, um -di-e gemeinsam« Gestaltung Siner
endlich vollendeten christlichen Welt handelt es
sich.
In diesen, wenn auch fernen Hintergrund
muß man blicken; dann erst sieht man das viel-
farbige Bild richtig.
können. Und nun reden sie, jeder nur Sin oder
zwei kleine Sätze. Der Mann aus der -Bukowina,
der Schwab« aus -dem Banat, der Siöbenbürg-ör
Sachse, der Schweiger, der Vorarlberger, der
Tiroler, d-sr Kärntner, der B-urgsnlä-nder u-Nd
der Steievmävker. Der Lautsprecher klärt und
ru-Nd-et jedes Wort. Und je nach der Landschaft,
aus -de-r es kommt, -ist das Wort «in wenig -an-
ders gebildet. Beifall rauscht auf, bisweilen
glückliche Heiterkeit. Wie schön, Vie farbig, -von
welcher unverwüstlichen Natur ist d-ie -herrliche
deutsche Sprache! Das -deutsche Volk steht auf
sonderbare We-if-e -wie ein -gewaltiger Risse vor
der horchenden Phantasie -auf und dieses Deutsch-
land neigt sich vor dem Kreuz und vor dem Le-
gaten Roms, der unter ihm Residenz hält.
*
Nöbsn dieser Bilder- und GlSichni-Hprach« -des
ersten Tages haben es -die Formulierungen -der
Redner nicht leicht. Und doch -gewinnt ols-
Spreckvr -des Abends der junge Philosoph An-
ton Ä ö -h m die Aufmerksamkeit und auch die
Herzen. Er ladet d-ie Zehnta-nseNde z-u einer Ge-
schichtswand-erun-g ein, achthundert Jahve Ge-
schichte Oesterreichs, die nichts -a-ndoves isst als
d-eutfch-e Röichsgasch-ichte. Er sondert das Unver-
gänglich« und Wesentliche von -den -vergänglichen
Formen, mit zwingender Deutlichkeit zsigt sich
gerade der Katholizismus Oesterreichs in
seiner Davlsgung -als F ru ch t s e -i ne s d eu t-
schen Wesens und als Unterpfand seiner
Treue.
Es bst «ine im guten Sinne übevpolitifche
Rede. Sie steht in der richtigen Höhe, um in alle
Bewegungen der Politik derart -yineinzu'söhen,
daß man ihr auf -den Grund kommt.
Aehnliches verheißt auch de-r Plan, -den der
Erzbischof -in der Eröffnungssitzung vollendet hat.
Der Wiener Katholikentag -hat -soviel katholische
Intelligenz zu seiner Vorbereitung versammelt,
daß solche Sammlung über d-en Tag hinaus
dauern -soll! Sie hat dem Oberhirten -gezeigt,
über welche Fülle katholischer Kräfte Oesterreich
verfügt, genug, um d-ie Durchdringung -des so-
zialen, des -geistigen, des -wissenschaftlichen Le-
bens mit christlichem Geist zu vollenden. Eine
Art dauernder katholischer Führer rat soll
sich aus den Mitg-Iied-ern des Komitees bilden
und -dem Kardinal zur Erfüllung der nächsten
katholischen Z-eitaufgaben zur Se-i-te stehen. ES
ist mehr als eine organisatorische Maßnahme,
di-e -damit geplant -ist! H-ier wirb ber Schwer-
Pr-of.' Dr. Friedrich Schrey-vo,g'sl.
Das Erste, was vom offiziellen Programm
die Oeff-entli-chkeit -beschäftigt, gewinnt' durch
-e-ine ritterliche Haltung und durch festlichen
Glanz. Me Abgesandten zur Einholung des Kar-
di-nMsg-aten begeben sich an d-ie Grenze, das
Militär erhält sein« We-tsuu-gen. E-Hrenkom-
pa-g-nien -werden an den Bahnhöfen stehen und
ihr Salut -wird -den Lsgaten -des Heili-gen Va-
ters a-n allen -wichtigen Stationen seiner Re-if-e
grüßen. In Wien wird -der Empfang vor -der
Oper stattfinden. Eine Gen-eraldechar-ge wird
zum Himmel -donnern. Die Waffen grüßen d-ie
Großmacht der Liebe und d-es ewigen Geistes.
