RochknHMgk zirm Eßal^kk Oolm.
^r. 30.
Sonntag, den 26. Jnli.
1891.
offen und frei antworten, daß sie dasselbe in der X'schen
Lotterie gewonnen habe. Um die Wahrheit dieser Angabe
festzustelleu, mußte die Arme mit dem Polizeibcamteu in
den Laden gehen, wo sie das LooS gekauft hatte. Sie
hätte mögen in die Erde sinken vor Scham und Verlegen-
heit, als sie neben dem Polizisten über die Straße ging
und die Augen der Leute neugierig auf sie gerichtet waren.
Der Loosverkäufer war selbst im Laden. Der Polizeibeamte
fragte ihn, ob dieses Mädchen bei ihm ein Lotterieloos ge-
kauft und darauf 500 Mark gewannen habe.
„Nein, fünftausend Mark!" stieß der Mann in sicht-
licher Betroffenheit hervor. „Dieses Fräulein hat 5000
Mark gewonnen. Es war ein Jrrthum meinerseits, daß
ich glaubte, es seien nur 500 M. gewesen. Ich wollte
auch heute schon, als ich den Jrrthum bemerke, nach dem
Fräulein schicken, aber ich hatte keine Zeit und dachte auch
wieder, sie werde schon selbst kommen und sich melden."
Das Dienstmädchen bekam nun noch 4550 Mark aus-
bezahlt und dankte Gott, der die Verlegenheit, welche ihr
der Argwohn einer bösen Dienstherrin bereitet hatte, zum
Guten gewendet; denn wer weiß, ob sie vielleicht sonst in
den Besitz ihres ganzen Gewinnes gekommen wäre! Nun
war sie in der Lage, den Dienst bei der zänkischen und
argwöhnischen Metzgersfrau verlassen zu können und eine
bessere Stelle anzunehmen.
Der weiße Punkt.
In einer Stadt Hannovers lebte ein junger Mann
von zwanzig Jahren, der dem Protestantismus mit Leib
und Seele ergeben war. Nachdem er seine Gymnasial-
Studien vollendet, befand er sich gerade in seiner Vater-
stadt am heiligen Frohnleichnamstage. — Doch lassen wir
den jungen Mann selbst erzählen. „Es war ein herrlicher
Morgen. Die Stadt N. hatte ihr Festgewand angelegt,
denn die Katholiken wollten Prozession halten. Soeben
hatte ich meine Kameraden verlassen und stand auf der
Treppe, die zum Wirthshaus führte, als ich in der Ferne
viele Menschen bemerkte. Auf das Treppengeländer gestützt,
sah ich neugierig dem wachsenden Haufen zu. Schon
drangen dumpfe Töne an mein Ohr. Der sich entfaltende
Zug kam langsam näher. Um nicht zu grüßen, hatte ich
mir vorgenommeu, zeitig in die Wirthschaft zu treten.
Mittlerweile jedoch waren schon, ohne daß ich es recht
inne wurde, die ersten der Prozession an mir vorüberge-
zogen. Ich hielt meinen Hut auf dem Kopfe, und war
nun fest entschlossen, in dieser Haltung dem ganzen Zuge
zuzusehen, und war froh, so meinen heldenmüthigen Prote-
stantismus an den Tag legen zu können. Meine Augen
ruhten starr auf dem Traghimmel, unter welchem, wie ich
früher gehört, das hochwürdigste Gut getragen wurde. Jetzt
bemerkte ich die Monstranz, welche der Priester in den
Händen hielt, und in derselben einen weißen Punkt. Fast
war mau mit ihr in meine Nähe gekommen. Ich erneuerte
meinen Vorsatz, den Hut aufzubehalten und um keinen Preis
Nie Gott Bösrs rum Guten wendet.
In einer Stadt am Ryeine diente ein armes, aber
N?ves Mädchen bei einem wohlhabenden Metzgermeister als
.530. Das Mädchen hatte sich von seinen kleinen Erspar-
rin' "" Loos in einer Geldlotterie erworben und kam
da«» Ast nach der Ziehung an dem Laden vorbei, wo sie
Loos gekauft hatte. Da war am Ladeufeuster zu lesen:
»'«le Gewinnliste der X'schen Lotterie ist angekommen und
n"? ^er eingesehen werden." Das Mädchen ging in den
.A^n und vernahm hocherfreut, daß ihr Loos 500 Mark
^Wonnen habe. Am folgenden Morgen brachte sie ihr
A 2 und erhielt den Gewinn in Goldstücken ausbezahlt.
