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Pfälzer Volksblatt: Organ für Wahrheit, Freiheit & Recht — 1.1897

DOI issue:
November 1897
DOI article:
Nr. 260
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.42846#1061
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Pfälzer Volksblatt

llsM

Verantwortlicher Redakteur:
Joseph Suber in Heidelberg.

pfangen mußte! Ich bin Ihnen mit jeuer Verehrung
lhe getreten, ohne welche ich mir die Liebe nicht denken
und nach jedem weiteren Zusammentrifst
mktausch wurde es mir klar, daß ich

WesteKungen
die Monate
November ««- Dezember
immcr »och alle Postämter auf die täglich rr-
geidmg
.Pfälzer Bolksblatt"
der wöchentlichen Gratisbeilage „Der Sonntags-
sowie unsere Expedition Heivelberg, Zwinger-
7, entgegen.
Expedition des „PMer Volksblatt".
. Heidelbers Zwingerstraße 7

Druck, Verlag u. Expedition . ,
Gebr. Huber in Herdelberg, 1. MW.
ZwingrrstraZe 7,

Die Srzbischofswahl.
«...Im 22. Oktober d. I. war ein Jahr verflossen,
«- "ui unser geistlicher Vater, ,der hochwürdigste
x, " Erzbischof Dr. Johannes Christian RooS, uns
lach unerbittlichen Tod entrissen wurde. WaS
.näher, als daß dieser Gedenktag durch eine be»
Kundgebung von Seite hoher Kirchenbehörde
Katholiken der Erzdiözese in Erinnerung gebracht
«rve? Mnn dies aber in einer Weise geschah, die
Kunden verletze» konnte, so wird man eS um so
u, .^reiflicher finden, wie dieses unschuldige Gebühren
w "uem politischen Akt durch die kirchenfeindliche
8r? üuSgebeudet werden konnte. Man hatte in
Ni!!- S Erfahrung gebracht, daß in einzelnen
^chen der Erzdiözese die unter« 29. Okt. v- I.
^»'ordneten um kine glückliche ErzbischvsSwahl
Muse des Jahres eingestellt wurden, weil man
lei« Jülich von der gegenwärtigen Regierung doch
Lösung dieser Frage rrwarteie. Der Jahrestag
r.,, Todes unseres hochseligen Erzbischofs gab deS-
hoher Kirchenbehörde Veranlassung, ihre Ber-
ß,?uung vom 29. Oktbr. v. I. als noch zu recht be-
<^ud einzuschärfen. Daß diese Einschürfung gerade
y. Sonntag nach den Wahlen öffentlich von der
wM Verkündet werden sollte, dies soll nach dem
sk.y"l.der im Wahlkampf unterlegenen liberalen
d>i. der besondern Absicht geschehen sein, um,
„Ortenauer Bote" in Nr. 260 I. Blatt be-
Meliane. AL'.
Murrs von Melativ Iva. Aus dem Holländischen von
L- v. Heemstede.
Sie mir die Wahrheit.sist Ihr Herz noch frei?"
Ä ieiue drinakndc Frage.
Uitz R" mattes Lächeln umspielte ihre Lippen. Daß sie ei-
üyr WMden, deu sie nie Wiedersehen würde und den sie
lkr°;?flüätig gesprochen, als ihr Ideal von männlicher
iH, ,.ond Schönheit verehrte, dos war zu kindisch, zu um
lotz^od, um in diesem ernsten Augenblick in Betracht zu
MA und sie scheuchte den Gedanken gleich zurück.
»das",st ! u>ein Her» ist frei, war die entschiedene Antwort,
M mir leid, ich wollte, daß es Ihnen gehören könnte!"
Iess-s!st'0kr Milianc s- rief ^r, sich an ihre Seile nieder-
er und ihre Hand ergreifend, .das ist eine Zusage."
»das entaegnete sie, ihre Hand leise zmückziehend,
Killst j? kS nicht. Ich würde keinen Augenblick zögern,
y'K Sie lieb hätte."
wie könnten Sie mich schon lieb haben? Wenn
Zander eist bester kennen werden I"
leicht"^ bringen Sie nicht weiter auf wein Jawort! Viel-
bei näherer Bekanntschaft Ihre Liebe sich ver-
V oder die meinige erwachen."
, "U Uiben mir also ein wenig Hoffnung?"
Rnstj"^" kann ich Las? Ich bi» keine Herrin meiner
"Mn Gefühle I"
was haben Sie an mir auszusetzen, Miliane ?"
Mj'^st^! WaS gefällt Ihnen aber an mir? Sie find
Stellung vnd Ihren Reichihum weit erhaben
«tkkjp's Tochttr einer Künstler,, die selbst für ihr Brod
^hrtsiiAuß-Welche schöne reiche Dame würde sich nicht
küble» durch den Antrag, den Sie mir machen?"
Sch Miaue, welch' eine Frage! Was find sie mir alle l
fir jz, L-! ? lieb gewonnen vom ersten Augenblick an,
Me^ist st iah, besonders als Sie im Glanze der Winter-
stach st!,,"« altholländislhen Saale von Kaprice standen,
uiu Anblick war eS mir, als wenn «ein Leben
'Uchste- Glück, feine höchste Weihe aus ihrer Hand