Di-e ersten Bewsamm-l-ungen sind einem Gedenk-
tag -ggwidmöt, -der nicht ohne tieferen Sinn mit
den übrigen Erinnerungen des Katholikentages
zusammeNfällt. Es sind 250 Jahre her, seit -in
Wien «in „Genecklkommis-sariat für das Hei-
lige Land" gegründet worden -st.Der Fr-an-
ziskanerord-en, der die heiligen Stätten bewacht,
in -ganz Europa nicht nur äußere Hils-e der
Gläubigen, um -seine Aufgabe erf-üll-en zu kön-
nen, es -ist auch e-iine -wicht-i-ge -geisti-ge Aufgabe,
«ine seltsam« Bezauberung -der Seelen, h-i-e -oami-t
erzielt -wevd-en f-oll. Aus den Sorgen d-es Alltags
uNd -se-inen Nöten Vir-d -der Blick in d-ie Ferne
des Heiligen Landes ge-lenkt, auch in di-e Ge-
schich-tsserne der Kreuzzüge. Immer -wieder
tritt durch -diese geistigen Pi-l-gerf-ahrten z-um
He-ili-gsn Land, -wie sie die Vorträge des Gene-
vallsekretari-ats auch jenen schenken, d-ie nur in
-Gedanken reisen können, -d-as Wunder «in-er
seelüsch-en Erneuerung des christ-
lich e -n Äb -endl -ande s -vor -di-e Erinnerung.
Schier -aus dem Nichts, aus einer Sehnsucht, aus
einem zündenden Göd-ank-en heraus, ost gegen
jede .Wahrscheinlichkeit -und Vernunft der Poli-
Das aeittige Iiel
Wien, 8. Sep-t. Wie es nun einmal ist, wenn
zweihu-nd-erttausend Teilnehmer in einer Zwei-
inillionenftadt znsammenkommen: der äußere
Rahmen zieht zuerst den Blick der Menge
ans sich. Unübevschbar, was sich d-a -alles um
den Kern -der Hauptversammlungen schließt!
Vorstellungen, Konzerte, Zusammenkünfte dm
Landsmannschaften, Aufmärsche von -d-en Bahn-
höfen zu den Kirchen, Sta-ndesvers-ammlunaen
der Bauern, -der Handwerker, der A-kad-emiker,
Aussprachen der Frauen, der Jungmädchen,
der männlichen Jugend. Zu allem noch Sin
breiter -Strom von TürksNböfvsiern, d-i-e sich
mehr -des -stva-te-gischen und politischen Gedenk-
tages als -der r-Äigiössn Bedeutung des Tages
entsinnen. In der Mitte solchen Schauspiels, -das
zwanzig Ze-itungsn täglich se-iten-we-is-e der Neu-
gier und Spa-nnun-g -der Wiener überantworten,
inmitten eines glan-zvoll-ifarbi-gen, dem Beschau-
lichen vielleicht allzu farbigen Rahmens aber
labt -ein geistiger Kern von solch
giösen Ernst und von solchem P
feststünd«, gäb's -auch nur «in Zshntol -an Te-il-
i.s . " .s . .....
Aeußerlichkei-t der katholischen Welt zu verze-i-ch-
nen.
Die geistige Umwandlung, in -der wir st-shen,
macht so rasche Fortschritte, daß denn Zeitge-
nossen bisweilen, was noch vor fünf Jahren
drückende Wirklichkeit war, we-i-thin -entschwun-
dene Vergangenheit scheint. Und doch muß man
fugend. Alle marschisren -da strahlend im Zug,
-bsW-en sich dort knisnd -dem Sagen.
Es ist ein -wsltlich-es De deum la-udamus, wie
es vor e-imem solchen Hintergrund nicht oft erlebt
werden kann. Noch lange, nachdem der Kardinal
unter -dröhnendem Geläut -der Glocken in d-en
Ste-phansd-om «ingezogen ist, zittert di« Erre-
gung -des Festes -durch -di-e Stadt. Aus den
Gruppen zish-en sie -mit großen Fahnen auf -der
Straße heimwärts i-n -die O-u-artiere, -beherrschen
einzeln die Gehsteige mit ihren festlichen Klei-
dern und nicht minder mit -ihrer festlichen Stim-
mung. Di-e -deutschen Gäste aus -allen T-eÄ-en des
östlichen Europas herrschen jetzt über die Wiener
vor, wollte einer M-u-Ndartstudi-en machen, er
brauchte nur mit aufmerksamem -Ohr eine-Stunde
durch -das -bswe-gte Wien gSh-en. Ein Dutzend
Dialekt« drängt ihm ans Ohr.
*
Am Abend h-a-t -dieser farbige Au-fkla-ng fein
woihovolles nächtliches NächsPi -el. Bor
der KarlSkirche ist ein ungeheures leuchten-
des Kreuz auf-gestellt. Noch bevor -dort der
Kardinal, -der mit -dem Legaten auf einom
Thronsess-el Platz genommen -hat, seine Rede be-
ginnt, hat e-iaentlich jeder, -der -den Wechsel des
Bildes vo-n Mittag zur Nachtstunde erlebt hat,
eine gswalbig« stumme Predigt hinter sich!