M. ^gte das Geld einstweilen zu Hause in ihre Kiste, um
° ipiiter auf die Sparkasse zu tragen.
s. Die Metzgersfrau, bei welcher das Mädchen in Diensten
i and, war eine böse Sieben, der man nichts recht machen
^?ute, und mißtrauisch und argwöhnisch im höchsten Grade,
dl "»me Magd hatte keinen guten Tag in dieser Stelle,
sügte sie sich gottergeben in ihr hartes Loos, bis es
yr durch Gottes Hülfe gelingen würde, eine bessere Stelle
finden. Als nun das Mädchen das Geld in seine Kiste
Erschloß, kam die Metzgersfrau gerade die Treppe herunter
hörte, als sie an der Kammer des Mädchens vorbeikam,
Klirren der Goldstücke. Das erregte ihre Neugierde
ihr Mißtrauen. Bei ihr war es nun ausgemacht:
Magd bestahl sie oder ihr Geschäft und war nun in
Kammer damit beschäftigt, das gestohlene Geld zu
Men. Zuerst wollte die Frau gleich in die Kammer zu
M Magd gehen und sie zur Rede stellen. Aber sie besann
l'ch eines Bessern, sie wollte klug und behutsam zu Werke
Wen. Sie begab sich daher in ihre Wohnräume, rief dann
,e Magd in barschem Tone, und als diese kam, ward sie
?ut verschiedenen Aufträgen in die Stadt geschickt. Darauf
Mab sich die Frau des Hauses in die Kammer des Mäd-
Henz und versuchte mit verschiedenen Schlüsseln, die sie
Zusammen gesucht hatte, dessen Kiste zu öffnen. Endlich
paßte ein Schlüssel, die Kiste sprang auf, und zu ihrem
Erstaunen sah nun die Frau die vielen Goldstücke zwischen
psn Kleider des Mädchens liegen. Jetzt war es richtig;
Ae Magd hatte sie bestohlen, denn woher hatte sie sonst
°as viele Geld? Die Frau schloß die Kiste wieder zu und
Mab sich in den Laden. Dort erzählte sie ihrem Manne
die Geschichte und veranlaßte ihn, sogleich zur Polizei zu
3ehen und einem Beamten mitzubringen. Es ward ihr zn
Ang, bis das Mädchen von seinen Ausgängen zurückkehrte.
Ahnungslos begab sich die Magd dann wieder an ihre ge-
lohnte Arbeit, das Knurren und Keifen der Frau geduldig
über sich ergehen lassend. Nicht lange darnach kam der
Metzgermeister mit einem Polizeibeamten in's Haus, und
Aeser ersuchte die Magd in höflicher, aber entschiedener
Meise, mit hinauf zu gehen. Sie kamen in das Zimmer
oes Mädchens, welches nun seine Kiste öffnen mußte, und
oa fanden sich die 500 Mark. Das arme'Mädchen, welches
uiemals mit der Polizei etwas zu thun gehabt, wurde ver-
wirrt, als auf diese Weise mit ihm verfahren wurde. Aber
auf die Frage des Polizeibeamten, ob sie sich über den
rechtmäßigen Besitz des Geldes ausweisen könne, konnte sie
^r. 30.
Sonntag, den 26. Jnli.
1891.
offen und frei antworten, daß sie dasselbe in der X'schen
Lotterie gewonnen habe. Um die Wahrheit dieser Angabe
festzustelleu, mußte die Arme mit dem Polizeibcamteu in
den Laden gehen, wo sie das LooS gekauft hatte. Sie
hätte mögen in die Erde sinken vor Scham und Verlegen-
heit, als sie neben dem Polizisten über die Straße ging
und die Augen der Leute neugierig auf sie gerichtet waren.
Der Loosverkäufer war selbst im Laden. Der Polizeibeamte
fragte ihn, ob dieses Mädchen bei ihm ein Lotterieloos ge-
kauft und darauf 500 Mark gewannen habe.
„Nein, fünftausend Mark!" stieß der Mann in sicht-
licher Betroffenheit hervor. „Dieses Fräulein hat 5000
Mark gewonnen. Es war ein Jrrthum meinerseits, daß
ich glaubte, es seien nur 500 M. gewesen. Ich wollte
auch heute schon, als ich den Jrrthum bemerke, nach dem
Fräulein schicken, aber ich hatte keine Zeit und dachte auch
wieder, sie werde schon selbst kommen und sich melden."
Das Dienstmädchen bekam nun noch 4550 Mark aus-
bezahlt und dankte Gott, der die Verlegenheit, welche ihr
der Argwohn einer bösen Dienstherrin bereitet hatte, zum
Guten gewendet; denn wer weiß, ob sie vielleicht sonst in
den Besitz ihres ganzen Gewinnes gekommen wäre! Nun
war sie in der Lage, den Dienst bei der zänkischen und
argwöhnischen Metzgersfrau verlassen zu können und eine
bessere Stelle anzunehmen.
Der weiße Punkt.
In einer Stadt Hannovers lebte ein junger Mann
von zwanzig Jahren, der dem Protestantismus mit Leib
und Seele ergeben war. Nachdem er seine Gymnasial-
Studien vollendet, befand er sich gerade in seiner Vater-
stadt am heiligen Frohnleichnamstage. — Doch lassen wir
den jungen Mann selbst erzählen. „Es war ein herrlicher
Morgen. Die Stadt N. hatte ihr Festgewand angelegt,
denn die Katholiken wollten Prozession halten. Soeben
hatte ich meine Kameraden verlassen und stand auf der
Treppe, die zum Wirthshaus führte, als ich in der Ferne
viele Menschen bemerkte. Auf das Treppengeländer gestützt,
sah ich neugierig dem wachsenden Haufen zu. Schon
drangen dumpfe Töne an mein Ohr. Der sich entfaltende
Zug kam langsam näher. Um nicht zu grüßen, hatte ich
mir vorgenommeu, zeitig in die Wirthschaft zu treten.
