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Sonntag, den 1s November

1891

Nr. 45


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Sinne; ihre Börse war Jedem, der kam, um Hilfe zu
suchen, aufgethan; aber Leiden, die mau suchen muß, die
sich mit Scham verhüllen, gingen unbemerkt an den zer-
streuten Blicken der Gräfin von *** vorüber. Um zu ihrem
edelmüthigen und mitleidigen Herzen zu kommen, mußte man
sich der tausend Formen und Umwege bedienen, welche die
Großen umgeben, und die meistens auf den Lippen der ver-
schämten Armen verstummen.
Ueberdies hatte auch die Gräfin im Strudel der großen
Welt zu wenig Zeit, den Unglücklichen selbst zu geben, und
daher es bequemer gefunden, die Äustheilung der Wohl-
thaten den Untergebenen anzuvertrauen. Fragte sie auch
zuweilen ihre Handlungsweise, erwachte auch das Gewissen,
so beruhigte sie sich damit, daß sie ja einen bedeutenden
Theil jener Summen, die ihr zur Verfügung gestellt waren,
der Wohlthätigkeit hingebe und ihr Verfahren also tadellos
sei. Sie stürzte sich dann von Neuem wieder mit verdoppeltem
Eifer in dieses bewegte, stürmische, überdies aber doch so
leere und an wahrem Genuß so arme Treiben der großen
Welt.
Indessen näherte sich die hl. Fastenzeit, von der Kirche
der Abtödtung, Erhebung und dem Gebete geweiht. Von
Jugend auf war die Gräfin zur Andacht und Religion an-
gehalten worden, und wenn auch zuweilen eine Zeit der
Gleichgültigkeit gegen die Religion in ihrem Herzen aufkam,
so war dieselbe doch nicht ganz aus demselben verbannt
worden, und sie entschloß sich daher; in der Zurückgezogen-
heit sich auf den großen Tag vorzubereiten, an welchem so
viele Sünder sich an den Stufen des Alters mit Gott aus-
söhnen, der dem reuigen und zerknirrschten Menschen zu
vergeben immer bereit ist. Sie verbat sich alle Besuche und
verließ ihr Zimmer nicht, als um dem Pfarr-Gottesdienste
beizuwohnen.
Sehr oft rührten sie die warmen und eindringlichen
Predigten eines frommen Priesters bis zu Thränen, und
gaben ihrer Seele einen Eifer, den sie für immer erloschen
glaubte. Mit Staunen fühlte sie nach den heftigen Bewe-
gungen ihres zerstreuten Lebens eine Ruhe, eine Heiterkeit
folgen, die sie sonst nicht besaß. Ihre zerstörte Gesundheit,
welche durch die vielen Nachtwachen in taumelnder Freude
bald ihren gänzlichen Untergang würde gefunden haben, be-
festigte sich, Dank der einförmigen und ruhigen Lebensweise,
zusehend. Sie kam selbst auf den Gedanken, immer in
dieser heilsamen Lebensweise zv bleiben, zu der sie sich mehr,
um ihrem Gewissen und der Pflicht genug zu thun, als aus
innerer Neigung verstanden hatte.
Ihr Gewissensrath, ein aufgeklärter Mann, fürchtete,
daß ein zu schneller Uebergang Trockenheit und Entmuthi-
gung zur Folge haben werde und unterhielt den Eifer seiner
Büßerin, ohne ihn anzuregen. Er wollte Pflichterfüllung
durch Erfahrung und nicht Ueberspannung erwirken. Er
überließ daher gewissermaßen die Gräfin ihrem eigenen An-
triebe, da er überzeugt war, daß Gott geheime Absichten
mit ihr habe, und sie sich dereinst ihm ohne Rückhalt er-
geben werde.
In ihrer Zurückgezogenheit saß die Gräfin oft auf einer
Terrasse, welche an dem Theile des Schlosses sich erhob

Die verschämte Arme.
(Eine Novelle.)
Die Liebe ist ohne Widerspruch die schönste christliche
fugend, denn sie schließt alle andern in sich ein; aber wer
A im Stande, diese Tugend gehörig zu schildern und in
Ausübung zu bringen, was uneigennütziges und Erhabenes
ue in sich begreift? Seinen Nächsten so zu lieben, wie uns
Mus, der Weltheiland, ein Beispiel gegeben hat, hecht das
Wt jegliches Gefühl der Selbstliebe ersticken, seine eigenen
Heiden vergessen, um die des Bruders in Jesu zu seben, in
A Linderung ihrer Schmerzen und der Hilfe, die man
Men reicht, allen Ruhm und alle Freude finden, die uns
Mnieden im Thränenthal zu hoffen vergönnt sind? . . . .
der Mensch, welcher nur einen Funken der wahren Liebe
x>t, wird gewiß fühlen, daß sonst Alles auf Erden nur
Melkeit ist!
. Wo ist der Mensch, welcher auf die schreckliche Frage
Weltenrichters: Wie hast du die Güter, welche ich dir
fliehen habe, angewendet? — wird antworten können:
A habe sie Denjenigen gegeben, Herr, die zu mir sagten:
A bin ein Glied der großen Familie, wie du; Gott nennt
sein Kind, wie dich, und während Ueberfluß unter
"einem Dache herrscht, habe ich doch nicht einmal einen Ort,
A ich mein Haupt hinlegen kann, und keine Mittel, meinen
MUger zu stillen? —
.. Es ist aber für den Reichen nicht genug, dem Unglück-
en seine Börse zu öffnen, wenn er sich ihm flehend auf
e Wege zu Füßen wirft: er muß die Armuth aufsuchen,
Ab sich verbirgt, sich aus Furcht, verstoßen zu werden, zu-
Mieht, damit nicht ein Blick der Verachtung oder des
Achcues auf ihre Lumpen falle. Der verschämte Arme
M vor Allen das Recht auf unser Mitleiden: je mehr er
/h mit dem Geheimniß umgibt, desto sorgfältiger muß man
M aufsuchen, ihn trösten, ohne seinen Stolz zu beleidigen,
bnn er will Hülfe, die er nicht verlangt, er stirbt vor
dvvger, wenn ihm nicht zu Hülfe geeilt wird.
Wenn der Reiche die ganze Ausdehnung dieser Pflicht
Mimte, so würde er keinen Augenblick Ruhe haben, würde
? vicht wagen, irgend eine jener zahlreicher Ergötzlichkeiten
A genießen, denen sich die große Welt hingibt, ohne nur
Man zu denken: Vielleicht unterliegt einige Schritte von
A Orte der Freude eine arme Familie unter der Last
^Mcher Dürftigkeit, die ich mit Entsagung irgend einer
r tausend Ueberflüssigkeiten aufrichteu könnte.
Zu diesen Gedanken veranlaßte mich eine Geschichte,
lick schon lange zugetragen hat, und die ich mit gänz-
- Ar Verschweigung der Namen den Lesern des .Pfälzer-
i "tem mittheilen will.
eiv Gräfin von *** bewohnte seit ihrer Vermählung
H herrliches Schloß in R. Jung, reich, in der großen
At in welche ihr Stand sie versetzte, angebetet, hatte kein
AE, kein ernster Gedanke ihr Leben getrübt. Das Un-
lar Ar für sie nur ein leeres Wort, dessen Bedeutung sie
sft ^icht tonnte, und deshalb mehr mit Erstaunen als aus
sein davon sprach, denn außerdem, daß sie sich außer
Am Bereiche wußte, hatte sie auch nie seine Bedrängnisse
Aren. Indessen, man sprach von ihrem wohlthätigen
 
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