Denn jetzt ist alle bunt« Welt in der kühlen
Herbstnacht verschwunden. Man sicht fern kaum
etwas Gew-oge oer Festaowänd-er u-Nd Köpfe auf
d-en Stufen vor der Karl-skirche, für d-i-e v-dölen
Taufende -ans d-em weiten Platz ist -sigentlich
nur das Kreuz sichtbar, alle schöne Farbe
der West ist daneben vergössen.
Nun macht die Technik -ein sonderbares Gsi-
sterspi-el möglich. Durch -den Lautsprecher dröh-
nen die -Stimmen der Redner über den Platz;
man sicht nicht -ihren Ko-Pf und nicht -ihren r-Sd-en-
den Mund, ja d-ie vielen Megaphone, die ans
dem Platz verstreut sind, täuschen das Ohr so-gar
über die Richtung, aus -der -das Wort in die
Seele -dringt. Es ist, alsspräche das leuch-
tende Kreuz über den Zahntaussnd-en im
Dunkeln, a-ls griffe «ine -fremde Himmölsstimme
nach Willen und Hingabe -der Versammlung.
Geralde das zeitlos« Latöin -des Kardinallsgaten,
das ja nur e-in kleiner Teil verstsht, wirkt in
einer erhabenen Klarheit u-Nd Strenge überaus
tark auf di-e Gemüter. Der Einfachste hals jetzt
innfällig -vor sich: Romspricht.
Dann gibts ein seltsames Ohr-enfest. Ein
Klangtheater der deutschen -Sprache gleich-
sam! De-r Kardinal ruft alle „Brüder -der deut-
schen Stämme", die an d-i-efem Fast teMnchmen legt.
verrat soll
und -dem Kardinal zur Erfüllung der nächsten
»st meHr. als^eine, ov^an^^che Maßnähme'
Punkt katho -l i scherWir k s -amk eä t -ver-
^Heidelberger »olkSblatt- — Dienstag, den 12. September ISS»
!N Bi-
w-ißh-eit,
ta-ges als der r-Äigiös-sn Bedeutung des Tages
entsinnen. In der Mitte solchen Schauspiels, das
zwanzig Zeitungen täglich -seitenweise der Neu-
gier und Spannung der Wiener überantworten,
inmitten eines glan-zvoll-ifarbigen, dem Beschau-
lichen vielleicht allzu farbigen Rahmens aber
lebt ein geistiger Kern-von sülchen reli-
giösen Ernst und von solchem Verantwor-
tungsgefühl, daß d-i-e DeNkwürdig-ke- t der Tagung
feststünde, gäb's auch nur ein Zehntel -an TeÄ-
nehmsrn. Vevsa-mlungen -und stilvoll -entfalteter
ste r zu seinem Präsidenten zu wählen — auch
dies, der geilst- und traumerfüllte Bildner
und Künstler -an der Spitze dieser Tagung,
ist «in Zeichen! — ist die Stimmung -auch unter
den aberhundert Männern des praktischen Le-
bens, die jetzt die Eröffnung der Tagung voll-
ziehen, aufs Glücklichste entfaltet. Dem Licht
eines großen Zukun-^tsg «dankens zu,
dem Lichte der Einheit! Der Einheit oines
christlichen Europas, das endlich die zwei Jahr-
tan-sende christlicher Kultur ihrer Vollendung
zuführt.
Die Begrüßung derd-euts
schüfe erweckt Bewegung und die
daß über alle Begebenheiten und Erschütterun-
gen des Tages, die heute Trennungsmauern zie-
hen, die zwei unsterblichen Kräfte, die -den -d«ut-
schen Katholizismus über alle Grenzen hinweg
verbinden, -ihr schöpferisches Werk üben werden:
die Kraft des Glaubens und die Kraft des Volks-
tums.
tik, siegt mit der Macht der Gnade der Lebens-
wille des Christentums, wandelt er -von innen
heraus die Gestalt der Welt!
Es hat darum seine tiefe Bedeutung, daß das
erste Pontifikalamt, das der Wiener Erzbischof
zelebriert, in der Franziskanerkirch-e stattfindet,
und der Feier für das Heilige Land dient. Zur
selben Stunde halten die katholischen Ukrainer
ein Union-stridium. Wiedervereinigung mit der
Kirche Rußlands! Ter ungeheure geistige Kreuz-
zug, der zur Wiöderg-swi-nnung des von -Gott ab-
gefallenen Ostens führen soll, steht am ersten
Tage mit magischer Kraft vor dem Denken der
Z-wedhunderttauseNd, die sich zum Katholikentag
versammelt haben.
Solcher Höhenflug der Stimmung, der schein-
bar von den greifbaren Dingen fortführt, lenkt
doch wieder in jene Mitte, die sie entscheidet.