Mittlerweile jedoch waren schon, ohne daß ich es recht
inne wurde, die ersten der Prozession an mir vorüberge-
zogen. Ich hielt meinen Hut auf dem Kopfe, und war
nun fest entschlossen, in dieser Haltung dem ganzen Zuge
zuzusehen, und war froh, so meinen heldenmüthigen Prote-
stantismus an den Tag legen zu können. Meine Augen
ruhten starr auf dem Traghimmel, unter welchem, wie ich
früher gehört, das hochwürdigste Gut getragen wurde. Jetzt
bemerkte ich die Monstranz, welche der Priester in den
Händen hielt, und in derselben einen weißen Punkt. Fast
war mau mit ihr in meine Nähe gekommen. Ich erneuerte
meinen Vorsatz, den Hut aufzubehalten und um keinen Preis
Nie Gott Bösrs rum Guten wendet.
In einer Stadt am Ryeine diente ein armes, aber
N?ves Mädchen bei einem wohlhabenden Metzgermeister als
.530. Das Mädchen hatte sich von seinen kleinen Erspar-
rin' "" Loos in einer Geldlotterie erworben und kam
da«» Ast nach der Ziehung an dem Laden vorbei, wo sie
Loos gekauft hatte. Da war am Ladeufeuster zu lesen:
»'«le Gewinnliste der X'schen Lotterie ist angekommen und
n"? ^er eingesehen werden." Das Mädchen ging in den
.A^n und vernahm hocherfreut, daß ihr Loos 500 Mark
^Wonnen habe. Am folgenden Morgen brachte sie ihr
A 2 und erhielt den Gewinn in Goldstücken ausbezahlt.
M. ^gte das Geld einstweilen zu Hause in ihre Kiste, um
° ipiiter auf die Sparkasse zu tragen.
s. Die Metzgersfrau, bei welcher das Mädchen in Diensten
i and, war eine böse Sieben, der man nichts recht machen
^?ute, und mißtrauisch und argwöhnisch im höchsten Grade,
dl "»me Magd hatte keinen guten Tag in dieser Stelle,
sügte sie sich gottergeben in ihr hartes Loos, bis es
yr durch Gottes Hülfe gelingen würde, eine bessere Stelle
finden. Als nun das Mädchen das Geld in seine Kiste
Erschloß, kam die Metzgersfrau gerade die Treppe herunter
hörte, als sie an der Kammer des Mädchens vorbeikam,
Klirren der Goldstücke. Das erregte ihre Neugierde
ihr Mißtrauen. Bei ihr war es nun ausgemacht:
Magd bestahl sie oder ihr Geschäft und war nun in
Kammer damit beschäftigt, das gestohlene Geld zu
Men. Zuerst wollte die Frau gleich in die Kammer zu
M Magd gehen und sie zur Rede stellen. Aber sie besann
l'ch eines Bessern, sie wollte klug und behutsam zu Werke
Wen. Sie begab sich daher in ihre Wohnräume, rief dann
,e Magd in barschem Tone, und als diese kam, ward sie
?ut verschiedenen Aufträgen in die Stadt geschickt. Darauf
Mab sich die Frau des Hauses in die Kammer des Mäd-
Henz und versuchte mit verschiedenen Schlüsseln, die sie
Zusammen gesucht hatte, dessen Kiste zu öffnen. Endlich
paßte ein Schlüssel, die Kiste sprang auf, und zu ihrem
Erstaunen sah nun die Frau die vielen Goldstücke zwischen
psn Kleider des Mädchens liegen. Jetzt war es richtig;
Ae Magd hatte sie bestohlen, denn woher hatte sie sonst
°as viele Geld? Die Frau schloß die Kiste wieder zu und
Mab sich in den Laden. Dort erzählte sie ihrem Manne
die Geschichte und veranlaßte ihn, sogleich zur Polizei zu
3ehen und einem Beamten mitzubringen. Es ward ihr zn
Ang, bis das Mädchen von seinen Ausgängen zurückkehrte.
Ahnungslos begab sich die Magd dann wieder an ihre ge-
lohnte Arbeit, das Knurren und Keifen der Frau geduldig
über sich ergehen lassend. Nicht lange darnach kam der
Metzgermeister mit einem Polizeibeamten in's Haus, und
Aeser ersuchte die Magd in höflicher, aber entschiedener
Meise, mit hinauf zu gehen. Sie kamen in das Zimmer
oes Mädchens, welches nun seine Kiste öffnen mußte, und
oa fanden sich die 500 Mark. Das arme'Mädchen, welches
uiemals mit der Polizei etwas zu thun gehabt, wurde ver-
wirrt, als auf diese Weise mit ihm verfahren wurde. Aber
auf die Frage des Polizeibeamten, ob sie sich über den
rechtmäßigen Besitz des Geldes ausweisen könne, konnte sie