en
na!_ _ ..... . _ .
kann, und nach jedem weiteren Zusammentreffen und Ge-
dankenaustausch wurde es mir klar, daß ich mir meine
Zukunft nicht anders denken urd einrichten kann, als mit
Ihnen und durch Sie!"
„Und der Junker ist gewohnt. Alles, selbst das Kost-
barste zu kaufen, WaS sein Auge erfreut vnd was sein
Herz verlangt: warum nicht auch die Hand eines armen
Mädchens, das nichts besitzt als ihr Talent und ein alt-
holländisches Kostüm ?" sagte Miliane nicht ohne Bitterkeit.
Er sah sie an mit fernen schönen Bugen, die jetzt ober
tief traurig blickten, nachdem sie einen Augenblick vor Ent-
rüstung gefunkelt hatten.
„Sie achten sich selbst sehr gering, Miliane," erwiderte
er, „um sich in eine Reihe zu stellen mit dem, was ich für
mein Geld kaufen kann I Ja, ich kann viel damit thun, doch
wenn ick, uw Ihre Liebe zu gewinnen. Alles, was ich habe,
verschenken müßte, bei Gott, ich würde mich keine Sekunde
lang bedenken."
„Das sagt jeder an Ihrer Stelle," meinte sie lächelnd.
„Aber nicht jeder würde es meinen!"
Sie begegnete dem Blick feiner Augen, seiner treue»,
ehrlichen Augen, die ebenso wenig als sein Mund zu lügen
gelernt hatten.
„Finden Sie mich unbedeutend," fuhr er fort, „weil
ich nichts bin, nichts thue, so zu sagen, meine Zeit ver-
tändele ? Aber was soll ich thun ? Soll ich mir den Doktor-
grad erwerben? Aber wozu soll es dienen, daß ich mich
in das Studium der Rechte vertiefe und Kollegien besuche,
die mich nicht interesfiren? Die Literatur, das ist schon
eher meine Sache, aber durch Lesen und Reisen lerne ich
mehr, als durch das burschikose Etudentenleben. Der Doktor-
grad ist ein Lockvogel für die Eitelkeit, nichts weiter. Mein
Vetter hat den Doktortitel und ist Journalist, ich bin
Nichts und doch ist meine Thätigkeit nicht zu verwerfen.
ES muß auch Menschen geben, die nichts Bestimmter thun
und dadurch gerade das verrichten, wozu die anderen keine
Zeit haben. Glauben Sie mir, Miliane: der, welcher um
Ihre Hand und Ihre Liebe anhält, führt kein unnützes

t»Mch mit ' Ausnahme der Sonn- u. Inserate die 1°spaltige Petitzeile oder deren Raum
Ergo» für WMImt, Fmlmt L KM. ALLäLLZZWhNLL
die^ost bhvaen vierte" I.K> franco. «xpedMon: zwtoaervrab« 7.