Ms sich am nächsten Tag das Komitee des
Katholikentages versammelt, um den Architekten
und großen Baukünstler Clemens Holzmei-
an die geistige und religiöse Lage Wiens
vor fünf uNd z-chn Jahren denken, um richtig
öinz-usch-ätzen, was sich jetzt auf diesem Kultur-
boden vollzieht. Die österreichische Sozialdemo-
kratie, die sich nicht ungern die „Internationale
Zwoi-ne-i-nhalb" nennen ließ, hat stets ans ihrer
allgemeinen Hinneigung zu Moskau die
schärfsten kulturpolitischen Folgen gezogen. Das
Wiener Rathaus hat sich -immer -als ein Haupt-
quartier im Kampf gegen -die Religion und die
christliche Gesellschaft gefühlt. Eine Mitglieds-
karte bei den Fvöidenkevn -war die beste Partei-
empfehlung. Der Kampf um die straffreie Ab-
treibung, die ungesetzliche Ziviltraun-g von Kat-
holiken, die sich hatten scheiden lassen, der Kampf
gegen den katholischen Fe-ierta-g, alles das war
richtige Ehrensache für die Wiener Machthaber.
Gerade jetzt -offenbaren die Tagebücher des Prä-
laten Se i p el, wie tief er seinen Kampf gegen
die Sozialdemokratie als die Verteidigung christ-
licher Kultur empfunden hat. Sein« Freunde
erfüllt -es mit tiefer Trauer, daß er diese Tage
nicht mnhr erlebt.
Die Erinnerung an die Türk-enbefreiung be-
deutet zugleich, daß de-r marxistische K-ultur-
fe-ind in Wien in seiner Macht zerbro-
chen ist. Nicht nur wie Wien d-iestn Katholiken-
tag -aufnimmt, sondern wie die Wiener Bevöl-
kerung -in den letzten Jahren immer -stärker in
die Ssölso-rge drängt, -wie übie-rall neue Kirchen-
bauten notwendig werden, -das L-aienwpostolat
sich verbreitet, wie hunderttausend Kinder, die
Verwandlung einer Stadt
Am frühen 'Morgen des 7. September be-
ginnt Wien sein Tagwerk wie alle Tage. Ein
schöner HsÄstmorgen, «in wenig vom Gebirgs-
wind aus den Vovwlpen her durchkühlt, li«gt
über -der -Stadt. Die Arbeitsstätten füllen sich,
die Straßen -wecken löbend-ig. Nur in den Stra-
ßen, die dem -Stepha-nsplatz zuführen, zeigt sich
einige -fremde Erregung. Dunkel Gekleidete
Hüsten zum Dom, häufiger als sonst sicht man
das gsistliche -Gewand.
Um acht Uhr ober finden alle, -auch die Gleich-
gültigen, dis sich um die Festtage Nicht kümmern,
«in BÄd, das Wien schon lange nicht gesehen
hat. Der riesig« Stsphansdom ist bis zum
letztenPlatz gefüllt, ^nf dem St-ophan-splatz
und rings um die Metvopolitankirche stehen
Tausende. -Keine Demonstration, kein« Rufe.
Nichts als die schweigende Andacht des Gottes-
dienstes erfüllt sie.
Dann -geht das Leben Mieder weiter, vielleicht
-daß man -in den Hauptstraßen die Gehsteige dich-
ter bevölkert findet -als sonst -und die Fahrbahn
stärker bAetzt. Ein Paarmail ziehen -auch Züge
von den -Bahnhöfen in -die Stadt, Ankömmlinge
aus -Steiermark und -dem Burgenland, ihre Fah-
nen sind bskrä-nzt, die Gesichter braun und frisch,
ihre Lieder -Vie ein fröhlicher Gruß aus der
österreichischen Landschaft.
Um 6 Uhr abonden-s, die herbstliche Abendsonne
zeigt d-i-e Bauten und Kirchen Wiens -in klarer
Schönheit, beginnt eine Wandlung -der Stadt,
die -keiner vergessen -wird, -der es mit wacher
Seele mitevlebt -hat. Die Glocken Wiens
be-g-innen zu rufen. Das -dröhnend-e Erz
der Stsphan-M-rche, die höhens Stimme der
Franz-israner, -der Dominikaner, der -Schotten.
Die Vorstädte schließen sich an, St. Ullrich, St.
Rochus, am Gürt-öl Maria von Siege, nach we-
nigen Minuten braust ein unvergleichliches Lied
d-sr -Glocken -Über der Millionenstadt. Erst hören
es -viele nur dumpf -an d-le geschlossenen Fenster
dringen und -hängen gleichgültig -ihrer Arbeit
nach. Aber die Glockenstimmen geb-en nicht
nach. Immer brausender mahnen sie, schlagen
a-n die Fenster und das Herz. Und nun strömt
alles -auf die -Straße, den rufenden Kirchen zu,
die bald -in ihren AbeNd-aNdachten d-i-e Tausende
uNd Abertausende nicht fassen können.
In -der Luft aber schwingt noch -immer der
herrliche Gesang -der Glocken. Es ist, als sollte
diese -sine -Stunde unerbittlich -den Millionen
alles aus den -Ssslen räumen, -was sich dort in
Jahren der Gleichgültigkeit angssa-mmelt -hat.
Alle -Schwäche und alle Kleinmut der Welt. Nur
d-i-e Stimme des Himm-öls will an diesem Abend
'wieder den Menschen erfüllen -und sein Denken
beherrschen.
Es sind -schwöre -und -wirre Tage, die Oester-
reich durchlebt. Aber an diesem Äb-end, nachdem
der -Glockenstur-m friedlich ausgesckwungen hat,
gehen die Menschen mit anderen Blicken anein-
ander vorüber als in allen den Wochen vorher.
Wie sich Heine menschliche Stimme, kein Ruf,
absr auch innen -die G-sdank-en -nicht gegen di«
Herrschaft der Glocken über Wien
haben -Wöhren können, so sind die „Dagesfr-agen"
pinmal -wahrhaftig aus hunderttausend-en von
Menschen verbannt. Die Stadt Wien ist Gott
-begegnet. -Sie -hat ihr nur schlafendes, nie -ge-
storbenes kirchentrsues Herz entdeckt. Der Ka-
tholikentag hat noch vor -den offiziellen Veran-
staltungen -mit Kraft begonnen in dm -Seelen
Wiens -und s-öiner -Gäste.
Am die WiederverOristlichung der Welt
Bilder unseres Sonderberichterstatters vom Wiener Katholikentag
Weltweiter Ausklang
Gewiß nicht -auf die Bilder kommt es an,
so stark und farbig sie sich an di-efem Wiener
Katholikentag entrollen, aber -auf das Bild:
das katho-ldichs und -deutsch« Weltbild, das
sich am End« in der Erinnerung aus der end-
losen Flucht d«r Eindrücke ergibt.
Man -denke sich -das von Herbstlicher Sonne be-
strahlte Wien, -in dem tausende und abertausende
Fahnen wehen. Von den Giebeln, von den Bal-
ko-n-en, vor den Portalen, an den Ei-ngangstor-en
der großen Bauten.
Vor der Oper -hat sich die Szene eines gro-
ßen Welttheaters entfaltet; ke-in Regis-
seur der W-ölt könnte sie wirksamer erdenken -und
zu Ende führen. Ein paar hunderttausend Men-
schen sind in den 1. Bezirk geströmt, -um den
Kardiua-l-legaten L-a Fontaine feierlich zu begrü-
ßen, aus allen Seitengassen und Zufahrtsstraßen
drängen sie zu der großen Kundgebung zwischen
Kärntnerstraß« und Ring, -wo de-r Kardinal Jn-
nitz-er den Gesandten des Heiligen Vaters be-
grüßt.
Neben -Erzbischof Jnnitzer i-m gesonderten
Raum -der Purpur der fremden Kardi-näle und
-das dunkle Rot der Bischöfe, -eine -wahre Farben-
symphonie der Ornate -der Prälaten und der
Aebt«, der Dechanten, de-r Wiener Pfarrgeistlich-
k-sit, das Braun der Franziskaner, das W-sijß der
Zisterzienser, da und dort nur -das strenge
Schwarz der Jesuiten.
Es greift stark an -die Se-ölen, wie -dieses
Menschenmeer, leicht von e-m paar -hundert Po-
lizeib«-a-mten gelenkt, von -innen -her b-e-
wegt wird, immer nach völlig richtigem
sam-m-ölt mit Genera-lkommUariaten -dieser Art S e -e le n k o n ta k t! Wahrhaftig, es -wird auf
einmal -still -im -freien R-iesenraum', als der Erz-
bischof -seine lateinische Ansprache beginnt. Wenn
nicht jeder van den Hundertta-us-enden «in tiefes
Gefühl dafür hätte, welcher Macht Wien in die-
sem Augenblick in -der Person des Kardin-allega-
ten begegnet, unmöglich wäre «s, die Stim-
mungsbrand-ung mit äußerem Beföhl so in
einem «inzigen Augenblick zu -bändigen.
Tann freilich rauscht richtiger Festdagsjnbol
und d-as große W-eltth-sa-ter zu Ehren Gottes und
seines Statthalters kommt in -farbige Bewegung.