Wkibrrg, UmW dm 13.Kmmber 1897.
hauptet, „dem Großherzog den Weihbischos Dr. Knecht
aufzuzwingen." Das genannte Blatt hat aber diesen
seltsamen Gedanken, 'obgleich er dessen Geistessphäre
sehr nahe liegt, nicht einmal selbst erfunden, sondern
ihn von der „Nationallibrralen Korrespondenz", welche
als allgemeine Nährmutter der badischen AmtSver-
kündiger gilt, treugehorsawst entlehnt. Nach Ansicht
der „Nationalliberalen Korrespondenz" soll obige
Kundgebung der Erzbischöflichen KopitelSvikariatS
weiter nichts als „Komödie" sein, um für die Erz-
bischofswahl Stimmung zu machen, oder um, wie der
„Ortenauer Bote" in seiner Weisheit meint, „den
Landessürstin, der als Personifikation des nationalen
Gedankens und religiöser Verträglichkeit gilt, nach
Kanossa zu führen, nachdem man ihm vor seiner
Residenz die rothe Fahne gehißt.
Wer denkt, indem er diese Expektorationen liberaler
Gemüihcr liest, nicht unwillkürlich an das Gebühren
der Pharisäer, welche ihre Schüler mit den Herodi-
anern zu Jesus schickten, um ihn zu fragen, ob eS
erlaubt sei, dem Kaiser Zins zu geben, oder nicht?
Wie diese Erzliberalen von damals hofften, daß sie Jesus
für alle Fälle, mochte er sogen, WaS er wollte, anklagen
könnten, so machen es auch ihre Nachfolger der Kir-
chenbehörde gegenüber. Hätte letztere ihre Kundgebung
vor den Wahlen veröffentlichen lassen, dann hätte
man dies als eine Wahlbeeinflussung cowms il kaut
angesehen. Weil sie aber damit zurückhielt, bis die
Wahlen beendigt waren, darum muß jetzt eine ge.
gemeine „Mache", eine „Komödie" daraus gestempelt
werden, „um dem Großherzog den Weihbischof Dr.
Knecht zum Erzbischof aufzuzwingen." Nicht wahr,
Herr „Ortenauer," Sie befinden sich mit ihrer Nähr-
mutter in netter Gesellschaft? Die Pharisäer und
ihre Schüler werden mit den Herodianern gewiß
sich glücklich schätzen, Ihre Bekanntschaft gemacht zu
haben!
Doch Scherz bei Seite! Eine sogen. Mache oder
Komödie war es durchaus nicht, WaS die Kirchen-
behörde gethan Hot, sondern eS handelt sich hier um
eine Kundgebung, welche längst von den kirchewreuen
Katholiken erwartet wurde und ganz von ihrem Herzen
kam, wie sie, nun vorliegt. Sie alle empfanden eS
mit großer Genugthuung, daß endlich gegen das un-
erhörte und ungerechte Verhalten der Großh. Regier,
ung in Sachen der Besetzung des Erzbischöflichen
Stuhles wenigsten- etwas geschehen ist. Man täusche
sich ja nicht — da- katholische Volk, soweit eS noch
gläubig ist, steht durchaus nicht gleichgültig der Frage
gegevüt er, ob und wie dieselbe einer glücklichen Lösung