Im Spalier zu beiden Ssi-ten der Kärntner-
Straße und -im Zuge sind jetzt alle Gruppen des
Volkes n-ebensinaNder Ku seihen. Die. Avbsiter
und dl« Handwerker, di-e Bauern uNd die Ge-
-werbetreMen-d-sn, di-e alten Mütter und die jun-
gen Mädchen, d-ie Studenten -und die Turner-
der Prälat Wörz -ing -er mit feinem „Kleinen
Kirchenblatt" gesammelt hat, mit heiligem Eifer
vollen Glaubenswillen d-sr nächsten Generation
versprechen, das läßt -den Anbruch einer reli-
giösen Zeite-nwende auch -in Wien nicht bezwei-
feln. Um nicht wen-igsr geht's, -als -um -die
Wie-derverchristlichung der Welt.
Die Grundsätze d-es Katholizismus sollen -den
Neuaufbau der Gesellschaft bewirk-sn, -di«
voll« Be-se-ölung des nationalen Gedankens
und -damit schließlich die Ordnung der
Völker, die -den Frieden Gh-risti zwischen Be-
sitz und Arbeit halten und -im Geiste -dis Pflich-
ten ihres Volkstums erfüllen.
Das ist -die klare Gliederung der Hauptvsden.
Es wird von „Freiheit und Bindung des Chri-
sten in der Gese-llschatf" gesprochen, vom „Dsut-
sch-en Volkstum aus der Kraft des Ghristen-
tum", von der „Völkergemeinschaft des Abend-
landes" und -der „Sendung des -deutschen Vol-
kes" in ihm.
Eineinhalb Jahrzehnte hat der österroichische
Katholizismus mit dem We-ltfeind christlicher
Kultur gekämpft. Als Abschluß Wick das Mittel
gezeigt, das zur Erfüllung -aller dieser schweren
Aufgaben fähig macht: -die Gna d e n k-raf t
derK -irch e.
Daß i-m Jahr« 1683 d-ie Türken vor Wien zu-
schanden geworden und damit das Christentum
Europas gerettet worden ist, zeigt aber gleich-
sam nur -d-ie eine Richtung der Erinnerung an.
Ein -be-ifpialloser Vormarsch des österrc-ich-ischen
Siegers nach dem Osten, ein Vormarsch -des
Christentums und des Deutschtums folgte a-Nf
1683. Mag sein, daß auch dies-er Wien-er Katho-
likentag nicht nur -erkenn-sn d-arf, daß der Mos-
kauer Ku-lturfe-i-n-d für immer aus den Grenon
d-c-r Ostmark gebannt ist; die ganz-? Weltfra-g-e
einer Wi-ed-erg-owinnun-g -der Verlorenen für -das
Christentum taucht aufs Darum ist auch eine der
großen Festreden dem Problem:
„Von der Glaubensspaltung zur Glaubens-
einheit"
gewidmet und noch mehr wird diese großartige
und «rsch-ütterNd« Weltfra-ge in kl-e-ine-rem Kreis
di-e Geister beschäftigen. Hier wird einmal -das,
ums sonst di« Fachleute der Wirtschaft und die -
Politiker Europas als «ine Machtf-rage ansa-hen,
in seiner mligiösen Bedeutung aufgerollt. Richt
nur um d-ie Wiedergewinnung der russischen
Welt für -den Kreislauf der Wirtschaft und
Politik, um -di-e gemeinsam« Gestaltung Siner
endlich vollendeten christlichen Welt handelt es
sich.
In diesen, wenn auch fernen Hintergrund
muß man blicken; dann erst sieht man das viel-
farbige Bild richtig.
können. Und nun reden sie, jeder nur Sin oder
zwei kleine Sätze. Der Mann aus der -Bukowina,
der Schwab« aus -dem Banat, der Siöbenbürg-ör
Sachse, der Schweiger, der Vorarlberger, der
Tiroler, d-sr Kärntner, der B-urgsnlä-nder u-Nd
der Steievmävker. Der Lautsprecher klärt und
ru-Nd-et jedes Wort. Und je nach der Landschaft,
aus -de-r es kommt, -ist das Wort «in wenig -an-
ders gebildet. Beifall rauscht auf, bisweilen
glückliche Heiterkeit. Wie schön, Vie farbig, -von
welcher unverwüstlichen Natur ist d-ie -herrliche
deutsche Sprache! Das -deutsche Volk steht auf
sonderbare We-if-e -wie ein -gewaltiger Risse vor
der horchenden Phantasie -auf und dieses Deutsch-
land neigt sich vor dem Kreuz und vor dem Le-
gaten Roms, der unter ihm Residenz hält.
*
Nöbsn dieser Bilder- und GlSichni-Hprach« -des
ersten Tages haben es -die Formulierungen -der
Redner nicht leicht. Und doch -gewinnt ols-
Spreckvr -des Abends der junge Philosoph An-
ton Ä ö -h m die Aufmerksamkeit und auch die
Herzen. Er ladet d-ie Zehnta-nseNde z-u einer Ge-
schichtswand-erun-g ein, achthundert Jahve Ge-
schichte Oesterreichs, die nichts -a-ndoves isst als
d-eutfch-e Röichsgasch-ichte. Er sondert das Unver-
gänglich« und Wesentliche von -den -vergänglichen
Formen, mit zwingender Deutlichkeit zsigt sich
gerade der Katholizismus Oesterreichs in
seiner Davlsgung -als F ru ch t s e -i ne s d eu t-
schen Wesens und als Unterpfand seiner
Treue.
Es bst «ine im guten Sinne übevpolitifche
Rede. Sie steht in der richtigen Höhe, um in alle
Bewegungen der Politik derart -yineinzu'söhen,
daß man ihr auf -den Grund kommt.
Aehnliches verheißt auch de-r Plan, -den der
Erzbischof -in der Eröffnungssitzung vollendet hat.
Der Wiener Katholikentag -hat -soviel katholische
Intelligenz zu seiner Vorbereitung versammelt,
daß solche Sammlung über d-en Tag hinaus
dauern -soll! Sie hat dem Oberhirten -gezeigt,
über welche Fülle katholischer Kräfte Oesterreich
verfügt, genug, um d-ie Durchdringung -des so-
zialen, des -geistigen, des -wissenschaftlichen Le-
bens mit christlichem Geist zu vollenden. Eine
Art dauernder katholischer Führer rat soll
sich aus den Mitg-Iied-ern des Komitees bilden
und -dem Kardinal zur Erfüllung der nächsten
katholischen Z-eitaufgaben zur Se-i-te stehen. ES
ist mehr als eine organisatorische Maßnahme,
di-e -damit geplant -ist! H-ier wirb ber Schwer-
Pr-of.' Dr. Friedrich Schrey-vo,g'sl.
Das Erste, was vom offiziellen Programm
die Oeff-entli-chkeit -beschäftigt, gewinnt' durch
-e-ine ritterliche Haltung und durch festlichen
Glanz. Me Abgesandten zur Einholung des Kar-
di-nMsg-aten begeben sich an d-ie Grenze, das
Militär erhält sein« We-tsuu-gen. E-Hrenkom-
pa-g-nien -werden an den Bahnhöfen stehen und
ihr Salut -wird -den Lsgaten -des Heili-gen Va-
ters a-n allen -wichtigen Stationen seiner Re-if-e
grüßen. In Wien wird -der Empfang vor -der
Oper stattfinden. Eine Gen-eraldechar-ge wird
zum Himmel -donnern. Die Waffen grüßen d-ie
Großmacht der Liebe und d-es ewigen Geistes.
Di-e ersten Bewsamm-l-ungen sind einem Gedenk-
tag -ggwidmöt, -der nicht ohne tieferen Sinn mit
den übrigen Erinnerungen des Katholikentages
zusammeNfällt. Es sind 250 Jahre her, seit -in
Wien «in „Genecklkommis-sariat für das Hei-
lige Land" gegründet worden -st.Der Fr-an-
ziskanerord-en, der die heiligen Stätten bewacht,
in -ganz Europa nicht nur äußere Hils-e der
Gläubigen, um -seine Aufgabe erf-üll-en zu kön-
nen, es -ist auch e-iine -wicht-i-ge -geisti-ge Aufgabe,
«ine seltsam« Bezauberung -der Seelen, h-i-e -oami-t
erzielt -wevd-en f-oll. Aus den Sorgen d-es Alltags
uNd -se-inen Nöten Vir-d -der Blick in d-ie Ferne
des Heiligen Landes ge-lenkt, auch in di-e Ge-
schich-tsserne der Kreuzzüge. Immer -wieder
tritt durch -diese geistigen Pi-l-gerf-ahrten z-um
He-ili-gsn Land, -wie sie die Vorträge des Gene-
vallsekretari-ats auch jenen schenken, d-ie nur in
-Gedanken reisen können, -d-as Wunder «in-er
seelüsch-en Erneuerung des christ-
lich e -n Äb -endl -ande s -vor -di-e Erinnerung.
Schier -aus dem Nichts, aus einer Sehnsucht, aus
einem zündenden Göd-ank-en heraus, ost gegen
jede .Wahrscheinlichkeit -und Vernunft der Poli-
Das aeittige Iiel
Wien, 8. Sep-t. Wie es nun einmal ist, wenn
zweihu-nd-erttausend Teilnehmer in einer Zwei-
inillionenftadt znsammenkommen: der äußere
Rahmen zieht zuerst den Blick der Menge
ans sich. Unübevschbar, was sich d-a -alles um
den Kern -der Hauptversammlungen schließt!