entgegengeführt werde. Jene Zeiten sind vorüber, wo
die Katholiken gut genug waren, um als AmboS zu
dienen. Sie wollen so gut wie die andern Staatsange-
hörigen ihre Rechte gewahrt wissen u. sind keineswegs
zufrieden, wenn sie als Staatsbürger zweiter Klasse
behandelt werde». Ihr Rechtsbewußtsein ist durch da-,
WaS in de» 70er Jahren gegen sie geschah, außeror-
dentlich gehoben worden; denn Ideen und Gefühle
lassen sich durch Gewaltakte nicht unterdrücken, sondern
sie gewinnen um so mehr an Stärkung, je mehr man
sie bekämpft. Dazu kommt die Thatsache, daß wir
Katholiken im Laufe der neuesten Zeit doch so man-
ches erreicht habe», weil wir nicht schwiegen, sondern
uns immer wieder auf unfir gutes Recht beriefen.
Auch ist unsere Zeit durchaus nicht dazu angethan,
daß schreiende Rechtsverletzungen von Seite der Re-
gierung ohne nachtheilige Wirkungen auf das Volk
bleiben können.
Eine weise Regierung wird darum alles zu ver-
meiden suchen, was irgendwie de» Schein von Un-
gerechtigkeit erwecken und einen größeren Theil der
Staatsbürger in ihrem RechtSbewußtsein verletzen und
kränken könnte. Die alten Römer kannten schon den
Spruch, den die mit der Regierung Betrauten sich
stets merken wußten, um ihre Maßregeln darnach
einzurichten. Dieser Spruch heißt: „Die Consuln
mögen sehen, daß der Staat keinen Schade» erleide."
Wird aber ein Staatswesen nicht Schaden erleiden,
wenn man „trotz der klarsten Bestimmungen eines
Staatsvertrags" mit Gewalt die Wiederbesetzung des
Erzbischöflichen Stuhles zu verhindern sucht und da-
durch zwei Dritteln der Landesbevölkerung vor den
Kopf stößt? Dies sieht jedermann rin, der den ge-
sunden Menschenverstand hat und die Zeichen der Zeit
versteht, die wahrlich dazu mahnen, den Katholiken
nicht Weiler ihre verbrieften Rechte vorzuenthalten.
Wenn deshalb die beiden Kapitel deS DiözesavkleruS,
Freiburg Breisach, gelegentlich ihrer JahreSkonfereuz
Stellung zur Frage der Wiederbesetzung des Erz-
bischöflichen Stuhles genommen und ihrer Ueberzeug-
ung in drei Resolutionen einstimmigen Ausdruck
verliehen haben, so darf man dies nicht, wie der
„Orteneuer Bote" meint, als „das Ergebniß eines
gemeinschaftlichen Mittagsmahles" auffassen, sondern
eS ist ihm ein höherer Werth als der eines beliebigen
TafeltoasteS" beizumessen. Die beiden Kapitel haben
durch diese Kundgebung vor dem ganzen Lande nur
ausgesprochen, WaS die gesammte Geistlichkeit der
ganzen Erzdiözese mit verschwindender Ausnahme in
dieser Sache denkt, fühlt und verlangt. Man kann
Leben!" Er hatte mit Wärme und Ucberzeugung gesprochen
und sie war bewegt, und wußte nichts zu antworten. „Ich
fürchie, daß ich Ihnen nicht genug bin," sagte er wieder,
„außer meiner Stellung finden Sie nichts an mir, was
Ihnen gefällt. Ist es nicht so? Sie stellen so hohe An-
forderungen an den Mann Ihrer Wahl, und Sie dürfen
es thun, daß ich Ihnen nie entsprechen kann."
„Nein," versetzte Miliane, .ich stelle nur die eine For-
derung, daß ich ihn liebe, mag er sein, wie er will. Sie
können, den höchsten Ansprüchen genügen, Sie sind jung
und reich und schön, — die Künstlerin spricht aus mir, —
voll Begeisterung und Edelsinn . . ."
„Ueberhäufen Sie mich nicht mit ihrem Lobe! Wenn
Sie diese Eigenschaften in mir finden und ich Ihnen meine
Liebe darbringe, warum bedenken Sie sich denn?"
„Weil Sie mehr verdienen, als das bloße Versprechen,
daß ich mich bestreben werde. Sie zu lieben, wie ich möchte
und säkig bin."
„Und wenn ich mit dem Versprechen zufrieden bin?"
„Das können Sie nicht. Sie wollen mehr, oder ich
müßte dafür halten, daß es Ihnen nur um einen Schmuck
für Ihr Haus zu thun wäre und nichts weiter!"
„Meine Liebe, meine Treue würden Sie eines Besseren
belehren. Weil ich gerne lache und scherze und bekenne
glücklich zu sein, dürfen Sie mich doch nicht für leichtsinnig
und oberflächlich halten. Es gibt viele Menschen mit ernsten
und hochweisen Mienen, die, ich darf es mit rechtmäßigem
Stolze sagen, vielleicht weniger zuverlässig find, als ich.
Vielleicht werden Sie das einmal erfahren, Miliane!"
„O, Sie sind gut, ich weiß es! Es ist vielleicht undank-
bar von wir, daß ich vorläufig Ihren Antrag abweife,
aber lasten Sie mich letzt allein, damit ich nachdenken kann,
damit ich erst lernen kann, Sie zu lieben. Dann dann . ."
„Ich weiß Ihre Zurückhaltung zu würdigen. Tarf ich
nach drei bis vier Woche» wiederkommen, um mein Urtheil
zu vernehmen?
„Ja!" war ihre Antwort. Er stand auf und nahm
von ihr Abschied.
(Fortsetzung folgt.)
 
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