Vorstellungen, Konzerte, Zusammenkünfte dm
Landsmannschaften, Aufmärsche von -d-en Bahn-
höfen zu den Kirchen, Sta-ndesvers-ammlunaen
der Bauern, -der Handwerker, der A-kad-emiker,
Aussprachen der Frauen, der Jungmädchen,
der männlichen Jugend. Zu allem noch Sin
breiter -Strom von TürksNböfvsiern, d-i-e sich
mehr -des -stva-te-gischen und politischen Gedenk-
tages als -der r-Äigiössn Bedeutung des Tages
entsinnen. In der Mitte solchen Schauspiels, -das
zwanzig Ze-itungsn täglich se-iten-we-is-e der Neu-
gier und Spa-nnun-g -der Wiener überantworten,
inmitten eines glan-zvoll-ifarbi-gen, dem Beschau-
lichen vielleicht allzu farbigen Rahmens aber
labt -ein geistiger Kern von solch
giösen Ernst und von solchem P
feststünd«, gäb's -auch nur «in Zshntol -an Te-il-
i.s . " .s . .....
Aeußerlichkei-t der katholischen Welt zu verze-i-ch-
nen.
Die geistige Umwandlung, in -der wir st-shen,
macht so rasche Fortschritte, daß denn Zeitge-
nossen bisweilen, was noch vor fünf Jahren
drückende Wirklichkeit war, we-i-thin -entschwun-
dene Vergangenheit scheint. Und doch muß man
fugend. Alle marschisren -da strahlend im Zug,
-bsW-en sich dort knisnd -dem Sagen.
Es ist ein -wsltlich-es De deum la-udamus, wie
es vor e-imem solchen Hintergrund nicht oft erlebt
werden kann. Noch lange, nachdem der Kardinal
unter -dröhnendem Geläut -der Glocken in d-en
Ste-phansd-om «ingezogen ist, zittert di« Erre-
gung -des Festes -durch -di-e Stadt. Aus den
Gruppen zish-en sie -mit großen Fahnen auf -der
Straße heimwärts i-n -die O-u-artiere, -beherrschen
einzeln die Gehsteige mit ihren festlichen Klei-
dern und nicht minder mit -ihrer festlichen Stim-
mung. Di-e -deutschen Gäste aus -allen T-eÄ-en des
östlichen Europas herrschen jetzt über die Wiener
vor, wollte einer M-u-Ndartstudi-en machen, er
brauchte nur mit aufmerksamem -Ohr eine-Stunde
durch -das -bswe-gte Wien gSh-en. Ein Dutzend
Dialekt« drängt ihm ans Ohr.
*
Am Abend h-a-t -dieser farbige Au-fkla-ng fein
woihovolles nächtliches NächsPi -el. Bor
der KarlSkirche ist ein ungeheures leuchten-
des Kreuz auf-gestellt. Noch bevor -dort der
Kardinal, -der mit -dem Legaten auf einom
Thronsess-el Platz genommen -hat, seine Rede be-
ginnt, hat e-iaentlich jeder, -der -den Wechsel des
Bildes vo-n Mittag zur Nachtstunde erlebt hat,
eine gswalbig« stumme Predigt hinter sich!
Denn jetzt ist alle bunt« Welt in der kühlen
Herbstnacht verschwunden. Man sicht fern kaum
etwas Gew-oge oer Festaowänd-er u-Nd Köpfe auf
d-en Stufen vor der Karl-skirche, für d-i-e v-dölen
Taufende -ans d-em weiten Platz ist -sigentlich
nur das Kreuz sichtbar, alle schöne Farbe
der West ist daneben vergössen.
Nun macht die Technik -ein sonderbares Gsi-
sterspi-el möglich. Durch -den Lautsprecher dröh-
nen die -Stimmen der Redner über den Platz;
man sicht nicht -ihren Ko-Pf und nicht -ihren r-Sd-en-
den Mund, ja d-ie vielen Megaphone, die ans
dem Platz verstreut sind, täuschen das Ohr so-gar
über die Richtung, aus -der -das Wort in die
Seele -dringt. Es ist, alsspräche das leuch-
tende Kreuz über den Zahntaussnd-en im
Dunkeln, a-ls griffe «ine -fremde Himmölsstimme
nach Willen und Hingabe -der Versammlung.
Geralde das zeitlos« Latöin -des Kardinallsgaten,
das ja nur e-in kleiner Teil verstsht, wirkt in
einer erhabenen Klarheit u-Nd Strenge überaus
tark auf di-e Gemüter. Der Einfachste hals jetzt
innfällig -vor sich: Romspricht.
Dann gibts ein seltsames Ohr-enfest. Ein
Klangtheater der deutschen -Sprache gleich-
sam! De-r Kardinal ruft alle „Brüder -der deut-
schen Stämme", die an d-i-efem Fast teMnchmen legt.
verrat soll
und -dem Kardinal zur Erfüllung der nächsten
»st meHr. als^eine, ov^an^^che Maßnähme'
Punkt katho -l i scherWir k s -amk eä t -ver-